Ihr wollt #PanamaLeaks? Dann zahlt.

Recherchen kosten Geld – von Flattr-Klicks und Crowdfunding ist ein Coup wie die Panamapapers nicht zu finanzieren. Von Gastprinzessin Sebastian Bartoschek

Kaum jemand kann zum derzeitigen Zeitpunkt abschätzen, welches Ausmaß und welche Konsequenzen die Enthüllungen der #PanamaLeaks haben werden.
Darum soll es hier auch nicht gehen. Sondern darum, dass, so liest man derzeit, knapp 400 Journalisten für 78 Medien die geleakten 2,6 Terrabyte Daten gesichtet haben. 11 Millionen Einzeldateien sollen sie gesichtet, bewertet, gegengecheckt und aufbereitet haben.

Und das alles in ihrer Freizeit, neben einem Vollzeitdayjob – und für 200 € Flattr-Kohle im Monat.
Natürlich nicht. Sicher nicht. Und auch kein Crowdfunding gab den Journalisten die nötige Unabhängigkeit, um zu arbeiten. Mit Hobby- und Nebenher-Journalismus, wie ihn der Verfasser dieser Zeilen betreibt, kann man das nicht leisten.
Das sollten wir uns vor Augen führen: Nur Journalisten, die nicht nach der Veröffentlichung der nächsten bezahlten Zeile lechzen müssen, die nicht neben dem Journalismus die meiste Zeit ihres Tages mit dem Gestalten von Werbe- und Werbehochglanzpseudomagazinen verbringen, können sowas wie #PanamaLeaks.

Das Problem in den Sozialen Medien ist aber, dass schwache Neidhammel Journalisten nicht gönnen wollen, was sie brauchen: unabhängige Stärke. Oft auch deswegen, weil jeder als suspekt erachtet wird, der stärker und unabhängiger ist als man selbst. Die Leistung des Journalisten wird dann systematisch gering geredet, verhöhnt, und – natürlich nur ironisch – hihi – als ‚Lügenpresse‘ gelabelt. Auch von denen, die anderen den Gebrauch des Label wiederum vorwerfen.
Und klar, alle finden es total doof und unhipp, wenn Journalisten nur dem nächsten Klick auf ihren Artikel hinterherhecheln – und klicken dann trotzdem – und beschweren sich – und wollen aber auf keinen Fall für Content bezahlen.
Ich nenne das selbstgerechte und -betrügende Heuchelei. (Ich bleibe deswegen nur freundlich in meiner Wortwahl, weil es in einer Woche wahrscheinlich eh schon wieder egal ist. Wieso soll ich mich also dann echauffieren und ausfallend werden?)

In Deutschland wird nun das Geschrei wieder losgehen, dass das alles nur mit öffentlich-rechtlich finanzierten Journalismus zu schaffen ist, unter Verweis auf NDR und WDR. Dass in Dutzenden anderen Ländern das ganze auch ohne deutsch-gründliche Zwangsabgaben funktioniert hat, und dass auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kein öffentlich-rechtliches Medium ist, wird dabei ignoriert werden.

Was wir brauchen, ist zunächst einmal die Einsicht, dass der Kampf gerade gegen Vertuschungen, die mit Geld zu tun haben, mit verdammt-verschissen viel Geld, nicht mit einem Taschengeld zu führen ist.
Es ist eine klassische asymetrische Kampfsituation, bei der der Leser verstehen muss, dass er helfen kann, mit seinem finanziellen Einsatz, diese Asymetrie zu verkleinern. Und dann brauchen wir Verleger und Chefredakteure, die Geld in die Hand nehmen, um Recherche zu finanzieren. Auch wenn sie ins Leere läuft. Denn auch das ist eine der innere Wahrheit hinter #PanamaLeaks: sowas klappt nur dann eimal, wenn Du bereit bist, zehnmal bei der Recherche ins Leere zu laufen.

Aber wie ich in der Klammer schon ausführte: in einer Woche ist es eh wieder vergessen.

Dieser Beitrag wurde am 3. April 2016 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 7 Kommentare

7 Gedanken zu „Ihr wollt #PanamaLeaks? Dann zahlt.

  1. Ja ich stimme zu, dass es investigativer Journalismus verdient auch vom Qualitätsleser mit finanziert zu werden. Nur wem soll ich denn jetzt mein Geld geben? Der Süddeutschen, die im Regelgeschäft auch nur damit Geld verdient unhinterfragt den Pressesprecher zu zitieren, den Werbepartnern nicht auf die Füße treten will und jetzt mal einen coup gelandet hat weil ein hacker ihnen die Daten vor die Füße gelegt hat? Oder besser jedem einzelnen der 400 Journalisten, die dann die eigentliche Arbeit gemacht haben?

    Ich hatte mal gedacht die Krautreporter wären ein guter Ansatz und hatte mich am crowdfunding beteiligt, leider ist daraus nur ein unabhängiges Boulevard-Blatt mit Lifestyle Berichten geworden (zumindest war es das als ich es die ersten Monate noch verfolgt hatte).

    Also ich hätte neben netzpolitik.org auch noch etwas Platz für unabhängigen Journalismus in meinem Spendenportfolio, ich würde meine Unterstützung da sehr gerne etwas breiter streuen.

  2. Du kannst gerne mich unterstützen:
    https://www.patreon.com/bartoschek

    Ich garantiere nichts – und gebe mein Ehrenwort, dass ich alles tun werde, das auch einzulösen. Ansonsten klingt bei Dir aber auch das an, was ich als Teil des Problems sehe: eine unrealistische Erwartungshaltung an Medien.

    Ich finde deine Abwertung der Arbeit der Kollegen der „SZ“ total unangemessen. Du scheinst auch nicht auch nur einen Hauch verstanden zu haben, was 2,6 Terrabyte Daten in journalistischer Auswertung bedeuten. Das ist schade; aber dein gutes Recht.

  3. Ich weiß, im Zeitalter des internet-trolls ist es schwer Kritik nicht gleich persönlich zu nehmen, daher möchte ich nochmals klarstellen, dass ich nicht die Journalisten kritisiert habe, sondern ganz abstrakt das System nach dem „die Medien“ ganz allgemein funktionieren. Wäre ich für ein Medienkonzern (und damit meine Mitarbeiter) verantwortlich würde ich mir auch überlegen ob ich mit meiner Berichterstattung meine Werbepartner verprellen könnte. Marktwirtschaftlich ist es auch sinnvoll einfach das Statement einer offiziellen Seite wiederzugeben – damit ist man auf der sicheren Seite. ÖR war ein guter Ansatz, nur hört man auch da von zumindest fragwürdigen Neubesetzungen von Intendanten.

    Gut ich gebe zu, die Krautreporter habe ich direkt kritisiert – da schwingt vielleicht immer noch meine persönliche Enttäuschung mit.

    Statt einem generellen „Du hast keine Ahnung und willst eh nur trollen“ würde ich mich über ein wenig konstruktivere Kritik freuen – meine Meinungen sind i.d.R. immer vorläufig . Daher mal ganz konkret die Frage:

    Wie kann ich dieses Jahr möglichst effizient unabhängige Medien fördern?

    Ich bin es nämlich ein wenig Leid, dass das Problem immer nur darauf zurückgeführt wird, dass die Leser nicht zahlen möchten.

  4. Hmm … da bin ich dann wohl auf einen Troll reingefallen während sich die Panama-Papers ja anscheinend immer mehr zu farce entwickeln. Ich weiß auch nicht, warum ich immer wieder glaube eine Kommentarfunktion nutzen zu müssen.

  5. Hey, also, klar, hier sind Möglichkeiten die Medien zu unterstützen, für die ich auch was tue.

    Prinzessionenreporter: https://www.paypal.com/de/cgi-bin/webscr?cmd=_flow&SESSION=irP3IrmiVL_txtc5e4a4GMMKlCt_mbykf0hF0Arfo58722zRk_tsKwInHti&dispatch=5885d80a13c0db1f8e263663d3faee8d6625bf1e8bd269586d425cc639e26c6a

    Ruhrbarone:
    http://www.ruhrbarone.de/freundeskreis-so-koennt-ihr-die-ruhrbarone-unterstuetzen/81416

    mich selbst:
    https://www.patreon.com/Bartoschek?ty=h

    Aber die Frage ist doch, wem Du helfen willst. Das musst du selbst entscheiden…

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