Revolution, Baby! (6)

Eine Gastprinzessinnenserie von Sibylle Berg

Folge 6 mit Antworten von Tatiana Muñoz

Das alte System ist am Ende. Prost!

Je deutlicher wird, dass die Erde eine begrenzte Ressource ist, die sich mit der Funktionsweise: Wachstum oder Krise nicht verträgt, erfasst der Wahnsinn des Untergangs  Aktionäre, KapitalistInnen, PolitikerInnen und die Massen.

Alle suchen nach Auswegen, ihr Leben, ihr Vermögen, ihre Ideen zu retten, ohne alte Gewohnheiten aufzugeben. Aber. Das wird nicht funktionieren. Weder ist die Bereitschaft der erschöpften Massen vorhanden, den Irrsinn des Wachstums, die Entkoppelung von Gewinn und realem Gegenwert weiterzutragen.

Noch kann selbst der dumpfste Shareholder verleugnen, dass der eingeschlagene Weg in Katastrophen enden wird. Und zwar bald. Es ist keine Zeit mehr für kleine Schritte, kleine Erfolge, kleine Ergebnisse, die ein bisschen Gerechtigkeit, ein wenig Klimaschutz bringen könnten. Es braucht einen radikalen Schritt in eine neue Zeitrechnung. Das System, das den Kapitalismus ablösen wird, scheint im Moment eine Mischung aus Überwachungsautokratie und Neofeudalismus zu sein.

Linke Ideen beziehen sich auf alte Systeme, die auch immer an kapitalistischer Intervention oder schlicht an der Unverträglichkeit von Mensch und Macht scheiterten.

Es braucht vollkommen neue Pläne, die über die Träume von friedlichen Sharing Communitys hinausgehen.

Ich habe Autorinnen und Aktivistinnen gefragt, was Ihnen zum Thema Revolution einfällt. Einige habe ich in einem Magazin, das ich mit dem Künstler Claus Richter herausgebe, versammelt.

Es kamen erfreulicherweise so viele Texte, dass wir die Möglichkeit haben, an dieser Stelle einige exklusiv zu veröffentlichen. Als Anregung. Für die Vernetzung. Zum Weiterdenken.

Nicht aufgeben!

Sibylle Berg


Folge 6: Antworten von Tatiana Muñoz; Beraterin der öffentlichen Hand mit dem Schwerpunkt Verwaltungsmodernisierung, Verwaltungsdigitalisierung und Umwelt/Nachhaltigkeit, SPD-Ortsvorsteherin in Mainz-Hechtsheim; Futurewoman

Sibylle Berg: Der Kapitalismus hat sich im Laufe der letzten – sagen wir – 70 Jahre in selbstdrehender Wachstumsirrsinns-Spirale zu einem neuen Neofeudalismus entwickelt. Ja – nein, oder wie würdest du die Situation in den westlichen Ländern beschreiben?

Tatiana Muñoz: Neofeudalismus muss ich ehrlicherweise erst mal nachschlagen. Das mache ich gleich, um deine Ja-Nein-Frage zu beantworten. 

Zu deiner Oder-Frage: Vor ein paar Jahren, so sechs, war ich bei einem BarCamp in Berlin, einem BarCamp vom Bundesumweltministerium mit der Bundesministerin, das allererste von einem Bundesministerium. Natürlich war es kein ganz echtes BarCamp, soviel Kontrolle wollten man dann doch nicht abgeben. Aber immerhin. Influencer, frag mich nicht, wie ich da eingeladen wurde mit meiner mickrigen Followerzahl, sollten über Klimakommunikation diskutieren. 

Internalisiert und beschreibt die Kosten von Produkten in einem zweiten Preisschild, macht sie sichtbar, war einer der Lösungsvorschläge. Zu komplex, zu hart, war die Antwort. Warum eigentlich, habe ich mich gefragt, warum soll das zu hart sein, ist doch nur die Wahrheit? Weil wir sie nicht ertragen. Weil unsere Psyche es nicht erträgt zu verstehen, wirklich zu verstehen, was der echte Preis für unseren Konsum in aller Konsequenz bedeutet. Ich habe mich mal mit einem Engländer unterhalten, auf einem Kongress zu Klimawandel und Psychologie, er sprach vom Holocaust-Effekt. Ja, ich habe erschrocken gezuckt, bei so einer Terminologie mit einer deutschen Sozialisation kann ich ja nur, und das ist gut so, ganz erschrocken zucken. Er erklärte mir, dass unsere Psyche sich selbst schützt, wenn die Botschaft und die Erkenntnis der Realität so unglaublich überfordernd sind, dass sie es nicht erträgt. Die Grausamkeit des Holocausts war so überwältigend, dass viele Menschen ihn damals deshalb ignorierten. Sie hätten ihn und ihre eigene Rolle in dieser Grausamkeit nicht ertragen. Deshalb haben sie sich selbst belogen und sich Rechtfertigungen zurechterzählt, die zu ihrer Realität wurden. 

Jetzt zurück zum Treiber des Wachstumsirrsinns: unser Konsum. Menschen sterben auf grausamste Weise, Kinder werden versklavt, Kriege werden geführt für Ressourcen, für seltene Erden, für Handys, fürs Sommerkleidchen und zwei Wochen später fürs nächste Sommerkleidchen. Und natürlich für den schnellen Aktiendeal auf Trade Republic, ist ja jetzt so easy mit iShares von Blackrock hin und her zu spielen. Die Lieferketten, die Umweltverschmutzung, die Treibhausgase, der Klimawandel, das ganze Sterben. Das ist zu viel, das will der Geist des Einzelnen doch gar nicht verstehen. Wenn du mich also fragst, wie ich die Situation so sehe, dann sehe ich kollektive Ignoranz. Wir sind eine unbewusst und auch bewusst ignorante Gesellschaft, die mit schlauen Rechtfertigungsstrategien eine Realität gebaut hat, um über die Konsequenzen des eigenen Konsumhandelns entweder nicht die Lebensfreude zu verlieren oder nicht die eigene Macht und den gefühlten Freiheitsgrad aufgeben zu müssen. Die bewusst Ignoranten kennen aber sehr wohl die ganzen Ausbeutungsmechanismen. Mit bewusst ignorant ist bewusst unempathisch gegenüber den Leidtragenden zu verstehen. Während die unbewusst Ignoranten sowohl die Situation der Leidtragenden als auch die Ausbeutungsmechanismen des Kosumshandelns verdrängen, nutzen die bewusst Ignoranten genau diese Ausbeutungsmechanismen und die unbewusste Ignoranz der Mehrheit, um die eigene Position zu stärken und zu vergrößern. 

Ich will die Verantwortung nicht nur auf die Psyche und unser Gehirn schieben, aber psychologische Verdrängung und Rechtfertigungsmechanismen müssen verstanden werden, wenn wir über Bestandsaufnahme und Revolution sprechen. 

Neofeudalismus? Habe es nachgelesen, und ja, danach sieht es ganz so aus. Unempathische, schlaue Machtmenschen, die die Ausbeutemechanismen verstehen, und eine große Masse, die das alles lieber nicht wissen will oder aus Selbstschutz auch nicht kann, weil es das eigene Gehirn verhindert. Oft habe ich den Eindruck, dass Mitglieder der Politik entweder unbewusst alles verdrängen, es verstehen und vor Schreck evolutionsbedingt paralysiert sind oder darin verbrennen, dagegen anzukämpfen, weil sie (noch?) ganz alleine sind. Es ist ein leichtes, neu-feudalistische Strukturen zu etablieren. Und das ganz offen. Ich könnte darüber verzweifeln, aber das will ich nicht. Dafür ist das Leben an sich auch einfach zu schön. 

Revolution – was fällt dir dazu ein?

Der Versuch der Machtumkehr in einem aus der Sicht der Revolutionstreibenden toxischen System. Das System kann jedwede Größe haben. Revolution muss nicht immer zu einer positiveren Systemveränderung führen. 

Außer den Zapatisten und letzten Resten von Kuba haben sich, so weit ich weiß, alle sozialistisch-kommunistischen Utopien wegen ihrer Führer*innen oder der Sabotage durch die CIA oder Allan Dulles und der USA erledigt. Wie und warum könnte heute ein Systemwechsel gelingen?

Die einzige Chance für ein Systemwechsel ist die Reaktion der natürlichen Umwelt auf das menschliche Eingreifen. Klimawandel, Viren, Ressourcenknappheit. Der globale Schmerz wird erst steigen müssen, das ist das, was uns verbinden wird. Währenddessen werde ich fleißig an Aufklärung und Transformation wirken mit vielen anderen Menschen. Denn ein Systemwechsel funktioniert nur, wenn wir miteinander sprechen und uns einig darüber werden, was wir nicht wollen. Wir müssen uns vernetzen. 

Hmm, sozialistisch-kommunistische Utopien, ich kann mich nicht so richtig damit anfreunden. Bzw. nicht mit den Utopien selbst, sondern mit den Realitäten, die daraus entstanden sind. China, Russland und auch in Lateinamerika – es führt immer zu toxischen Machtsystemen. Ich glaube, der Mensch an sich ist gar nicht in der Lage klassenlos zu sein, dafür ist er zu schwach. 

Die meisten Bewegungen, Organisationen, Einzelpersonen haben durch teilweise Institutionalisierungen, durch die generelle Erschöpfung der Menschen, durch die Fragmentierung der Welt und unseres Verstandes keine gemeinsamen Themen, keine Schlagkraft mehr. Die Kleinbürger, Mittelständler, die Menschen in Scheißjobs empfinden keine Klassenzugehörigkeiten und schwächen sich in kleinteiligen Diskussionen. Was könnte sie wieder radikalisieren und vereinen?

Ich glaube nicht an Radikalisierung als ein geeignetes Instrument. Für mich ist Radikalisierung Zeitverschwendung, die kann was Gutes entfachen, aber auch eben nicht. Meistens nicht, weil der radikale Mensch die Eigenschaft verliert, kurz zu fliegen, um die Vogelperspektive einzunehmen und sein Handeln einzuordnen. Ist diese Eigenschaft verloren, führt Radikalisierung was weiß ich wohin und verschwendet allerlei Ressourcen, vor allem emotionale. 

Aber vereinen, das müssen wir uns. Zunächst im Gemeinsamen gegen etwas. (Natürlich wäre es schöner, sich im Gemeinsamen für etwas zu vereinen, aber ich denke, das ist nicht effektiv genug und außerdem verliert man sich in kleinteiligen Diskussionen, was denn dieses Für-Etwas sein könnte. Das Gegen-Etwas ist nämlich schon vorhanden. Das Für-Etwas, dafür braucht man Phantasie und wir sind eine phantasielose Gesellschaft. Das Gegen-Etwas sind low hanging fruits, sozusagen). 

Das gemeinsame Dagegen kann die Heterogenität überwinden. Das passiert ja schon, die Querdenker*innen, die AfD-Wähler*innen, die Trumpisten werden in ihrer Heterogenität über ein homogenes Dagegensein verbunden. Ein ziemlich idiotisches, zugegebenermaßen. 

Was aber, wenn wir ein Narrativ für ein großartiges Gegen-Etwas entwickeln? Was, wenn wir es schaffen, zum Beispiel gegen den Neofeudalismus uns zu vereinen? Der Neofeudalismus an sich ist natürlich zu meta, zu unzugänglich und nicht fassbar. Aber er greift hart ein, er greift ein in jede soziale Gruppe und in jedes Leben. Wir brauchen Narrative des Anti, die eine Schnittstelle zwischen der Heterogenität bilden. Diese Narrative münden alle auf eines: Die Verhinderung der Etablierung bzw. die Zerschlagung (das englische Wort disrupt gefällt mir besser) bereits bestehender neofeudalistischer Strukturen.

Ich stelle mir das dann so vor: Vielleicht entwickelt sich irgendwann die Frage in den Köpfen der Mehrheiten: Wenn wir DAS hier nicht wollen, was wollen wir dann? In dieser Phase ist schon für die meisten glasklar, was wir nicht wollen, während parallel schon die Phantasievollen angefangen haben, Ideen zu entwickeln, die sie nun jetzt platzieren können. Die Phantasievollen sind dann die Avantgarde, die können von überallher kommen, aus allen Klassen, Schichten und Umständen.

Weil das Gegen-Etwas im Kollektiven zu diesem Zeitpunkt definiert ist, können wir dieses Das-Wollen-Wir-Nicht ausspeichern, das können wir zur Seite stellen und in unserem Geist Platz freimachen, um zu träumen, inspiriert und angestupst von der Phantasieavantgarde, um eine Vision, eine Utopie zu wagen: Was wollen wir eigentlich? Jetzt erst fängt die Arbeit richtig an und hier lauert die größte Gefahr der Kannibalisierung der Utopien und Visionen. 

Kann es eine Klasseneinheit geben, ein Bewusstsein der ausgebeuteten Gemeinsamkeit über Hautfarbe, Religion und geschlechtliche Trennungen hinweg? Wie nur?

Indem große Man-kennt-sich-Netzwerke aufgebaut werden. Denn ich bin da eher bei Plautus, solange wir uns nicht kennen, sind wir Wölfe zueinander, egal ob ausgebeutet oder noch schlimmer ausgebeutet. Wir müssen voneinander und übereinander wissen. 

Wie könnte ein Sturz des Systems aussehen?

Systemstürzen stehe ich sehr skeptisch gegenüber, Menschen können mit so was nicht umgehen. Sie werden allzu machtgierig oder enttäuscht, dass es nicht schneller geht als geträumt. Dann müde und resigniert, und die Machthungrigen bleiben und etablieren wieder ein umstürzungswürdiges System. Ich bin eher eine Freundin der Transformation. Festina lente ist mein Motto, eile mit Weile. Das bedeutet, dass ich aushalten, aber nicht ausharren muss. Es ist anstrengend, aber wenn man einmal seinen Frieden mit dem Aushalten gemacht hat, dann geht’s eigentlich. 

Hat es denn irgendeine Chance gegen die Übermacht an Kapital, Überwachung, Einigkeit von Kapital und Parteienpolitik etwas zu bewegen?

Wenn ich nicht daran glauben würde, wozu stehe ich dann jeden Tag auf? Ich sehe immer Chancen, was zu bewegen. Wie gesagt, das zu verändernde System kann beliebig groß sein. Nennt mich naiv, das ist ok für mich. 

Im Grunde denke ich, es würde so schneller gehen alles: Indem Parteien von Menschen überflutet werden, die nicht finanziell, psychisch und emotional abhängig von der jeweiligen Organisation sind und demokratisch das System transformieren. Das hieße zum Beispiel, dass Menschen nicht ihr Leben lang von der Partei angestellt werden dürften. Politikmachen als ausschließlicher Brotberuf sollte vermieden werden, denn dann geht’s um die eigene Existenz und nicht um die eigene Wirkungskraft. Parteipolitische Hygiene wäre wirklich wichtig und gut. 

Ich bin einfach ein Fan von stabilen Demokratien. Und stabile Demokratien brauchen stabile und unabhängige Menschen. 

Für die Kommunikation und den Kulturwandel: unabhängige Medien und eine starke Kunst und Kultur, die uns als Spiegel und Experimentierraum dienen. 

Hast du erstens eine Utopie, wie das Leben im Fall einer gelungenen Revolution von links aussehen könnte, in, sagen wir, 20 Jahren?

Für mich ist die Revolution an sich endlich, endlich die kollektive Massen-erkenntnis und das kollektive Massenzugeständnis, dass der Kapitalismus, wie er heute ist, uns immer mehr von uns selbst entfremdet und aus uns das macht, was wir uns rühmen nicht zu sein: entmenschlichte Wesen. 

Um dann nach dieser kollektiven Erkenntnis alle vorhandenen partizipatorischen Wege und jeden eigenen so kleinen Machtraum zu nutzen, um gegen die eigene und kollektive Entmenschlichung Taten folgen zu lassen. 

Dafür benötigen wir radikale Ehrlichkeit, na gut, hier hilft Radikalität doch gut als Instrument. Und für radikale Ehrlichkeit, also Reflexivität als ständige Aktion, brauchen wir mentale Resilienz. Für die Revolution von links brauchen wir eine mental resiliente Gesellschaft. Interessant, wo ich gelandet bin. 

Und hast du zweitens eine Utopie, wie das Leben im Fall der Weiterführung des Kapitaldurchmarsches aussehen könnte?

Ganz grob: Die Reichen machen so weiter wie bisher und sind noch reicher, weil sie hart ausbeuten. Der Rest in den reichen Ländern wird eingelullt von einer pseudo commons-basierten Wirtschaft, die so tut, als wäre sie demokratisch und sharing und alles gut. Im Grunde aber IoT-kontrolliert durch wenige Monopolisten. Die Politik war bei der Transformation zu langsam bzw. hat sie nicht verstanden oder nicht verstehen wollen (aus vielerlei Gründen), und nun hat sie kaum Handhabe, irgendetwas am System zu ändern. Europa ist eine Festung.

In beiden Szenarien haut der Klimawandel richtig rein.

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Dieser Beitrag wurde am 5. September 2021 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 7 Kommentare

7 Gedanken zu „Revolution, Baby! (6)

  1. Man könnte mal bei Alexander Bogdanov nachschauen – nein, nicht im ersten modernen utopischen Roman des vorigen Jahrhunderts (der rote Planet), auch nicht seine weltweit erste ge- und dann missglückte Bluttransfusion, auch nicht seine Schachspiele mit einem gewissen Lenin, sondern vielmehr:
    „Die Organisation von Gesellschaft“ (auch: Tectonik).
    Und wer mehr dazu über „Organisation“ erfahren möchte, der mag sich die „Allgemeine Systemtheorie“ und „Biophysik des Fließgleichgewichtes“ als wesentliche Erkenntnis für das Werden und Bestehen eines GANZEN, eines ORGANisch gewachsenen und existierenden Systems, auch in der Gesellschaft, besorgen!
    Beide waren in gewisser Weise noch der Typ eines Universalgelehrten, beide gingen von den kompliziertesten Ganzheiten/Systemen die es gibt aus, von biologischen, so auch vom Menschen als biologisch-soziale Ganzheit.
    Wobei der Wiener Bertalanffy offenbar die „ORGANISATION der Gesellschaft“ des Bogdanov (zur Studentenzeit des Bertalanffy in Wien in deutsch herausgegeben) kannte und spätere Systemwissenschaftler (Bertalanffy: System ist nur ORGANISATION) wie N. Wiener u.v.a.m. wohl auch und dazu den Bertalanffry, mit dem sie stritten kannten.

    Das Erstaunen wird gross sein, wenn man gut prüfbar vor Augen geführt bekommt, was bereits seit Lenins Rauswurf des ihm unbequem gewordenen Bogdanov so alles in der Gesellschaft versaut oder versäumt wurde im vorigen Jahrhundert, obwohl man es hätte besser wissen können.

    Also: Wer Gesellschaft gestalten sprich organisieren möchte, der findet hier viel Hand(Kopf)werkzeug, das noch nicht ideologisch zurechtgebogen wurde.

  2. So, nun war „Revolution“ – oder wie?
    Eine Bundestagswahl, und schon sind alle revolutionären Träume und Konstrukte, auch die ehrlichen, in den Wahlurnen verschwunden für wieder 4 Jahre oder eingecremt von eigentlich zu beseitigendem Establishment, samt den Revolutionären, die dort die Wege zur Revolution diskutieren, während über 80 % der Bevölkerung (Wähler) sich „draussen“ für völlig andere Fragen interessieren. Und wer soll nun bitte wann „Revolution“ machen, wohin, mit oder gegen die 80 & Desinteressierten?
    Eine Revolution ist eine Explosion der Basis oder eben keine, nur Stänkerei.
    Basis kam abhanden, Ziele offenbar schlecht vermittelbar.
    Nicht nur „die Erde ist eine begrenzte Ressource“, auch das Interesse und Aufnahme- sowie Aktionsvermögen der Bürger, ohne die mehrheitlich Revolution im Schrank verstaut ist, und zwar ganz oben.
    Fazit:
    Will man Leben der Menschen und damit Welt verändern, geht das nur in Schritten, und das auch nur mit sehr grossen Mehrheiten, weshalb davon nichts vor den Kopf zu stossen oder auszuschliessen ist.
    Es geht nur gemeinsam, nicht nur mit den Insassen einer einzigen Blase

  3. Huch, ach ja: System abschaffen (hier Kapitalismus) – ein System das sich abschafft (auch die Abschaffenden gehören dazu!), ist hernach schzlicht eben mal weg. Es ist nichts mehr da, was das eigentliche Ziel verwirklichen könnte, Denn die Ressourcen dieses (jedes) Systems , z.B. die Revolutionäre, sind begrenzt und mit dem Ende des Systems eben nicht mehr verfügbar

  4. Die Revolution hat gesiegt: die der extremen Mitte, Plisch und Plim entscheiden ob ihres Sieges, wer Kanzler wird, die Mittelmässigen übernehmen die Macht, dank der „gelehrten Meinungsmacher“, die das als Journalismus verkaufen (wollen).
    Der Markt regelt das – ein Weltbild aus Pappkarton.
    Ja, will man voran kommen und ist „klein“, geht das nur mit Kompromissen, allerdings nicht mit solchen, die die Menschen bald wieder ver.missen.
    Dessen ungeachtet, wir wissen ja: Jede Revolution frisst ihre Kinder, auch die gerade erfolgende von Plisch und Plim der extremen Mitte, anders: es ist die Mitte der „Gebildeten“ und nicht etwa die der Masse des Volkes, nun schlägt die vereinzelte Intelligenzia zurück, bis auch sie dran ist, gefressen zu werden
    Mehr:
    ALAIN DENEAULT- Die Herrschaft der extremen Mitte
    Westend)
    PS:
    „Wie und warum könnte heute ein Systemwechsel gelingen?“ – Grundsätzlich nur durch das System selbst, indem seine Teile, die Elemente und Komponenten, ihr systemisches Beziehungsgeflecht (Ganzheitsverständnis und -Regelung) ändern, weil sie sonst selbst nicht existieren können, alle zusammen eine neue Ganzheit kreiren ohne sich als Handlungsaktive zuvor aufzulösen.

  5. Woher kommt bitte die Vermutung, besser Unterstellung der Unverträglichkeit von Mensch und Macht“?
    Das ist so ein naives Narrativ, denn bereits Mensch ist dieser nie ohne Macht (über was auch immer), und Macht ohne Mensch existiert überhaupt nicht, niemand ausser Mensch kann Machtempfunden, erschaffen, ausüben oder wofür auch immer einsetzen – heisst nach Adam Ries:
    Wo Mensch, da Macht, wo Macht da Mensch, wo eines fehlt gibt es beides nicht.
    Es wäre erholsam, wenn junge für „Gutes“ engagierte Leute nicht ewig die blassen und schizophrenen Platitüden vergangener „Spitzenideologen“ nachplappern müssten, sondern Bekanntes wie unbekanntes Neues ständig auf den Prüfstand der Logik, der Sinnhaftigkeit in sich und der tatsächlichen Deutungswirkung bezogen auf das tatsächlich Gemeinte stellen würden.
    Gesellschaft gestalten heisst zuerst zu wissen, was Gesellschaft ist, wie sie funktioniert als Ganzheit, wie in ihren Teilen, und wo Änderungsbedarf und -CHANCE (!!) besteht und andere Kriterien strikt aussen vor zu lassen.

    In diesem Text sehen wir bestens, wie verlogene weil falsche Prämissen und verkrümmte Statusbehauptungen (Mensch versus Macht – als Instrument der Herrschaft der Reichen und Religionsfürsten über die Massen) ganze Denkrichtungen in eine verkorkste Walachei führen, denn wie wollte man Gesellschaft (zum „Guten“) verändern, wenn vollständig auf MACHT für MENSCH verzichtet wird, weil sich angeblich Macht und Mensch „nicht vertragen“?
    Dazu gehört auch die unsinnige Vorstellung, mann könne „Reiche“ und „Produktionsmittelbesitzer“ (alles MENSCHEN und BÜRGER) wie auch immer entmachten oder damit gar den Kapitalismus eliminieren, um selber an deren Stelle zu treten – ja, was denn sonst, wie sollte es sonst anders gehen? Es müssen Menschen die Geschicke der anderen und damit der Produktionsmittel lenken und gestalten, nicht die müssen weg, sondern deren Bezugsvorstellungen und Handlungsmotivationen sind zu verändern – allerdings muss man dazu schon mal wissen, wie denn komplexe Systeme wie z.B. die soziale Gesellschaft „ticken“, was diese bgrauchzen, um systemisch sinnvoll agieren zu können / zu müssen.
    Das bedeutet „Organisation der Gesellschaft“ als Ganzes soziales System, wie ökonomisches wie finanzielles usw. und in ihren Teilen.
    Alexander Bogdanow aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts , jemand der versuchte „Marx mal weiter zu denken“, lässt grüssen, und einer der grundsätzlich Ganzheiten wissenschaftlich untersuchte, ein gewisser L.v.Bertalanffy gab uns die grundlegenden Denkwerkzeuge dafür mit seiner „Allgemeinen Systemtheorie“, die auch und gerade einem Marx völlig fehlte und ihm sehr behilflich gewesen wären, nicht nur zu analysieren sondern auch als ertragreicher Gesellschafts-ARCHTEKT zu denken, was vielen Politikern bis heute stets fehlte und fehlt.
    Folge:
    Es wurde stets nur der Sack geprügelt statt den Esel zum Laufen zu bewegen.

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