AfD: Der eigentliche Skandal

Den Anhängern der AfD sind Enthüllungsberichte und moralische Anklagen völlig egal. Prinzessin Leo Fischer darüber, wie man der AfD nicht beikommen kann.

Jeden Tag erfährt man eine neue Peinlichkeit aus den Reihen der Deutschalternativen. Nun ist rausgekommen, daß Alice Weidel in ihrem Heimatland, der Schweiz, illegal eine Asylsuchende als Haushaltshilfe beschäftgt hat.

So ulkig das ist und so gerechtfertigt man darüber hämen kann: Es wird leider nicht viel nutzen, solche Dinge aufzudecken.

Die AfD wegen vermeintlicher Doppelmoral anzuprangern, wird sie kaum Stimmen kosten. Was gerne vergessen wird: Ihre Anhänger wählen diese Leute überwiegend nicht, weil sie sie für gute Menschen halten. Ihnen ist mindestens unbewußt klar, daß auch die sich nur das Säckl vollmachen und ihre Buddies versorgen werden. Den meisten, die aus Protest AfD wählen, können ihre Chargen gar nicht falsch und böse genug sein – sie erfreuen sich an der Erregung, die deren Streiche in der linksliberalen Hemisphäre auslösen. An der Macht wollen sie die AfD sehen, weil das in ihren Augen erstarrte politische System in eine Art reinigendes Chaos stürzen wird – je mehr Krawall, umso besser.

Moralische Schranken sind da nur hinderlich.

Die anderen, intelligenteren Anhänger versprechen sich von der AfD im Bundestag ebenfalls keine moralische Grunderneuerung. Auch sie glauben nicht wirklich an die überlegenen konservativen Werte von Gauland und Co. Es geht ihnen vielmehr um eine Veränderung in der gesellschaftlichen Atmosphäre: Sie wollen Verhältnisse, in denen sie ihre arabischen Nachbarn wieder ungestraft beleidigen und Schwule von der Wies’n jagen dürfen, ohne daß ihnen eine Antidiskriminierungsstelle oder gar die Polizei in die Suppe spuckt. Sie wissen, daß dieser Atmosphärenwandel viel mächtiger und nachhaltiger wirken wird als ein paar AfD-Hinterbänkler im Bundestag. Es werden Zustände geschaffen, die eine weitere Erosion des liberalen Mainstreams begünstigen – nicht so sehr in der Politik, sondern gesamtgesellschaftlich.

Sie bereiten die Bühne für eine Neuausrichtung von Lehrplänen, Theaterspielplänen, Sozialprogrammen und der öffentlichen Rede allgemein. Auch dafür werden keine besonders moralischen AfD-Leute gebraucht, und ihre Schwarzarbeiterin wird Alice Weidel kaum schaden: Sie muß lediglich den Raum des öffentlich Sagbaren nach rechts öffnen. Besondere moralische Gefühle stehen ihr auch da eher im Weg.

Und wie sieht Alice Weidel das alles selbst? Gerne wird ihr auch vorgeworfen, einerseits ein rückwärtsgewandtes Familienbild zu verfolgen, andererseits selbst in einer modernen lesbischen Beziehung zu leben. Für sie persönlich ist das natürlich auch kein Widerspruch. Die einflußreichsten Vertreter und Unterstützer der AfD wissen, daß durch ihre Politik lediglich die Lebensweise des unteren Bevölkerungsdrittels neu organisiert wird. Für Leute wie sie selbst, für Leute wie Alice Weidel wird sich selbstverständlich nichts ändern (außer ihr Einkommen). Denn das ist eben die Politik der AfD im Kern: Klassenkampf von oben.

Deshalb: Die AfD ist nicht durch Investigativjournalismus und das Aufdecken von Skandalen zu besiegen. Daß diese Partei in der Öffentlichkeit geduldet wird, daß ihre Mitglieder höflich und zuvorkommend behandelt werden, ist der eigentliche Skandal.

 

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Dieser Beitrag wurde am 15. September 2017 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 1 Kommentar

Ein Gedanke zu „AfD: Der eigentliche Skandal

  1. Absolut richtig! In Bayern sagt man noch „Hund sans scho“: Man verzeiht der AfD sogar das, was einen stört, solange sie nur versprechen, das zu zerstören, was ihre Fans hassen (=mindestens die liberale Gesellschaft und alle, die auf diese angewiesen sind). Mit allem, was in der „normalen“ Politik ein heftiger Skandal wäre, kommt die Partei klar, indem sie sich weiter radikalisiert: Damit erneuert sie ihr Versprechen, den Hass, den selbst mit herbei gehetzt hat, umzusetzen, so dass das Skandälchen dagegen verschwindet. Der einzige Ausweg ist, die AfD wie die NPD zu behandeln. Inhaltlich trennt die beiden eh nichts mehr. Das bedeutet aber in der Folge genau das, was Ihr schreibt: dass dieser Partei keine Öffentlichkeit in Talkshows etc mehr gegeben werden darf. – Ich würde noch hinzufügen, dass diese Partei eine Radikalität erreicht hat, dass man ein Verbotsverfahren mittelfristig prüfen sollte.

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