Hallo 21. Jahrhundert!

Katze Minka: Gehört nicht zum gehobenen Milieu. Eher zum gehobenen Miau. Und erst einmal geflogen – aus Versehen aus dem ersten Stock

Das Klima taumelt, die Erde schmilzt, aber solange das Grundeis, auf das der Arsch bald geht, noch einigermaßen trägt, lässt man sich in den gehobeneren Milieus den Spaß nicht verderben.

Von unserem radfahrenden Zeremonienmeister Fritz Tietz

„Einmal im Jahr muss ich nach Asien“, musste man deshalb neulich in der taz lesen. „Ich liebe Vietnam, Laos, den Norden von Thailand, Myanmar, Taiwan, Indien, Sri Lanka, Kambodscha … Ich liebe die Farben dort, die Gerüche, die Menschen, die andere Kultur. Die Hitze, wenn der Schweiß an den Innenseiten meiner Schenkel herunterläuft …“ Es sind die Schenkel und der Schweiß von Simone Schmollack, von denen ihr langer Redefluss da ging, und auch sonst scheint’s bei der langjährigen Taz-Redakteurin zu laufen: „Im Sommer fahre ich nie weit weg, sondern immer an denselben Ort, in ein kleines Dorf im Wendland in Niedersachsen,“ schwärmte sie, denn dort habe sie alles, was sie brauche: „Ein Bett, eine Espressomaschine, Fahrräder, Wald, Felder, Wiesen, einen See. Wahnsinnig nette Nachbarn und Ruhe.“ Lediglich die leidige Sache immer, „wenn man sich am Jahresanfang festlegen soll, wann man im Sommer Urlaub machen will,“ scheinen ihr etwas auf’s Gemüt zu drücken. Aber wer hat diese Probleme nicht?

Auch die taz-Redakteurin Johanna Roth kennt ihre Vorlieben so genau, dass sie lieber eine Fernbeziehung führt als aufs Sparen zu verzichten: „Solange die Deutsche Bahn sich außerstande sieht, einer Person mit Bahncard und Fernbeziehung wenigstens ein ähnliches Preisniveau zu bieten wie Lufthansa und Eurowings anstatt mindestens das Doppelte … versuche ich zu sparen, indem ich die Strecke nach München zweimal im Jahr fliege, statt wie sonst grummelnd den günstigsten Zug um halb 5 Uhr morgens zu buchen“, grummelte sie in einer taz-Kolumne. Flight-Shaming wirke deshalb bei ihr nicht – und überhaupt: „Klimaschutz muss man sich leisten können … Ich fliege derweil nach Nashville … See you in October“, verabschiedet sie sich Ende Juni.

Kersten Augustin, ebenfalls taz-Mitarbeiterin, setzt noch mal ganz andere Spaßpräferenzen: „Neulich wollte ich einen Wischmop kaufen. Im Baumarkt sollte der Lappen 19,90 Euro kosten. Ich zog mein Handy raus. Zwei Stück für 8,99 Euro. Lieferung bis heute Abend.“ So feierte er seine Schnäppchenjagd auf dem Taz-Titel. Die Freude, für nicht mal den halben Preis eines Baumarktmops gleich zwei Amazon-Feudel geschossen zu haben, dürfte ihm beim Notieren an der Innenseite seiner Schenkel hinab getropft sein, so enthusiastisch kommt sein Lob des Quasi-Monopolisten. „Hallo 21. Jahrhundert!“ ist es, gleich einem Weckruf, überschrieben. Und überhaupt: „Digitalisierungsängste auf Amazon reduzieren, ist antiamerikanisch (Warum boykottiert ihr nicht den Otto-Versand?)“

Oder die taz?

 

 

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