Die Wohnung des Herrn Martenstein

von kann-Gejammer-nicht-mehr-ertragen-Prinzessin Ramona Ambs

Wir müssen uns Herrn Martenstein als glücklichen Menschen vorstellen.
Er verdient ganz arg viel Geld, schreibt, auch als Unbeteiligter, zum Thema Intelligenz und hat niedliche Kinder. Es geht ihm sogar so gut, dass er bereits vor zwölf Jahren, nach Sichtung all seiner Festgeldkonten & Versicherungen verkündet hat:

„… ich (habe) mir überlegt, was wir zum Leben brauchen. Also, was unverzichtbar ist. Wohnung, Essen, bisschen Urlaub, Gartengeräte, Computerspiele fürs Kind. Dann habe ich diese Summe genommen, die wir zum Leben brauchen, und habe davon die Summe abgezogen, die das Kapital mir bringt, wenn ich es in aller Ruhe verfrühstücke, bei einer vorausgesetzten Lebensdauer von noch 540 Monaten. Die Differenz zwischen den beiden Summen ist das Geld, welches ich unbedingt, auf Biegen und Brechen, verdienen muss. Es ist überraschend wenig. Ich könnte ohne weiteres als Parkplatzwächter oder Kartenabreißer arbeiten. Nein, noch besser: als Bademeister.“

Und man ist geneigt zu sagen: tu es doch! Bitte! Tu es! Aber natürlich tut er es nicht.
Stattdessen erklärt er, dass er es sich leisten kann ein privilegiertes Leben als arrogantes PIIIEP zu leben:
„Ich nehme nur noch Arbeiten an, die mir mit hoher Wahrscheinlichkeit Spaß machen werden. Alles andere lehne ich kommentarlos ab. Arbeiten, die mir Spaß machen, erledige ich ohne Mühe, gut und zügig, ich spüre das kaum. Ich pflege nur noch sozialen Kontakt mit Leuten, die ich interessant finde. Wenn mich jemand langweilt, stehe ich auf, verabschiede mich höflich und gehe.“

Das ist natürlich echt lässig.

Und natürlich ist es auch echt lässig, seine eigene Zunft für korrupt zu erklären.
-Das ist sowas wie „Lügenpresse“ schreien in akademisch.

Konkret klingt das bei ihm so:

“Ich gebe mir keinerlei Mühe mehr, emotional beteiligt zu erscheinen. Der heutige Journalismus ist zu weiten Teilen sowieso korrupt, das ist jedenfalls meine Meinung. Manchmal gehe ich tagsüber einfach für zwei, drei Stunden in ein Café und lese Short Stories. Das hätte ich früher nie getan. Wenn ich in das Büro zurückkomme, lösche ich zum Spaß alle E-Mails, ungelesen. Wenn es wichtig ist, kommt sowieso eine zweite Mail.“

Jaaa, der Mann ist echt cool.

Und er hats gut. Er hats geschaft. Er muss sich nicht mehr mit langweiligen Menschen abgeben. Er muss sich für nichts mehr rechtfertigen, er schreibt nur noch, was ihm Spaß macht.

Und dabei sitzt er in seiner Wohnung und fühlt sich gut.

Er hat sicher eine coole Wohnung.

Schließlich ist er erst kürzlich eingezogen.

Vermutlich ist sie auch gut eingerichtet.

Nicht nur Billy und sonst so Ikeazeugs drin. Da stehen maßgeschneiderte Wandschränke! Also richtig gute Sachen. Is ja klar. Und natürlich überlegt man sich dann auch, wen man in seine Wohnung lässt. Man will ja klug sein. Für Martenstein steht jedenfalls fest, wen er nicht in seiner Wohnung haben will: hundertausende Flüchtlinge.

Er schreibt: „Das, was Angela Merkel gerade mit Deutschland anstellt, würde kein Mensch mit seiner Wohnung tun. Selbst der gutmütigste Mensch der Welt würde sich doch, bevor er Gäste aufnimmt, die Frage stellen, wie groß die Wohnung ist, wie viele Gäste er aufnehmen kann, wie viele Mitbewohner seine Brieftasche und seine Nerven verkraften können und wer die neue Bewohner überhaupt sind.“

Ja, es muss schlimm sein, wenn man eine schöne Wohnung hat und dann Flüchtlinge ins Land kommen. Man bekommt Alpträume: Man sieht wilde, dunkle Flüchtlingskinder am eigenen teuren Kronleuchter schaukeln, man sieht matschige Schuhe im Treppenhaus, man sieht den leergefressenen Kühlschrank und überhaupt: vielleicht sind diese Leute ja langweilig oder man muss emotionale Beteiligung heucheln. Wo man sich das doch grade abgewöhnt hat. Es ist ein Elend.
Der arme Herr Martenstein! Die schöne Wohnung!
Aber vielleicht erbarmt sich mal ein Kollege von der Lügenpresse, also der korrupten Zunft in seiner unmittelbaren Umgebung, und erklärt dem Herrn Martenstein, dass seine Wohnung nicht akut gefährdet ist. Und das selbst eine Millionen Flüchtlinge für ein Volk von achtzig Millionen Menschen nicht sooo viel sind. Sowas weiß man ja aber auch eigentlich, wenn man klug ist, und nicht nur drüber schreibt…

Dieser Beitrag wurde am 3. November 2015 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 14 Kommentare

14 Gedanken zu „Die Wohnung des Herrn Martenstein

  1. oh jeah, das spricht mir so aus dem Herzen. Es ist ja nicht nur der Herr M., der jammert. Irgendwie jammert alle Welt: Vom Hausmeister bis zur Schwiegermutter. Alle wollen es nicht schaffen, dabei sind sie gar nicht beteiligt. Kurz, sie tun ja gar nichts. Aber jammern. Der Islam ist schuld, die Asylanten sind alle Verbrecher, obwohl bisher nur die Einheimischen massiv durch Verbrechen auffallen. Und die ganzen Geschichten, die erzählt werden, Grimms Märchenbücher sind ja nichts dagegen: Freies Einkaufen, Vergewaltigung, Putzfrau ohne Kopftuch die Treppe herunter. Nichts ist wahr, aber es ist so schön, wenn man dazu jammern kann. Jammerdeutschland. Deswegen: Einführung der Monarchie und die Prinzessinnen an die Macht!!!

    Euer treuer Untertan Isí

  2. Wenn es die Hausmeister und andere arme Leute wären, die jammern, könnte ich ja noch irgendwie Verständnis heucheln. Die markenbeklamotteten Pegidioten sind aber eher die, die noch vor anderthalb Jahren den Hausmeistern, Rentnern und Hartzis die Butter auf dem Brot nicht gönnten.

    • Lieber Ralf, ich war vor einem halben Jahr zufällig an einem Montag in Dresden und habe es mir nicht nehmen lassen, mir den Pegida-Zoo selbst anzusehen. Markenklamotten gab es natürlich, insbesondere auch einige „einschlägige“ Marken, aber bei den meisten Menschen dachte ich, sie zelebrieren das Wirsinddasvolkgefühl durch Aufgehen in der Mode Ostdeutschlands im Jahre 1989. Vergiss es also mit „markenbeklamotteten Pegidioten“.

    • Äh, nein. Martensteins Ergüsse sind nicht amüsant zu lesen. Finde ich wenigstens. Ich lese zwar nicht ZEIT, aber gelegentlich den Tagesspiegel, wo man auch auf diesen Herrn stößt. Das Geschreeibsel ist nicht amüsant, sondern selbstgerecht und von einem erschütternd beschränkten Horizont geprägt.
      Die einzige Hoffnung: Der Tsp ist so klamm, dass es bis auf weiteres keine Aufträge an Freie Mitarbeiter gibt.

    • @Klaus das einzig witzige an Martenstein ist die Tatsache, dass er das was du „Ironie“ nennst ernst meint. m( Und selbst das ist nur so tragisch komisch, wie wenn jemand „lustig stolpert“, man laut lacht und sich dann doch schämt weil derjenige sich verletzt hat…

      Und wenn du über die Vorstellung von Hm als Bademeister nicht lachen kannst, hast du entweder noch keine seiner vermeintlichen Kolumnen gelesen oder fällst im weitesten Sinne unter den Begriff „humorlos“…

  3. Richtig gute metaphorische Darstellung der meisten „Besorgten Bürger“.
    Kann doch nich angehen, dass wir hier Menschen aushalten müssen, die vor Not und Elend fliehen.
    Natürlich kommen die auch nur hierher, weil Merkel die eingeladen hat. Wenn sie das nicht getan hätte, wären die doch sicher an der Staatsgrenze wieder umgekehrt.

    • @ Torsten: Mir ist klar, dass der Herr Martenstein glaubt, Glossen zu schreiben. Es gelingt nur nicht, die Pointen sind abgeschmackt, die Satire geht nicht als solche durch, denn man nimmt dem Herrn M. durchaus ab, dass er meint, was er sagt.

  4. Oh ja, ich bin dieses Gejammere auch so dermaßen Leid. Reißt Euch mal zusammen und wahrt die Relationen, möchte ich rufen. Allein, es nutzt ja eh nichts. „Man muss die Sorgen der Menschen ernst nehmen.“? Wirklich? Auch den größten Blödsinn? Und wenn alle Angst hätten, dass wir vom grünen Spaghettimonster gefressen werden?

  5. Das geht ja hier gegen Martenstein und ich hab kaum n Problem mit seiner Kolumne, in der Zeit, eine Perspektive von hunderten so schlimm ununterhaltsam ist er auch nicht und ihn ernster zu nehmen, als irgendeinen dahergelaufenen von der Straße muss ich ihn auch nicht, entweder ich mag seine Perspektive oder eben nicht, dann halt ne andere reinziehen. Wenn es von einer Sache genug gibt dann sind es Meinungen, Perspektiven und Ansichten. Verstehe nicht warum er als Einzelperson es verdient hat ihn so wichtig zu nehmen das man sich seine Texte reinzieht, wenn man sie nicht mag …

  6. Sagt mal, Leute,

    was reitet Euch eigentlich, Euch an einem 12 Jahre alten Martenstein-Kommentar abzuarbeiten. Habt Ihr nichts zu tun?

    Unabhängig davon: Mir gefällt Martenstein, ich mag seine Art von Humor. Falls im Kommentar von Prinzessin Ramona Humor enthalten sein sollte, ist er mir entgangen. So ist das nun mal: die Geschmäcker sind auch beim Humor verschieden. Das man deswegen so ein Gegifte in die Welt setzen muss verstehe ich nicht.

  7. Der Text zu den Flüchtlingen und seiner Wohnung ist aktuell. Der von 2003 zeigt, dass Herr M. schon seit langer Zeit ein selbstverliebter Schwätzer ist. Viel ichichich, das er für irgendwie interessant hält. Manche seiner Texte sind gut, wenige finde ich super, zu viele enthalten aber tatsächlich zu viel selbstbezogene Halbgedanken und Eitelkeiten.

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