Zum Ende von „Servus TV“ ein Kommentar von Bernhard Torsch.
Die Prinzessinnen und ihr Hofstaat sind den Sorgen der gewöhnlichen Leute weitgehend enthoben. Man lebt im Schloss und der Katzenkratzbaum von Prinz Kasimir wird jeden Jänner aus New York importiert, wo er zuvor ein Christbaum gewesen ist. Ein kleines Dankeschön aus den alten Kolonien. Geld ist für Prinzessinnen nur ein Thema, wenn sie diebisch grinsend Negativzinsen beschließen, um die deutschen Sparer zu verhöhnen, oder es den feschen Griechen schenken.
Dennoch sind wir nicht frei von Mitgefühl. Wie uns zugetragen wurde, sperrt der Brausefabrikant Dietrich Mateschitz seinen österreichischen Fernsehsender „Servus TV“ zu. Red Bull stutzt demnach 264 Mitarbeiterinnen die Flügel. Neben eher mauen Einschaltquoten soll den Koffein-Oligarchen vor allem eine E-Mail, in der die Gründung eines Betriebsrats angeregt wurde, zu diesem Schritt veranlasst haben. Da half es auch nicht, dass die Angestellten von Servus TV unter Tränen beteuerten, von diesem klassenkämpferischen Teufelszeug nichts wissen zu wollen.
Wie allzu viele Bürger, die zu allzu viel Geld gekommen sind, verhält sich Mateschitz so, wie es nur Prinzessinnen zusteht: Launisch, impulsiv und autoritär. Doch was bei Edelfräulein einen Teil ihres entzückenden Charismas ausmacht, wirkt bei Räuberbaronen um einiges weniger sexy. Freilich wollen wir Milliardären nicht ihr Recht auf Willkür im Umgang mit ihrem Privateigentum absprechen. Das wäre Aufgabe des lieben Volkes, das hierzu, wie die Geschichte zeigt, durchaus Möglichkeiten hätte. Da dieses Volk aber die unschöne Neigung hat, sehr reich gewordene Menschen über jedes gesunde Maß hinaus zu glorifizieren, vielleicht in der eher unrealistischen Hoffnung, selber irgendwann mal Milliardär zu werden, hält es die Idee, die ganz doll Reichen zu ein bisschen mehr sozialer Verantwortung zu zwingen, für eine viel schlechtere, als zum Beispiel Arbeitslose zu quälen oder Kriegsflüchtlingen Molotowcocktails in die Fenster zu schmeißen.
Unsere Nasen rümpfen wir misstrauisch ob des Zeitpunkts, den Mateschitz für das Zudrehen seines Fernsehsenders gewählt hat. Es ist in Österreich gerade ein Wahlkampf im Gange zwischen einem sehr rechten und einem bürgerlich liberalen Kandidaten. Mateschitz´ berühmtester Stallbursche Felix Baumgartner unterstützt den Rechten und wünscht sich für die Alpenrepublik eine „gemäßigte Diktatur“, also eine Staatsführung, die mit dem Land und seinen Bewohnerinnen in etwa so umspringt wie Mateschitz mit seinem Firmenimperium und seinen Lohnabhängigen. Kurz vor dieser Abstimmung, auf die die Zuschreibung „Richtungswahl“ wirklich zutrifft, über 250 Menschen arbeitslos zu machen und so zur immer schlimmer werdenden Angststörung im Lande beizutragen, ist wohl weniger unpolitisch, als manche wirtschaftsliberale Untertanen meinen.
Den bald arbeitslosen Kolleginnen von Servus TV aber rufen wir zu: Verzagt nicht! Sobald wir die größten Medienzarinnen von Gottes Gnaden sein werden, werden wir uns Euer huldvoll erinnern.
Update: In einer Wendung, die atemberaubend zu nennen wir uns nicht schämen, hat Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz nun angekündigt, seinen österreichischen Fernsehsender Servus TV doch weiter bestehen zu lassen. Wie uns zugetragen wurde, hat ihn unser Tadel dermaßen beschämt, dass er die Kündigung von über 250 Mitarbeitern rückgängig machte. Angeblich spielten dabei auch die Beteuerungen von Beleg- und Gewerkschaft eine Rolle, in dem Unternehmen keinesfalls einen Betriebsrat installieren zu wollen, doch das wollen wir nicht glauben. Wir glauben lieber, dass dies alles allein unser Verdienst ist. Ein Verdienst unter vielen im royalen Kampf für den Qualitätsjournalismus. Wir werden uns selber einen Orden am Bande verleihen.
Sehr witzvoll das alles: Gestern hat die Belegschaft auf den Betriebsrat verzichtet, und schwupps schon war der Sender gerettet.