Fünf Tipps für künftige Qualitätsleser

Screen Shot 2015-04-07 at 3.05.05 PMEin Gastbeitrag von Benjamin Weissinger

 

Guter Journalismus fängt beim Leser an. Deshalb hat mir die Initiative der Prinzessinenreporter sofort eingeleuchtet. Da ich sowohl das Lesen als auch das Schreiben von der Pike auf gelernt habe, kann ich einige wertvolle Tipps geben, über die man allerdings ein bisschen nachdenken muss, denn das ist auch schon eines der grundlegenden Probleme der heutigen Mediengesellschaft: Niemand denkt mehr richtig nach. Ich werde zwar kurze Hinweise geben, in welche Richtungen gedacht werden muss, aber ich werde nichts vorkauen. Hier also meine fünf Punkte.

1. Frage nicht, was Du lesen willst. Frage, was Dich lesen will.

Hinweis: Sprache und Texte sind ein Spiegel unserer Zeit, in dem wir uns selbst wiedererkennen. Gute Texte/r finden uns, wenn wir durch diesen Spiegel hindurchschreiten, ohne es zu merken etc)

2. Stelle die falschen Fragen einfach, um in Antworten das Falsche richtig werden zu lassen.

Hinweis: Die Informationsflut ist heute unübersehbar, man muss filtern, um an das genießbare Nass heranzukommen. Wer nur die üblichen Segelrouten wählt, kommt nicht zu den Meerestiefen durch, in denen sich die wahren Schätze verbergen. Biege falsch ab, lass Dich treiben, geh auch mal unter! Doch nicht jede Untiefe hilft wirklich weiter. Wenn der Sauerstoff knapp wird, werdet ihr es erkennen. Aber das Auftauchen nicht vergessen. Das ist übrigens eine einzige große Metapher.

3. Erkenne das Spannungsfeld zwischen Wahrheit und Klarheit

Hinweis: Im Meinungsdickicht wirkt vieles beliebig, dann wieder lärmt die Apodiktik. Einfaches wird oft zu kompliziert, Vielschichtiges heruntergebrochen. Die Wahrheit verbirgt sich, ohne dass es sie überhaupt geben muss. Die Klarheit zeigt auf, kann aber auch täuschen. Genau im Zusammenspiel dieser beiden Faktoren entfaltet sich ein guter Text.

4. Spüre die Synergien von „On“ und „Off“ und wechsle die Geräte

Hinweis: Gute Texte entfalten sich oft nur dann, wenn sie in angemessenen Umgebungen gelesen werden. Das Unterbewusstsein spielt hier eine große Rolle. Niemand liest gerne in traurigen Löchern, in denen viele zu hausen haben. Ein Refugium kann die Natur oder ein besseres Restaurant sein, doch auch eine Hotelsuite sollte man sich ab und an leisten können. Genieße zudem die Vielfalt: Smartphone, Tablet, Ultrabook. Auf allen sehen Texte nicht nur anders aus, sie sehen Dich auch anders an! Selbst auf manchen Uhren kann man heute problemlos die Zeit lesen.* Dies alles zu besitzen ist mehr als nur angebrachter Luxus, es ist der Schlüssel zur Durchdringung.

5. Wenn etwas noch nicht richtig ausgereift ist: Vertraue darauf und investiere möglichst viel auf einmal

Hinweis: Man kann es gar nicht oft genug betonen: Der Onlinejournalismus ist kaputt. Wer etwas aufbaut, den durchfließt das Morgen. Schon der Weg ist ein Teil des Ziels. Deshalb ist gerade das Unfertige der Zug, auf den man heute aufspringen muss. Gleichzeitig lesen und zahlen verbindet sich hier zu einem zeitgemäßen Handeln.
*diese geistreich-doppeldeutige Verwendung des Wortes Zeit nennt man Bonmot

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