Nein, wir werden nicht anfangen, wie nun überall gefordert Trotteln verständnisvoll zuzuhören. Warum wir das nicht tun, erklärt Bernhard Torsch.
„Wir“, so tönen nun viele in den Feuilletons, hätten „uns“ Trump, Brexit und Orban und demnächst Le Pen und Hofer und die ganze rechtsextreme Scheißeflut selber zuzuschreiben, denn „wir“ seien arrogant geworden, hätten uns nicht mehr um die Sorgen und Nöte der „kleinen Leute“ gekümmert, sondern diese armen Dummerchen mit Gendern, Homo-Hochzeit und dem Verbot, Schwächere totzuschlagen, „überfordert“. Nur weil sie nach Konzentrationslagern und dem Vergasen von Minderheiten schrien, hätten wir brutal die Auschwitzkeule ausgepackt. Nur weil sie Faschisten waren, nannten wir sie Faschisten. Wie gemein von uns!
Das ist Bullshit. Faschist wird man nicht, weil man unterdrückt wird, sondern weil man Faschist sein will und andere unterdrücken oder töten möchte, so wie sich dem „Islamischen Staat“ nicht anschließt, wer gegen Unrecht protestieren will, sondern wer vorhat, zu morden, zu foltern und zu vergewaltigen. Die neuen Faschisten bekämpft man nicht, indem man sie in Talkshows einlädt oder Teile ihrer Forderungen umsetzt, sondern indem man ihnen Widerstand leistet, wozu zuallererst gehört, sie als das zu erkennen und zu bezeichnen, was sie sind. Der Faschist wird nicht weniger Faschist, wenn man ihm sein Faschist-Sein abspricht oder es sich wegwünscht. Er wird auch nicht weniger Faschist, wenn er nicht mehr der Faschismus-Definition von 1930 entspricht.
Das Kunststück der alten und der neuen Faschisten ist es, vormals realistische Menschen dazu zu bringen, ihre irrsinnige Umdeutung der Wirklichkeit zu glauben oder wenigstens teilweise für plausibel zu halten. Genau das passiert gerade wieder. So wie es in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nichts anderes als eine Wahnvorstellung war, die Juden würden die Welt beherrschen und vor allem die Deutschen knechten, so ist es auch wahnhaft zu meinen, Minderheiten wie LGTB-People, Feministinnen, Flüchtlinge, Künstler oder an Hochschulen aktive linke Bewegungen hätten die kulturelle Hegemonie errungen und würden nun die „Elite“ stellen, die über die brave Mehrheit herrsche. In Wirklichkeit haben sich Minderheiten, manche erfolgreicher als andere, nur gegen ihre andauernde Unterdrückung und Verfolgung gewehrt und in einigen wenigen Ländern der westlichen Hemisphäre ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und juristische Nicht-Benachteiligung ansatzweise durchgesetzt. Wem das „zu viel“ ist, wer das nicht zu ertragen können vorgibt, dem geht es nicht um eine fantasierte Bevorzugung von Minderheiten, sondern der will diese wieder benachteiligen und misshandeln dürfen. Genau das steckt hinter all dem „Das-wird-man-ja-noch-sagen-dürfen“-Geplärre. Und wer das will, dessen Sorgen und Nöte haben uns nicht zu interessieren, da es die Sorge ist, nicht auf Wehrlose einprügeln zu dürfen und die Not, für seinen destruktiven Sadismus nicht auch noch gelobt zu werden.
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untertänigsten dank für den tatkräftige einsatz wider die rückkehr der penitenziagite! geißelbrüder, die gerade durch die blogs ziehen. der teufel erscheint in der tat nicht, nur weil man seinen namen ausspricht – er ist längst da und freut sich an der konfusion.
Ganz herrlicher Artikel und ich freue mich gleich doppelt, hier @hardy wiederzutreffen. Ich darf ergänzend einen schönen Abschnitt aus dem Zeit Online Artikel „Mit den Waffen seiner Gegner“ ergänzen.
„Eine pluralistische Diktatur, ein Terror der Toleranz: Wie soll das eigentlich aussehen? Wird man da aufdringlich in Ruhe gelassen? Wird man da von der Regierung gezwungen, zu tun und zu lassen, was man will?“
So oder so: Auch von mit untertänigsten Dank, aus meines Herzens Herzen!
ich würde ja nur zu gerne eines der gesíchter der penitenziagite-beschwörer sehen, wenn sich das, was gerade der NSA chef vermutet, als wahr herausstellen sollte …