Offener Brief

verfaßt von Zwölfton-Prinzessin Svenna Triebler

Werte Musikredaktionen von Deutschlandfunk, Deutschlandradio und des übrigen öffentlich-rechtlichen Bildungsbürgerfunks!

tadelMan stelle sich vor, Ihr kündigt in Eurem Programm eine Sendung über, sagen wir, Johann Sebastian Bach an. Wir schalten also hocherfreut das Radio an, hören einige Takte aus dem Weihnachtsoratorium, anschließend ein paar einleitende Worte zur Sendung, gefolgt von einem ca. 30sekündigen Ausschnitt aus dem Wohltemperierten Klavier. Danach erfahren wir alles, was es über den musikalischen Werdegang JSBs zu wissen gibt, weil die Macher der Sendung zeigen müssen, wofür so ein geisteswissenschaftliches Studium gut ist, dann wird die kurz die Kantate Durchlauchtster Leopold angespielt, was als Einleitung zu einem Porträt des namensgebenden Fürsten
von Anhalt-Köthen dient; so ein Mäzen will schließlich ausgiebig gewürdigt werden. Es folgen ein paar Schnipsel Cembalogeklimper … undsoweiter, undsofort. Kurzum: Wer erwartet hätte, Musik von Bach zu hören, käme sich reichlich verarscht vor.

Genau das ist aber die Behandlung, die Ihr regelmäßig der Neuen Musik angedeihen laßt. Zugegeben, Ihr könnt auch anders: Wenn man Glück hat, bekommt man komplette zweistündige Konzerte mit ungewohnten Klängen geboten; und daß es möglich ist, Hintergrundinformationen zu liefern, ohne das Werk des Künstlers durch den Fleischwolf zu drehen, stellt Ihr gelegentlich auch unter unter Beweis.

Um so unverständlicher also, daß Ihr uns unter dem irreführenden Label „Neue Musik“ immer wieder etwas präsentiert, das besser als eigenes Format „Neue Musik zu Tode Quasseln“ etikettiert werden sollte. Glauben die Macher dieser Sendungen, dem Publikum seien Töne jenseits der Hörgewohnheiten nur häppchenweise zuzumuten? Können sie im tiefsten Inneren ihres Herzens mit der Musik eigentlich selbst nichts anfangen? Oder hören sie sich einfach gerne selber reden? Wir wissen es nicht.

Was wir aber ganz sicher wissen, ist, daß wir, wenn Musik draufsteht, auch gerne Musik hören würden und kein Massaker an selbiger. Also bitte unterlaßt diese Banauserei.

Im Namen der kleinen, unseretwegen auch elitären, vor allem aber mit einem empfindlichen auditiven Sensorium ausgestatteten Fangemeinde der Neuen Musik:

die Prinzessinnen

 

Dieser Beitrag wurde am 5. Mai 2016 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 1 Kommentar

Ein Gedanke zu „Offener Brief

  1. Finde ich absolut soo Gut, dass ich darum Bitte, dass die PR den Servus Dingsda kaufen und dann also so einmal in der Woche Moderne Musik spielen. Also einfach spielen, ohne den ganzen Drumherum. Also, dachte ich mir so.

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