Leitfaden zum Umgang mit säumigen Autoren

w6Von PR♕-Redakteurin Marit Hofmann (aus fadenscheinigen Gründen zwei Monate nach dem vereinbartem Termin verfaßt)

Für ein angenehmes Arbeitsverhältnis muss die Auftraggeberin zunächst herausfinden, zu welchem Abgabe-Typ (Mischformen möglich) ein neuer Autor gehört. Um das Wertesystem eines neuen Autors inklusive seiner Einstellung zu guten alten Dingen wie Arbeitsdisziplin zu testen, geht man so vor: Man setzt ihm einen (sehr frühen, sicher ist sicher) Abgabetermin und wartet ab, was passiert.

Langjährige Erfahrung ergab folgende Kategorisierung:


1) Der gewissenhafte frühe Vogel (ja, auch den gibt es, leider rar) wird weit vor dem Termin einen bereits mehrfach korrekturgelesenen, perfekt formatierten Text inklusive Vorschlägen für Überschrift und Illustration einreichen, nicht ohne sich für seine Überpünktlichkeit auch noch zu entschuldigen: „Dann hab ich’s vom Tisch.“ Gern behauptet der Gewifrüvo vorher, er wisse nicht genau, ob er den Termin wirklich schaffe – eine Aussage, die man bei ihm im Gegensatz zu allen anderen Abgabetypen nicht ernst nehmen muß. Wunderbar, das nächste Mal können wir dem Gewifrüvo sogar die wirkliche Deadline verraten – er wird sie verlässlich unterschreiten.


2) Auch auf diesen Felsen können Sie bauen: Den Text der Punktgenauen findet man auf die Minute des vereinbarten Termins im Postfach – es sei denn, sie hat Schnupfen, Dann kann es – „sorry, hoffentlich bringt Dich das nicht in Schwierigkeiten!“ – schon mal 20 Minuten später werden.


3) Der Ichlassmichdochnichthetzen ruft einem Tag vor Abgabe an, um mehr Zeit rauszuschlagen. Einstiegsfrage des Ilamidonihe: „Wann soll ich eigentlich noch mal abgeben? – Schon morgen?! Kann ich nicht noch das Wochenende haben? Morgen krieg ich nämlich Besuch, und ich hab das Buch/die Platte/den Film/das Thema noch gar nicht gelesen/gehört/gesehen/erfunden (Zutreffendes bitte ankreuzen).


4) Den creative Retardierern indes muß man hoch anrechnen, daß sich ihre Kreativität zwar (zunächst) nicht in dem bestellten Text, dafür aber in originellen Entschuldigungen niederschlägt: „Du glaubst nicht, was mir passiert ist, eine Silvesterrakete hat meine Schreibhand getroffen – und das mitten im Sommer!“, „Mein Dackel hat meinen USB-Stick gefressen, und ich muß jetzt warten, bis er wieder raus …“ Doch auch mit ihnen kann man sich, wenn man den Retardis ein wenig auf die Sprünge hilft bzw. die Alternative in Aussicht stellt (ich sage nur: Erdbeerminen), am Ende doch noch auf eine akzeptable Frist einigen ebenso wie mit


5) den Tränendrüsedrückern: „Meine Freundin hat mich heute verlassen“, „Mein Meerschweinchen ist gestorben“ – Hier ist die Redakteurin als Therapeutin gefragt. Die Deadline wird zur Nebensache, die man allerdings als gute Ablenkung von Liebeskummer und Malaisen aller Art verkaufen kann.


6) Die Hardcore-Princess sagt, wenn man ihr Thema und Abgabetermin nennt, sofort mit einem „na klar, kein Problem“ zu. Von ihr hörst du nie wieder etwas, solange du nicht nachfragst. Dann kommt ein „Oh, vergessen. Bis wann hab ich Zeit?“ Und sie wird in rasanten Tempo einen atemberaubenden Text hinlegen. Der Hacopri braucht man nur Deadlines, die nicht über 3 Stunden hinausgehen zu geben. Sie braucht nun mal das Adrenalin.


7) Der radikale Hinhalter hat im ungünstigsten Fall irgendwie (Spyware?) die wahre ultimative Todeslinie herausgefunden, die aber für keine Redaktion dieser Welt einzuhalten wäre, wenn sich alle Autoren so benähmen wie der Radihiha: „Hier, ich hab schon den Vorspann fertig. Rest kommt morgen. Ich schwör!“ Morgen kommt: nichts. Hier hilft nur, wenn überhaupt etwas hilft, 24-Stunden-Mail- und -Telefonterror, und, so leid es mir tut, Überwachung via soziale Netzwerke („Wie bitte, Du willst heute an der Party der glücklichen Prokrastinierer teilnehmen? Setz Dich gefälligst an den Schreibtisch!“)


8) Der DÜK (Deckeübernkopf), auch Godot genannt: Meldet sich nicht, antwortet nicht auf Nachfragen, ist unbekannt verzogen. Conclusio: Wir müssen den Autor ab- bzw. den Text selbst schreiben. Dem DÜK verdanken wir einige unvermutete Kreativitätsschübe.


Fazit: Mit allen Autorentypen läßt sich wunderbar arbeiten, man muß sie nur zu nehmen wissen – und klitzekleine Nervenzusammenbrüche einkalkulieren.

Dieser Beitrag wurde am 11. November 2015 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 8 Kommentare

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