Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.
Heute ausgefüllt von Sebastian Riemer.
Er ist Redakteur in der Stadtredaktion Heidelberg der Rhein-Neckar-Zeitung
1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?
Das muss eine oder einer von diesen fünfen gewesen sein: Tom Kummer, Meike Winnemuth, Harald Martenstein, Franz-Josef Wagner oder Stefan Niggemeier. Warum? Weil alle fünf außergewöhnlich schrieben – und mit Ausnahme von Wagner auch aufregend und erhellend. Später hat mich aber am meisten Constantin Seibt mit seinem Blog „Deadline“ beeindruckt.
2) Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?
Das ist eine Schlagzeile, die leider nie erschien. Nachdem ich den damaligen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel bei einem PR-Termin bei McDonald’s in Heidelberg begleitet hatte, wählte ich für meinen leicht satirischen Artikel die eher öde Überschrift „McNiebel“. Mein Kumpel Chrissi fragte mich nach Erscheinen, warum ich nicht darüber geschrieben hätte: „Niebel zeigt sich burgernah“. Was soll ich sagen? Er hatte Recht. Damit hatte ich die beste Überschrift meines Lebens leider verpasst.
3) Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?
Mein peinlichstes Erlebnis war nicht bei einer PK, sondern bei einem Ortstermin. Ein Krankenhaus war umstrukturiert worden, die Leitungsebene führte mich durch die Klinik. „Sie können sich auch den OP anschauen, da wird aber gerade operiert“, sagte der Chefarzt. „Kein Problem“, sagte ich. Wir gingen rein und ich sah, wie ein Ärzteteam gerade einem Mann mit mittelalterlichem Besteck in der Schulter herumbohrte – so jedenfalls meine Erinnerung. Ich fiel um, direkt neben den sterilen Tisch. Als ich wieder zu mir kam, schauten alle wichtigen Ärzte der Klinik – rund 100 Semester Medizin – lächelnd auf mich herab. Und unser Fotograf hielt drauf. Seitdem bin ich in der Redaktion der Experte für Krankenhaus-Termine.
4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?
Durch Verlage.
5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?
Dann lieber in die Journalisten-Hölle, um mit Hemingway zu saufen.
6) Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?
Franz-Josef Wagner.
7) Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?
Fußballprofi, Zoodirektor, Astronaut und Paläontologe – als Sechsjähriger.
8) Dein Wunschinterviewpartner/in?
Kim Jong-un.
9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleinige/r Chefredakteurkönig wärst? Und wie würde sie heißen?
Dunkelblaue Schrift auf leuchtend weißem Grund (Wer braucht schon Recyclingpapier?); gestochen scharfe Fotos; keine Ressorts; keine Nachrichten; hochgradig tendenziös in alle Richtungen; inkonsequent; Gastkommentare von Joachim Sauer, Miley Cyrus, Peter Singer und Sepp Blatter. Wie sie heißen würde? Vielleicht „Hammelsprung“. Oder „Mager“. Oder „Große Trübsal“.
10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät er schreiben?
Für „Atheismus heute“.