Im Film „Die göttliche Ordnung“ geht es um den Kampf der Schweizerinnen für das Frauenwahlrecht – eingeführt wurde es erst 1971. Ab Donnerstag, 3. 8., läuft er in Deutschland in den Kinos an – Gastprinzessin Stefan Laurin hat ihn vorab gesehen.
Ein Dorf im Kanton Appenzell, während des Winters im Jahre 1971. Während in anderen Teilen Europas die Studentenrevolte schon lange wieder Geschichte ist und die sexuelle Befreiung es längst in die Bahnhofskinos geschafft hat, scheint dort die Zeit stehen geblieben zu sein. Nora (Marie Leuenberger ) lebt zusammen mit ihrem Mann Hans (Max Simonischek) und den beiden Söhnen im Dorf. Sie möchte gerne wieder arbeiten gehen, aber das verbietet ihr Mann, denn Noras Leben soll sich weiterhin nur um die Kinder, den Haushalt und die Versorgung von Hans Vater drehen.
„Die göttliche Ordnung“ nennen die Männer und einige Frauen im Dorf wie Hans´ Chefin in der Schreinerei das: Der Mann führt und die Frau folgt. Doch die alte Welt ändert sich auch hier: Die Nichte von Hans hat sich in einen Kunststudenten aus Zürich verliebt, raucht und hört wilde Rockmusik. Und in den großen Städten gehen die Frauen auf die Straße und verlangen nach dem Wahlrecht.
„Die göttliche Ordnung“ beschreibt eine doppelt verspätete Coming of Age-Geschichte: Die von Nora, die mit Mitte dreißig beginnt, nicht nur ihr Leben zu hinterfragen, sondern auch die ihr und den meisten anderen Frauen im Dorf die Luft zu atmen nehmenden Zustände. Und die der Schweiz, die obwohl eines der Länder mit der längsten demokratischen Tradition in Europa 1971 noch immer über das Frauenwahlrecht stritt.
Nora verändert sich und das Dorf in den wenigen Wochen, die ihr Mann beim Militär ist: Sie gründet gegen, zum Teil gewalttätige, Widerstände eine Initiative für das Frauenwahlrecht, nimmt an einer Demonstration in Zürich teil, beginnt ihre Sexualität zu entdecken und setzt sich für die Nichte ihre Mannes, ein, die wegen ihrer Liebe zum Studenten im Jugendknast landet. Und entlarvt ganz nebenbei die Bigotterie die Männer im Dorf: Den Schwiegervater überzeugt sie mit dem Hinweis, sie könne ihrem Mann ja mal seine Sexhefte zeigen, ihr das Haushaltsgeld aufzustocken. Die Weigerung des Dorfbeamten, den Gemeindesaal für eine Informationsveranstaltung zum Frauenwahlrecht bereit zu stellen, wird mit einem dezenten Hinweis auf dessen Affären überwunden.
Den letzten Widerstand wollen die Frauen des Dorfes, die Nora mittlerweile vom Kampf gegen die Männer-Ordnung überzeugt hat, mit einem Streik nach dem Vorbild von Lysistrata brechen: Sie ziehen zusammen auf einen Dachboden – die Männer müssen sich um Haushalt und Kinder kümmern und Sex gibt es gemäß des historischen Vorbilds sowieso keinen mehr.
Der Streik bricht nach dem Tod einer der Frauen zusammen, aber das ändert nichts mehr daran, dass die Zeit reif ist für den Sieg der Frauen: Das Wahlrecht wird bei einer Volksabstimmung, an der zum letzten Mal auf Bundesebene nur Männer teilnehmen dürfen, mit großer Mehrheit beschlossen. Die Nichte kommt aus dem Jugendknast frei und Nora und Hans beginnen als Partner Liebe und Sex neu zu entdecken.
Getragen von seinen beiden wunderbaren Hauptdarstellern Marie Leuenberger und Max Simonischek gelingt dem Film nahezu alles: Er zeigt ein wichtiges Stück europäischen Geschichte, ist eine Liebesfilm, eine Komödie, hat zahlreiche dramatische Momente und seine rührenden Augenblicke. Dass er in Deutschland synchronisiert und nicht in Schwyzerdütsch mit Untertiteln gezeigt wird, könnte ihn allerdings viel seines Charmes berauben.
Lilo König hat damals unter anderem für die Einführung des Frauenwahlrechts gekämpft und den Prinzessinnenreportern ein Interview gegeben.
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