Von Ruhr- und Fruchtbaron Robert Herr
ἔνθα δὲ δένδρεα μακρὰ πεφύκασι τηλεθόωντα, ὄγχναι καὶ ῥοιαὶ καὶ μηλέαι ἀγλαόκαρποι συκέαι τε γλυκεραὶ καὶ ἐλαῖαι τηλεθόωσαι. τάων οὔ ποτε καρπὸς ἀπόλλυται οὐδ᾽ ἀπολείπει χείματος οὐδὲ θέρευς, ἐπετήσιος: ἀλλὰ μάλ᾽ αἰεὶ Ζεφυρίη πνείουσα τὰ μὲν φύει, ἄλλα δὲ πέσσει.
„Darin wachsen Bäume, groß und üppig, Birnen und Granatäpfel und Apfelbäume mit ihren strahlenden Früchten und süße Feigen und reiche Oliven. Keine dieser Früchte verschwindet oder verdirbt im Winter oder im Sommer, sondern hält das ganze Jahr hindurch; und immer erweckt der wehende Westwind die einen zum Leben, während er die anderen reifen lässt.“
So spricht Homer in der 2800 Jahre alten Odyssee über die Birne, eine Frucht, die uns schon seit prähistorischen Zeiten begleitet. Im ältesten erhaltenen lateinischen Prosawerk De agri cultura (Über die Landwirtschaft) schwärmt der passionierte Politiker und Landwirt Cato der Ältere über die Vielseitigkeit der Birne und ihrer Einsatzmöglichkeiten, von der gewöhnlichen Birne, der anicianischen Frostbirne (die er besonders in Glühwein empfiehlt), der tarentinischen Birne, der Mostbirne, der Kürbisbirne und vielen weiteren Möglichkeiten.
Auch Plutarch berichtet in seinen Questiones Graecae (Griechische Fragen) begeistert vom Brauch der Bewohner der griechischen Stadt Argos auf dem Peloponnes, deren junge Burschen sich zu einem Fest zusammenfanden, sich Βαλλαχράδες (Wildbirnenwerfer) nannten und sich gegenseitig zur Feier der Birne zünftig selbige auf selbige warfen.
Auch heutzutage erscheinen noch Werke zur Lobpreisung der Birne, wie der hervorragende Aufsatz „Die Birne in Geschichte, Literatur, Populärkultur und Kunst“ von Jules Janick von der Abteilung für Gartenbau und Landschaftsarchitektur der Purdue University in West Lafayette, Indiana. Manchmal bezeichnen wir in Deutschland sogar unseren Bundeskanzler als Birne. Und nicht ohne Grund heißt das Utensil, dass uns ein Licht aufgehen lässt „Glühbirne“ und nicht etwa „Glühapfel“.
Die Birne stand immer im Schatten des Apfels und es war schon immer unverdient. Denn von der Birne führt kein Weg zurück zum Apfel. Seit tausenden von Jahren ist sie unsere stille, bescheidene immer bekömmliche und allzeit wohlschmeckende Begleiterin. Liebe Birne: Danke, dass es dich gibt!
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Außerdem hat die Birne – von hinten betrachtet – eine angenehm feminine Silhouette.