Revolution, Baby! (7)

Eine Gastprinzessinnenserie von Sibylle Berg

Folge 7: Eine Vision von Grace Blakeley

Das alte System ist am Ende. Prost!

Je deutlicher wird, dass die Erde eine begrenzte Ressource ist, die sich mit der Funktionsweise: Wachstum oder Krise nicht verträgt, erfasst der Wahnsinn des Untergangs  Aktionäre, KapitalistInnen, PolitikerInnen und die Massen.

Alle suchen nach Auswegen, ihr Leben, ihr Vermögen, ihre Ideen zu retten, ohne alte Gewohnheiten aufzugeben. Aber. Das wird nicht funktionieren. Weder ist die Bereitschaft der erschöpften Massen vorhanden, den Irrsinn des Wachstums, die Entkoppelung von Gewinn und realem Gegenwert weiterzutragen.

Noch kann selbst der dumpfste Shareholder verleugnen, dass der eingeschlagene Weg in Katastrophen enden wird. Und zwar bald. Es ist keine Zeit mehr für kleine Schritte, kleine Erfolge, kleine Ergebnisse, die ein bisschen Gerechtigkeit, ein wenig Klimaschutz bringen könnten. Es braucht einen radikalen Schritt in eine neue Zeitrechnung. Das System, das den Kapitalismus ablösen wird, scheint im Moment eine Mischung aus Überwachungsautokratie und Neofeudalismus zu sein.

Linke Ideen beziehen sich auf alte Systeme, die auch immer an kapitalistischer Intervention oder schlicht an der Unverträglichkeit von Mensch und Macht scheiterten.

Es braucht vollkommen neue Pläne, die über die Träume von friedlichen Sharing Communitys hinausgehen.

Ich habe Autorinnen und Aktivistinnen gefragt, was Ihnen zum Thema Revolution einfällt. Einige habe ich in einem Magazin, das ich mit dem Künstler Claus Richter herausgebe, versammelt.

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Es kamen erfreulicherweise so viele Texte, dass wir die Möglichkeit haben, an dieser Stelle einige exklusiv zu veröffentlichen. Als Anregung. Für die Vernetzung. Zum Weiterdenken.

Nicht aufgeben!

Sibylle Berg


Folge 7: Eine Vision von Grace Blakeley 

Grace Blakeley ist eine britische Wirtschafts- und Politikjournalistin. Bücher: »STOLEN: How to Save the World from Financialisation« (Repeater Books 2019; 2021 auf Deutsch im Brumaire Verlag); »The Corona Crash: How the Pandemic Will Change Capitalism« (Verso 2020). 

Die Covid-19-Pandemie traf eine Welt, die noch immer von den Narben der Finanzkrise von 2008 geprägt ist. Die Löhne stagnierten, die Ungleichheit hat zugenommen und die Politik spaltete sich immer mehr. Die Pandemie hat viele dieser Probleme verschärft, indem sie die Macht der Unternehmen vergrößert, die Arbeitslosigkeit erhöht und große Unsicherheit und Zukunftsangst erzeugt hat.

Der einzige Weg zu einer soliden Erholung besteht darin, in die Dekarbonisierung durch einen massiven globalen Green New Deal zu investieren, der Arbeitsplätze schafft, Ungleichheit verringert und gleichzeitig unseren Übergang zu einer grünen und nachhaltigen Zukunft unterstützt. Regierungen sollten in die Schaffung von Arbeitsplätzen in Bereichen wie Forschung und Entwicklung, Ingenieur- und Bauwesen sowie Gesundheits- und Sozialwesen investieren, die sowohl den Aufschwung unterstützen als auch helfen, die langfristigen Probleme des Klimawandels und des demografischen Wandels zu bewältigen.

Ein grünes Konjunkturpaket könnte dreimal so viele Arbeitsplätze schaffen wie ein „braunes“ und das Schaffen von Arbeitsplätzen in der Pflegewirtschaft käme überproportional Frauen aus der Arbeiterklasse zugute – eine der Gruppen, die am stärksten von den wirtschaftlichen Turbulenzen des letzten Jahrzehnts betroffen sind. Diese Investitionen sollten mit einer Ausweitung des öffentlichen Eigentums, einer Umgestaltung des Finanzsektors und der Unterstützung der Arbeiterbewegung kombiniert werden, um sicherzustellen, dass private Unternehmen nicht den größten Teil der Gewinne aus staatlicher Freigebigkeit ernten.

Angesichts der massiven Schuldenkrise, die derzeit den globalen Süden heimsucht, ist es entscheidend, dass ein Green New Deal international stattfindet. Ressourcen und Technologien müssen von Nord nach Süd transferiert werden, um Staaten sowohl bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie als auch des Klimawandels zu unterstützen. Letztlich wird die einzige nachhaltige Lösung eine Schuldenabschreibung für Niedriglohnländer sein.

Wir haben die Ressourcen, um sicherzustellen, dass die Erholung von dieser Krise gerechter, nachhaltiger und stabiler ausfällt als die Erholung von der Finanzkrise. Jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, die Kräfte zu sammeln, die wir brauchen, um diese Vision in die Realität umzusetzen.

Aus dem Englischen von Marit Hofmann.

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