„Humor ist das Einzige, was hilft, wenn Fassungslosigkeit einem alles andere raubt“: Nicole Diekmann
Ausgefüllt von Nicole Diekmann
Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und wir lassen nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.
Nicole Diekmann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann haben Sie sich zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?
Sibylle Berg. In den 90ern in der „Allegra“. Ich denke, das erklärt sich von selbst.
2) Wie lautet Ihre Lieblingsschlagzeile?
Es gibt 3. Die eine stammt – natürlich – von der taz, der Meisterin der Schlagzeile. „Türkische Regierung tritt zurück“. Ein enger Mitarbeiter von damals noch Ministerpräsident Erdogan war fotografiert worden, wie er auf einen Kritiker eintrat nach einem Unglück in einer Kohlegrube. Erschreckend brutales Bild – und eine Schlagzeile, die den unweigerlichen Wunsch ausdrückte, den es weckte. PLUS Humor. Humor ist überhaupt das Einzige, was mir – und anscheinend nicht nur mir – im ersten Moment hilft, wenn Fassungslosigkeit einem alles andere raubt.
Die zweite ist schon ein paar Jahre alt. Es gab eine weltweite Häufung von mittelgroßen Naturkatastrophen. Und eine aus Gründen nicht zu nennende Zeitung titelte: „Will die Erde uns loswerden?“ Entweder war das ernst gemeint und dann in der Naivität, die sie bei ihren Lesern voraussetzt, unfreiwillig komisch. Oder sie war ironisch. Auch dann: sehr witzig.
Die dritte stammt von meinem lieben Ex-Kollegen Fiete Stegers. Der schrieb für tagesschau.de ein Porträt über Hartmut Mehdorn, damals noch Oberschaffner. Überschrift: „Vorname: Bahnchef“. Super!
3) Ihr peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?
Ich rechne noch mit dem Schlimmsten. Wir dürfen alle gespannt sein.
4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?
Mit Konferenzen über seine Zukunft. Ich glaube, uns steht die erste Konferenz ganz kurz bevor, auf der ausschließlich über anstehende Konferenzen referiert wird. Um den Überblick nicht zu verlieren.
5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würden Sie sich freuen?
Alle, die es so weit geschafft haben.
6) Und wem auf Erden würden Sie am liebsten den Stift klauen?
Es gibt Journalismus, der gut ist für die Seele, und welchen, der gut ist für den angeregten Blutdruck. Und für regelmäßiges Toleranztraining und sich selbst Verorten.
7) Welchen anderen Beruf hätten Sie sich noch vorstellen können?
Konditorin. Es gibt nichts Besseres, als mit Arbeit andere zufrieden zu machen. Und die Wohnung gut duftend.
8) Ihr/e Wunschinterviewpartner/in?
Kim Jong Un.
9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Sie ganz alleinige Chefredakteurkönigin wärst? Und wie würde sie heißen?
Ich hätte unbegrenzt Budget für gute, faire, freundliche und von beiden Seiten für Geschichten brennende Leute, die unbegrenzt Zeit hätten, unbegrenzt gut formulierte und recherchierte Geschichten umzusetzen. Ihr Name: „Himmel!“
10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?
Entschuldigung?! Für meine natürlich. Entweder mache ich es richtig, oder ich mache es gar nicht.