Die AfD & journalistischer Unfug – Hauptsache Schlagzeilen?

krone
Von unserer Gastprinzessin Christian Ditsch
Liebe mediale Kolleg*innen,

so langsam finde ich den Unfug, den ihr mit der AfD veranstaltet, und die gespielte Aufregung um deren Äusserungen nur noch albern. „AfD-Vize beleidigt Boateng“, „Rassistische Äusserung von AfD-Vize“, uswuswusw.
Ja, was erwartet ihr eigentlich, wenn ihr Menschen wie Gauland, Storch, Petry, Bachmann, Höcke ein Mikrofon oder eine TV-Kamera vor die Nase haltet? Wohlformulierte Gedichte und blumige Prosa über das friedliche Zusammenleben von Menschen?

Ihr macht seit der Gründung dieser ehemaligen Kleinstpartei nichts anderes, als diesen Menschen ein Podium für ihre rassistische Weltanschauung zu geben und, wenn sie euch diese Anschauung dann gesagt haben a) diesen Mist zu veröffentlichen und b) euch künstlich zu echauffieren, dass die diesen Mist gesagt haben. Jaja, dass kann alles mit Journalismus und so (v)erklärt werden. In der Art wie: „Die Menschen wollen das wissen“ und „Wir müssen doch darüber berichten“ und so weiter. Jaaaa, klar. Wenn ihr einer Kuh ein Mikro vor den Arsch haltet, wird sie irgendwann bestimmt furzen. Ist auch eine Meldung und interessant ist sie auch. Zumindest für die Schmeissfliegen, die den Geruch mögen.

Und dann dieser Unfug, der aus den Schlagzeilen wie „Gauland beleidigt Boateng“ spricht. Jérôme Boateng ist ein Berliner, der in Charlottenburg groß geworden ist! Gauland beleidigt somit alle Charlottenburger, Berliner, …

Manchmal habe ich den Eindruck, als ob es ein Wettrennen unter euch medialen Kolleg*innen gäbe, wer jetzt grade den tollsten, rassistischen O-Ton von einem der von euch so Hofierten in den Medienwald werfen kann. Da kommt dann auf die Frühkonferenz der Journalist / die Journalistin und wedelt mit dem Interview, der Videokassette, dem Tonband und ist freudig erregt, über den rassistischen Mist, der (von den Interviewten wohlkalkuliert!) ins Mikrofon diktiert wurde – „Das hat noch kein Anderer!“ Und im Wettlauf um den Preis der tollsten Schlagzeile muss der Mist dann tatsächlich auch noch veröffentlicht werden. Merkt ihr eigentlich, dass ihr nichts weiter als ein Vehikel für den Rassismus seid, der da via Medien verbreitet werden soll? Den Gaulands, Höckes, Storchs, Bachmanns ist es scheißegal, dass ihr Schlagzeilen wie „Rassistische Äusserung …“, „Storch will auf Kinder schießen“, „… beleidigt Boateng“ usw. produziert. Ihr bringt ihren Rassismus frei Haus in die Wohnzimmer der AfD-Pegida-Gefolgschaft und die freut sich drüber.

Ich arbeite seit 30 Jahren als Fotojournalist und habe noch nie erlebt, wie eine rassistische Rechtsaußen-Kleinstpartei von den Medien derartig (mit) groß gemacht wurde, dass sie jetzt in Landesparlamenten mit über 20 % der abgegebenen Stimmen sitzt.
„Well done!“ könnte ich da sagen, muss mir dabei aber durchaus an die eigene Nase fassen. Denn ich bin da ebenso ein Teil des Problems wie die nach Schlagzeilen heischenden Kolleg*innen. Ich liefere die Bilder dazu.

Christian Ditsch ist Fotograf.
Dieser Text erschien zuerst auf seinem Blog, auf dem er normalerweise über seine Reisen und Arbeiten berichtet. Ihr solltet Euch dort unbedingt umschauen.

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