Gastprinzessin Stefan Laurin verteidigt eines seiner Liebeskummer-Lieblingsstücke.
Mitte Juli gab Carsten Friedrichs, der Sänger der Liga der gewöhnlichen Gentlemen und einstige Frontmann von Superpunk ein Interview, das mich nicht hat ruhen lassen.
Ich las diesen Satz und mein Herzschlag setzte für eine gefährlich langen Moment aus: „Eigentlich ist der Text von „Ich weigere mich aufzugeben“ ziemlich mies, was mir damals gar nicht so bewusst war.“ Nein, das konnte Carsten Friedrichs doch nicht wirklich gesagt haben. Doch, hatte er und zwar im Interview mit dem Hamburger Straßenmagazin Hinz&Kunzt.
Das Schlimme ist, dass der Satz so falsch ist, wie „Ich weigere mich aufzugeben“ ein ganz wunderbares Stück ist, nämlich eines von denen, die einem dabei helfen, auch wenn es ganz schlimm kommt, den Kopf zumindest noch ein wenig über Wasser zu halten und nicht auf den schlammigen Grund zu versinken, wo man von ekeligen Bakterien verzehrt wird , natürlich im übertragenen Sinne, denn klar, ich rede über Liebesdinge.
Wer mag denn schon schulterzuckend aufgeben, wenn es mal nicht gleich klappt? Oder wenn es auch nach Monaten, die man sich bei seinen Freunden, Unmengen an Alkohol trinkend, ausheult und ganz nebenbei etliche Kilogramm abgenommen hat, was ja auch eine gute Sache ist, nichts wird aus dem schönen Leben?
Es stecken so viele Zeilen in diesem Text von Carsten, die man glauben möchte, ja, an die man glauben muss:
„Und alles war ich anfass‘ verwandelt sich in Blei,
doch nichts ist vorbei bevor es vorbei ist“
oder auch:
„Ich vermag mich meinen Tränen mich zu erwehren, wenn die Dinge sind ins Gegenteil verkehren
Der Menschheit ist es gelungen die Schwerkraft zu überwinden
Und ich verbeiß mich wie ein Terrier um meinen Weg zu finden“
Und natürlich der Refrain:
„Doch es gibt nur ein Leben und, deshalb weigere ich mich aufzugeben“
Und dieses Stück hört man natürlich nicht an einem schönen Frühlingstag, während man zu zweit Hand in Hand über eine bunte Blumenwiese spaziert, sondern nur, wenn es einem richtig schlecht geht. Also, wenn es einem so richtig richtig schlecht geht, weil man eigentlich schon weiß, dass es an der Zeit wäre, die Hoffnung aufzugeben, aber man s nicht kann, weil es richtig ist, auch in der Verzweiflung die Schönheit zu suchen und vielleicht dem Schicksal wenige Tage, ja vielleicht auch Stunden, abzutrotzen bevor alles um einen herum kalt wird und dunkel und man ja weiß, dass dies lange so bleiben wird.
„I wasn’t born to lose you“ schrieb Bob Dylan und Neil Young haben wir es zu verdanken, dass wir, wissen: „It’s better to burn out than to fade away”
Diese Stücke lebt man, bevor man zusammenbricht. Man hat sie im Ohr, wenn man eines Morgens, nachdem alles wirklich vorbei ist, in einer Lache aus Kotze, Tränen und Kippen erwacht und man auf einmal sicher weiß, dass die Liebe verloren ist, aber eben nur die Liebe und nicht das Leben. So what?
Nein, Carsten hat unrecht. Er hat einen wunderschönen Text geschrieben.
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Klasse Statement, genau so ist es, Stefan Laurin!
Bis auf den dämlichen Vorspann mit dem Liebeskummer-Bezug stimmt jedes Wort. Wer den Song auf Liebeskummer-Thematik reduziert, hat wohl noch nie ernsthafte lebensbedrohende Krisen erlebt.
Ein wunderschöner, Mut machender Song.
Danke, Superpunk. Danke Carsten Friedrich.