Anna und Lisa Hahner liefen beim Marathon in Rio Händchen haltend durchs Ziel und lächelten dabei. Presse und Sportfunktionäre fanden das ganz schlimm. Spaß beim Sport? Nicht in Deutschland!
In der „Welt“ gab Lars Walrodt den Ebenezer Scrooge der Sportkommentierung und schnaubte: „Doch geht es bei Olympia nicht um mehr als Medaillen? Ist nicht das Dabeisein und die Freude am Sport genauso wichtig? Unsinn! Die Olympischen Spiele sind das Treffen der besten Athleten, es geht um Höchstleistungen, um das Messen der Besten, die jedes Land entsendet. Wenn die Hahners gemeinsam ins Ziel laufen wollen, strahlend und Händchen haltend, dann können sie das gerne machen – auf dem Landhauslauf in St. Pölten oder dem Miss-Zöpfchen-Lauf in Solingen.“
Auch der Deutsche Leichtathletik-Verband kommentierte die Sache streng. DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen: „Es wirkte so, als absolvierten sie einen Volkslauf und nicht die olympische Entscheidung.“
Der Diskuswerfer Christoph Harting wurde ebenfalls geshitstormt, weil die deutsche Presse und die Social-Media-Brüllaffen vergessen haben, dass die Veranstaltung „Olympische SPIELE“ heißt, nicht „olympisches Völkerringen“ oder „Harte Deutsche zeigen es der Welt“. Weil er es wagte, bei der Siegerehrung und beim Abspielen der deutschen Hymne nicht zur Statue zu erstarren, war man ihm furchtbar böse.
Was läuft falsch mit einem Land, das es nicht erträgt, wenn Menschen menschliche Regungen zeigen, wenn Menschen lachen, Händchen halten oder tanzen, statt zäh wie Leder den Sport so ernst zu nehmen, als wäre er ein Stahlgewitter? Dieses Einschlagen auf Leute, die sich im Land der Weltmeister in Fußball, Export und Besserwisserei ihre Individualität erhalten haben, ist beunruhigend.