Archiv | August 2022

Kontrafaktur

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Dieser Eintrag wurde am 18. August 2022 veröffentlicht.

Das bisschen Wind im Hirn

von Prinzessin Ramona Ambs

Sie ist ein Symptom. Ein Symptom für eine Haltung, die man in „linken“ Kreisen immer wieder antrifft. Julia Neumann hat in Dortmund Journalistik und in Marokko Gender Studies & Internationale Beziehungen studiert. Das ist schon mal per se woke und ungeheuer hipp. Sie hat einen Master in Soziologie und Geschichte des Vorderen Orients von der Universität Erfurt und der Université Saint Joseph in Beirut. Auf ihrem Freischreiberprofil heisst sie Julia Viktoria Neumann und bewirbt sich damit, dass sie eine feministische Rapperin in Tunesien interviewt hat, mit Heavy Metallern in libanesischen Tonstudios war und mit Mönchen in Marokko gesprochen hat. Ihre Beiträge erscheinen u.a. in der taz.die tageszeitung bei qantara.de und jetzt.de; Audio-Geschichten erzählt sie im Deutschlandradio, WDR sowie der Deutschen Welle. Kurz: eine gemacht Frau, die sich auch natürlich auch engagiert für gendergerechte Sprache einsetzt. 

Gendern ist nämlich sehr  wichtig.

Wer nicht gendert, ist frauenfeindlich.

Mindestens.


Gleichzeitig hat Neumann aber nicht das geringste Problem, Frauen in ihrem Freiheitskampf zu verunglimpfen. In ihrem neusten taz-Artikel Das bisschen Wind im Haar beschäftigt sie sich mit der Aktivistin Alinejad, die aus dem Exil Proteste unterstützt, bei denen Frauen im Iran das Kopftuch ablegen und die Videos davon ins Netz stellen. Für die Frauen dort ein lebensbedrohlicher Befreiungsakt. Für Neumann hier sind diese Proteste vor allem  „von westlicher Ideologie dominiert“ und sie kommentiert: „Als ob das Abnehmen eines Kleidungsstückes aus Protest den Weg zur Gleichberechtigung und dem Schutz von Frauen ebnen könnte.“

Well, – wie sag ichs ihr?
Liebes Julchen,- es kann.


Jedenfalls sollte es IMMER die freie Entscheidung einer Frau sein, ob sie sich verschleiert oder nicht, ob sie ihr Haar offen trägt, lang, gefärbt oder kurz. Und nur weil es im Westen teils einen subtilen Druck zur Entschleierung gibt, macht das den Verschleierungszwang und die Unterdrückung im Iran doch nicht weniger traumatisch. Aber Frau Neumanns Abneigung gegen den Westen geht so tief, dass sie sogar die Männer als Opfer sieht, denn auch diese seien ja dem Kleidungszwang im Iran unterlegen: „Auch sie sollen ihre Knie und Schultern verdecken.“. Das ist natürlich ungefähr gleich schlimm wie als wandelndes Zelt durch die Gegend zu rennen und einem Peitschenhiebe drohen, wenn aus Versehen der Knöchel unten vor scheint..

Aber Frau Neumann hat ein reiches Repertoire an schrägen Vergleichen. So schreibt sie weiter: „Wer käme in Deutschland auf die Idee, Nonnen zu ermuntern, ihr Kopftuch abzulegen – und so gegen das Patriarchat der Kirche zu kämpfen? Und selbst wenn sie es täten, würde es einen Unterschied machen? Könnten Frauen dann katholische Priesterinnen werden, mit gleicher Bezahlung und Ausstrahlung auf die ganze Gesellschaft?“ 

….

……..

Und an dieser Stelle steige ich mental dann auch aus. Manche Vergleiche sind dermaßen schräg, dass man sie nur unnötig adeln würde, wenn man sie ernsthaft inhaltlich auseinander nähme.

Vermutlich gibt es für Frau Neumann nur einen Weg für Reformen im Iran: Kopftuch erstmal auflassen (um sich dem Westen nicht zu unterwerfen) und dann aber auf persisch gendern. So geht Emanzipation a la neufrau.

🙂 

Blöd nur, dass es im persischen kein grammatisches Geschlecht gibt. Weder bei Nomen, noch bei der Hinzufügung von Adjektiven. Man sieht es den Worten schlicht nicht an, ob es sich beispielsweise bei „einem Leser“ um ein weibliches oder männliches Wesen handelt… soll heißen: die absolut geschlechtsneutrale Sprache ist im Iran schon erreicht. Dann ist ja soweit alles in Ordnung für die Neumänner und Neufrauen dieser „Gendern ist ja so wichtig und der Westen so böse-Fraktion“.
Pech für die Frauen, die auch im Iran ein bisschen Wind im Haar haben wollen….

Dieser Eintrag wurde am 12. August 2022 veröffentlicht.