Und das steht wirklich im neuen schwedischen „Vergewaltigungs-Gesetz“

Nein, schwedische Männer brauchen künftig keine schriftliche Erlaubnis vor dem Sex. Wirklich nicht. Eine kurze Übersicht über die Einzelheitzen des geplanten neuen „sexualbrottslagstiftning“.

1. Kein Sex ohne deutliche Zustimmung

Als Zustimmung gilt allerdings nicht nur ein „Ja“ oder eine ähnlich eindeutige verbale Äußerung. Wenn jemand „aktivt visar att den vill delta“, also nonverbal Zustimmung zeigt, zum Beispiel durch Berührungen, gilt das ebenfalls als „Ja“.

Warum?
Im Falle eines Menschen, der beispielsweise durch k.o.-Tropfen ausgeknockt wurde oder bedroht wird, kann sich ein Täter nicht damit herausreden, dass sich das Opfer ja nicht gewehrt habe.
Gleiches gilt, wenn das Opfer beispielsweise durch eine physische oder psychische Behinderung nicht in der Lage war, sich zu wehren oder „Nein“ zu sagen.

2. Erweiterung des Paragraphen über das heimliche Abhören in geschlossenen Räumen

Explizit wird dort unter anderem nun auch das heimliche Filmen sexueller Handlungen genannt, auch in diesen Fällen sind der Versuch und die Vorbereitung bereits strafbar.

3. Höhere Mindeststrafen für besonders schwere Vergewaltigungs-Fälle von Kindern und Erwachsenen

Die „Minimalstraffet“ beträgt nun fünf statt vier Jahre Gefängnis. „Grov våldtäkt“ bedeutet, dass der Täter besonders rücksichtslos vorging und sein Opfer zum Beispiel durch Gewalt und/oder den Einsatz von Waffen gefügig machte.

4. Neue Straftatbestände: Fahrlässige Vergewaltigung Minderjähriger/fahrlässige sexuelle Übergriffe an Minderjährigen

Mit einer Gefängnisstrafe von mindestens vier Jahren wird bestraft, wer fahrlässig mit jemandem Sex hat, der oder die das eigentlich auch will.
Warum? Weil Kinder unter 14 Jahren besonders geschützt werden sollen, auch vor sich selber – das Argument eines Erwachsenen, dass ein Junge oder Mädchen einfach älter ausgesehen habe, soll künftig keine Ausrede für sexuelle Handlungen an Minderjährigen mehr sein.

5. Das Opfer soll künftig verstärkt unterstützt werden und bereits während der Untersuchungsphase stärker eingebunden werden.

Und noch eine Bemerkungen zu dem reißerischen Artikel, der gestern über eine Nachrichtenagentur verbreitet wurde:

Der Autor nennt in seinem Text den Namen des älteren, männlichen Kolumnisten, der nach seinem Kommentar über eine „Hexenjagd mit Zügen von Stalins Säuberungen“ entlassen wurde, nicht. Und er macht auch nicht deutlich, dass dieser am 27. November veröffentlichte Kommentar nicht dem neuen (zwei Wochen späteer veröffentlichten) Gesetzesvorschlag galt, sondern der #metoo-Kampagne.
Jedenfalls: Staffan Heimerson, so heißt der freie Mitarbeiter, wurde nicht wegen dieses Kommentars gefeuert, sondern wegen eines Interviews, das er kurz darauf dem Branchenblatt Resumé gegeben hatte.

Elke Wittich
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Dieser Beitrag wurde am 21. Dezember 2017 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 3 Kommentare

3 Gedanken zu „Und das steht wirklich im neuen schwedischen „Vergewaltigungs-Gesetz“

  1. 1) Verstehe ich das richtig, dass KO-Tropfen vorher legal waren?

    2) Das Filmen des Vögelns überführte Gina-Lisa Lohfink der Falschbeschuldigung. Was jetzt? Verwertungsverbot?

    3) Höhere Strafandrohung hat ausweislich jeder Statistik keine Auswirkung auf Anzahl der Straftaten.

    4) Fahrlässigkeit schließt Gewalt schon im Begriff aus. Strafbewehrt geschützt darum wird nicht die Selbstbestimmung, sondern eine juristische Formalie (Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs ohne Rücksicht auf freien Willen).

    5) Die Reihenfolge ist falsch! Das Opfer sollte zuerst ermittelt werden! Und danach erst geschützt! Prinzesschen Elke!

    Also: Reisewarnung für Schweden.

    • 1) Mit ziemlicher Sicherheit nicht. Sie verschwanden in der Grauzone. Das wurde nun nachgebessert.

      2) Es geht wohl eher um Erpressung und/oder Demütigung durch Veröffentlichung im Netz.

      3) Das stimmt, sonst wäre die Todesstrafe erfolgreich. Allerdings gibt es bestimmte Schwellengrenzen, ab der etwas von einer einfachen zu einer schweren Straftat wird. Ich kenne zwar die in Schweden geltenden Grenzen nicht, es könnte aber in die Richtung gehen.

      4) Nicht zwangsläufig. Die Gewalt kann auch eher ungewollt resp unbeabsichtigt sein, oder der Vergewaltiger geht davon aus, dass das Opfer darauf steht (BDSM?). Zumindest wird das immer gerne angegeben, wenn’s hart auf hart kommt.

      5) Das Opfer ermitteln? Du gehst anscheinend weiterhin davon aus, dass üblicherweise die Frauen die Vergewaltigung vorgeben. Diese Schuldvermutung ist einer der Gründe, weshalb die Dunkelziffer sehr hoch ist.

      Eine Reisewarnung für Schweden ist nur für die angebracht, die sich an solche einfache Regeln nicht halten wollen. In einigen arabischen Ländern wurden Vergewaltigungsopfer hingerichtet, nicht der Täter. Vielleicht wäre das ein Reiseziel.

      • Zu 2 – das Motiv des Gesetzgebers ist für die Auswirkung des Gesetzes völlig unerheblich. Der Richter hat keine andere Wahl als das Gesetz nach Wortlaut anzuwenden.

        Zu 4 – unabsichtliche Gewalt? Vergewaltiger ohne Absicht? Es fällt schwer, das ohne Sarkasmus zu beurteilen. Das ist ein Widerspruch in sich.

        Zu 5 – ein Vergewaltigungsprozess ist kein Zivil-, sondern ein Strafprozess, in dem die Schuld ohne jeden Zweifel nachgewiesen werden muss. Das – und nichts anderes – drückt „Opfer ermitteln“ aus.

        Meine Annahmen über Vergewaltigung, Falschbeschuldigung, Dunkelziffer beruhen auf öffentlich verfügbare Quellen im Netz. Jedoch behalte ich jede Annahme für mich, ebenso mein Urteil über deine Unterstellung.

        Die „Reisewarnung“ war ein Sarkasmus. Legitimes Stilmittel.

        Mir fehlt die logische Verbindung zur arabischen Praxis, das Vergewaltigungsopfer zu strafen. Wie hängt das zusammen mit der Unschuldsvermutung im europäischen Strafrecht?

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