Von @tante
Als ausgewiesene Rettungsexpertinnen (Journalismus, Marienkäfer) sind die Prinzessinnenreporter natürlich immer interessiert, wenn es etwas zu retten gibt. Ist ja quasi Kernkompetenz.
So war es offensichtlich, dass wir hellhörig wurden, wenn in den letzten Monaten immer wieder die Rettung bzw. die “Disruption” des Finanzwesens (vor wem eigentlich? Und will man das überhaupt retten?) durch “Bitcoin” angekündigt wurde. Natürlich haben wir schon so unsere Erfahrungen mit Rettungsprojekten irgendwelcher Jungs gesammelt, so dass wir skeptisch waren, aber auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Daher waren wir sehr dankbar, dass David Golumbia sich die Arbeit gemacht hat, diesem Huhn (ja, Bitcoin ist ein Huhn, Konzentration bitte!) auf den … Schnabel … zu fühlen.
In “The Politics of Bitcoin” analysiert Golumbia die ideologischen Grundlagen, auf denen die Annahmen der Bitcoin Fans und Fürsprechenden basieren. Der Untertitel des Buches, “Software as Right-Wing Extremism”, nimmt allerdings ein wenig die Spannung raus: Bitcoin ist rein ideologisch irgendwo zwischen Donald Trump und Ayn Rand angesiedelt.
Die zugrundeliegende Technologie (die so genannte “Blockchain”), welche im Prinzip einfach nur eine vollständig öffentliche Liste aller getätigten Transaktionen darstellt, kann ganz abstrakt betrachtet durchaus in weniger zweifelhaften Kontexten eingesetzt werden. Aber – wie Golumbia darstellt – ist die Welt eben dann doch oft eher konkret: Die Bitcoin-Fans lehnen ganz in der Tradition der fehlgeleiteten und überholten Thesen von Milton Friedman Staat grundsätzlich ab. Tyrannei und so. Das hier allerdings oft herangezogene Konzept des Anarchismus hingegen dürfte wenig Lust haben, mit den neoliberalen Bitcoin-Kids zu spielen: Die Technologie sorgt dafür, dass mächtige Gruppen sehr effektiv Menschen von der Nutzung der Blockchain ausschließen können, in dem sie ihre Transaktionen einfach ignorieren. Da hat man also dann ne handvoll dieser komischen Bitcoins rumliegen und plötzlich kann man sie nicht mehr ausgeben.
Golumbia geht in seinem sehr lesenswerten Buch noch weiter, zeigt auf, warum Bitcoins so einiges sind, aber eben kein Geld, führt die Spuren der Bitcoin-Ideologen zurück auf diverse rechte und libertäre Vordenker, zeigt die Missbrauchspotentiale auf und streift (leider etwas oberflächlich) den strukturellen Antisemitismus der Bitcoin-Afficionados.
Am Ende des knappen Büchleins bleibt das über, was wir als Rettungsexperten schon gewohnt sind: ein ganz unprinzessinnenhaftes Ponzi-Schema einer handvoll sehr laut kreischender Jungs. Ein bisschen, als hätte man sich Eier-Avatare auf Twitter in die Mentions eingetreten.
Wir winken huldvoll ab und bewerten das Buch von David Golumbia mit 5 Glitzersternchen und Bitcoin mit null Erdbeerkuchen.