Lyrische Ernte 2

Die Jury im Prinzessinnenreporter-Headquarter (kurz: PR♕HQ) debattiert noch immer sehr intensiv darüber, welches der vielen entzückenden, in unserem Gedichtwettbewerb eingegangenen Gedichte, nun gewinnen soll. Kasimir verteidigt seinen Favoriten mit Zähnen und Klauen, Marit tänzelt noch immer zwischen den Zeilen und Leo findet, es sei einfach noch zu wenig Liebe dabei… Heute präsentieren wir unseren Untertanen dennoch ein weiteres Gedicht. Dieses kommt  von Peter Meurer:

Der blinkende Maschinensog
macht alle zu dummen Brüdern,
sabbernd im Kollektivmonolog,
einem Netz, geflochten aus Ködern.

Die Meinung ist nun Vorurteil,
Fertigware für das Selbstgespräch.
Verteilte Rollen sind wohlfeil,
Sich-Verweigern ungeheuerlich.

Kaum ist’s einmal eingeschaltet
bestimmt das Gerät die Nutzung.
Eh‘ sich Moral drüber entfaltet,
verfällt der Anspruch auf Haftung.

Schaut man Hämmer, Nägel, Pflüge
erkennt man deren Zweck.
Erliegt man formschöner Lüge
verschlingt einen der Otradek.

Internet ist ein Open-Air-Gefängnis,
das droht, uns ins Schlaraffenland zu setzen.
Versteht man Raum und Zeit als Hindernis
kann man wie Sascha Lobo hetzen.

Verband man „Werbung“ einst mit Liebe,
schafft sie jetzt unstillbaren Mangel
zum Sterben geborener Getriebe
im ungeschichtlichen Gerangel.

Menschenfresser bezeugen ihr Beileid,
Gefunkt schmeckt das Fleisch nicht bitter.
Unterhaltung ist Tendenzkunst der Zeit.
News, Porno, Krimi, davor zum Wetter.

Objekthirte ist ein toller Job,
in der Bukolik von heute
ist jeder Schäfer ein reicher Snob
und zugleich die verdiente Beute.

Dieb und Opfer haben keinen Gegenstand,
Überwachung schafft keine Lücke,
nur Daten im virtuellen Land,
Alter, Weltbild, Fingerabdrücke.

Ein Verbrechen nimmt kein Mensch mehr wahr,
kann man doch des Opfers Alibi bemüh’n:
Es besteht keine Gesundheitsgefahr
und nicht mal Geld muss man entzieh’n.

Psychologen geben Leben endlich Sinn.
Gut, dass das jemand übernimmt.
Glück ist ein wertvoller Gewinn –
so Merkel will, sei’s marktbestimmt.

Indes empfind‘ ich keinen Stolz,
wenn’s noch nicht soweit ist.
Know-How besteht nicht aus Holz,
das sich so leicht verbrennen lässt.

Ein Gespräch erfordert Unterschied:
Einer weiß Bescheid, der and’re nicht.
Wenn jeder dasselbe hört und sieht,
verliert die Freiheit an Gewicht.

Der Souverän ist so wie wir,
denn er raucht die gleiche Marke.
Konformismus bis zum Klopapier,
die Welt gehirnlos dank Reklame.



Schreibe einen Kommentar