Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (43)

Roland Kaufhold

Roland Kaufhold

Ausgefüllt von Roland Kaufhold

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und wir lassen nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.

Roland Kaufhold ist Publizist und Journalist und Herausgeber zahlreicher Studien u.a. zu Emigrationsforschung der Psychoanalyse, Rechtsextremismus und Antisemitismus,  Israel und Judentum in Deutschland, siehe  http://roland-kaufhold.blogorio.com/


1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorenamen über oder unter einem Text – wann hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?

Das ist Paul Parin, der linke Schweizer Psychoanalytiker und Schriftsteller, leider 2009 verstorben. Ihn habe ich im Philosophieunterricht gelesen, in der 12. Klasse. Sein Stil, aber auch seine außergewöhnlicher Lebensweg und seine gelegentlichen, leidenschaftlichen Interventionen haben mir gefallen. Mich beeindruckt. Seinen Namen habe ich mir gemerkt. Danach habe ich all seine neuen Bücher, meist Erzählungen und Lebenserinnerungen, teils psychoanalytisch-gesellschaftstheoretische Bücher, unmittelbar nach ihrem Erscheinen gelesen. Und ich habe über sie geschrieben. Paul Parin, der ja damals, in den 80er und 90er Jahren, insbesondere innerhalb der undogmatischen Linken ein recht bekannter Autor war, hat mir auf meine Besprechungen immer sehr nett und interessiert geantwortet. Und hat sogar Bemühungen auf sich genommen, meine Anschrift heraus zu bekommen.
Später habe ich ihn zweimal hier bei Lesungen erlebt, da war er gleichfalls sehr aufmerksam, obwohl er eigentlich recht umlagert war, von Fotografen, von Interessierten. Seine Schriften und seine Interessen, seine Aufmerksamkeit, seine Schnelligkeit und seine vielfältigen Prägungen haben mich wohl früh maßgeblich geprägt, ermutigt.
Dieses Jahr wäre Paul Parin übrigens 100 Jahre alt geworden.
2) Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?

„Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?“ aus der Titanic, vor 14 Jahren. Das ist schon eine verdammt gute Schlagzeile. Das bringt es schon auf den Punkt – gerade wenn es um den allgegenwärtigen Antisemitismus gewisser „Linker“ geht. Und sehr amüsant. Wenn ich mal „down“ bin oder ‘ne Schreibblockade habe, versuch ich, an diese Schlagzeile zu denken. Das „hilft“!

3) Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?

Ich geh eigentlich nie auf Pressekonferenzen. Die Barschel-Pressekonferenz, mit seinem Ehrenwort, die hatte aber schon was. Und eine Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit wollte einmal ausgerechnet Martin Walser zum Festredner ernennen. Die Ankündigung dieses Events (der „leider“ nicht zustande kam…), die wäre schon interessant gewesen.

4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?

Mit Seichtigkeit, Populismus, ausschließlicher Orientierung an der Tagespolitik. Das ist langweilig und inhaltsleer. Und mit Wikipedia-Wissen – also jetzt nix gegen Wikipedia …

5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?

Einen Himmel, in dem man Harry Rowohlt treffen kann, wie er stundenlang aus seinen Werken vorliest. Oder ein Treffen mit Astrid Lindgren, zu dem sie ihre fantastisch-vielfältigen Bücher und Lebenserinnerungen mitbringt. Und anschließend auf einen Baum klettert.

6) Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?

Eigentlich ist es jedem selbst überlassen, sich lächerlich zu machen. Jakob Augstein ist in seiner Selbstverliebtheit und Impertinenz schon hart zu ertragen… wobei es eigentlich sehr traurig ist, dass „uns“ sogleich nur dieser Dauertrommler, dieses „Sturmgeschütz der Israelkritik“ einfällt, beim Nachnamen – und nicht sein sozialer Vater Rudolf … Jakob Augsteins selbstgerechter Salon-Sozialismus, seinem millionenschweren Erbe geschuldet. Sein antiisraelischer Furor, seine eindimensionalen Welterklärungen – wo man eigentlich immer schon vorher weiß, was dabei rauskommt.

7) Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?

Na, ich war 26 Jahre lang Sonderschullehrer – und nebenbei hab ich immer wie ein Irrer geschrieben. Das war ich eigentlich sehr gerne, solange ich kontinuierlich in einer Klasse arbeiten konnte. Aber nun kommt halt was Neues. Auch super.
In einem Café arbeiten, ab und zu, das wäre doch was.

8) Deine Wunschinterviewpartner/in?

Ich mache keine Interviews – oder nur ganz selten. Ich höre gerne klugen und netten Leuten zu.
Zuhören, ab und zu was einwerfen, das genügt.

9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleiniger Chefredakteurkönig wärst? Und wie würde sie heißen?

Das wäre langweilig. Und Chefredakteur wär nichts für mich. Ein guter Cartoon gehört auf jeden Fall dazu, davon würde ich nicht abweichen. Entweder ganz weit vorne oder am Ende.

10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?

Vielleicht würde sie eine neue Zeitung gründen? Ich glaube, sie würde sich weder mit dem Domradio noch mit Publik Forum (ich glaub, die gibt’s noch) begnügen. Aber Gott würde diesen Berufsstand wohl eher meiden.

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