Royales Lob für Franziska Seyboldt

von Gastprinzessin Bernhard Torsch

Liebe Kollegin,

Sie haben in der „taz“ einen Text über Ihre Angststörung veröffentlicht und danach eine Fortsetzung verfasst, in der Sie die Bedenken einiger Leute schildern, die Sie davor warnten, in Hinkunft auf dieses Thema reduziert zu werden. Gestatten Sie mir, Ihnen als royaler Sonderbeauftragter für die Themen Angst und Depression ein paar Zeilen in Form einer Punktation zu schreiben und Ihnen unser ausdrückliches Lob auszusprechen.

1. Vielen Dank! Jeder Mensch, der seine psychischen Probleme öffentlich macht, trägt ein bisschen dazu bei, dass andere Menschen, die darunter leiden, sich nicht mehr ganz so einsam fühlen,
und dass diejenigen, die diese Probleme nicht haben, erkennen, es nicht mit geheimnisvollen und vielleicht sogar gruseligen „Verrückten“ zu tun zu haben, sondern mit Leuten, die gar nicht so anders sind als die sogenannten „Gesunden“. Eine Journalistin, die ja von ihrem Intellekt lebt, beweist mit dem Outing, unter einer Angststörung zu leiden oder gelitten zu haben, dass psychische Probleme nicht gleich bedeutend sind mit Dummheit oder Unzurechnungsfähigkeit.

2. Niemand, der nicht blöd oder bösartig ist, wird Sie auf das Thema Angststörung reduzieren.

3. Leider gibt es viele blöde und bösartige Leute. Jeder Mensch, der eine psychische Störung öffentlich macht, muss damit rechnen, dass dies gegen ihn verwendet wird. Seit ich vor drei Jahren beschrieb, wie mich ein missverständliches Facebookposting eine Woche lang in die Psychiatrie brachte und mehrere Medien darüber berichteten, gräbt bei Debatten auf Twitter oder Facebook verlässlich jemand einen dieser Berichte aus und präsentiert ihn triumphierend als „Beweis“ dafür, dass ich nicht ganz dicht und somit auch nicht ernstzunehmen sei. Machen wir uns nichts vor, diese Gesellschaft ist noch lange nicht so weit, Menschen mit psychischen Störungen wirklich für voll zu nehmen. Umso mutiger ist es, sich trotzdem nicht zu verstecken, sondern stolz zu sagen: „Ja, ich habe eine Angststörung, eine Depression oder sonstige psychische Beschwerden, aber ich schäme mich nicht dafür“. Es gibt auch keinen Grund, sich zu schämen. Eine psychische Störung oder Erkrankung ist genauso wenig ein Anlass zur Scham wie eine von der Mehrheit abweichende Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder sonst eine persönliche Eigenschaft, für die man nichts kann.

Für Ihren Mut und den Mut, den Sie damit anderen Betroffenen machen, verleihen Ihnen die Prinzessinnen hiermit die diamantbesetzte Ehrenkrone für nicht suckenden Journalismus.

Dieser Beitrag wurde am 21. August 2016 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 2 Kommentare

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