Freiwild. Sandalen und Frikadellen – eine Kritik


Musikprinzessin Jürgen Kasek hat sich das neue Album der italienischen Band „Freiwild“ angehört.

Bei Freiwild gibt es ja das offensichtliche – die Aneignung oder Abneigung. Dazwischen gibt es wenig. Für eine Band muss das nicht schlecht sein. Zeit also sich dem Sujet (schlagt nach, was es bedeutet) anzunähern und eine zeitgenössische Stilkritik zu schreiben. Freiwild-Fans, die ohnehin über jede Kritik erhaben sind, da sie ohnehin immer nur das hören, was sie hören wollen, sollten die Lektüre an dieser Stelle allerdings besser abbrechen.
Bei Freiwild kann man sich ja mehrere Ebenen anschauen und betrachten. Es gibt die politische, die kommerzielle und die musikalische.

Wenden wir uns zunächst der Musik zu.
Einige Hördurchläufe ergeben, dass es sich um Deutschrock handelt oder Neue Deutsche Härte oder wie auch immer man das bezeichnen möchte. Der Stil ist jedenfalls gleichbleibend. Dröhnende Gitarren, die an Streetpunk erinnern, ein monotones Schlagzeug und in seltenen Momenten wird ein Solo dazugesetzt, wie etwa in „Macht euch endlich alle platt“. Toll, das können ungefähr Drölfmillionen Bands auch.
Im Prinzip klingt das Ganze, inklusiv des dominierenden Gesangs des Alm-Jodlers Philipp Burger mit seiner Reibeisenstimme, die für Verbal-Ästheten nicht sehr rträglich ist, nach Böhse Onkelz, ergänzt um wenige Jahre Musikgeschichte.
Die Songs sind nicht nur nicht abwechslungsreich, sondern in ihrer Einfallslosigkeit auch noch extrem monoton. Entweder Gefühlsduseligkeit oder Härte. Beides passt ja dann auch zur Band. Die achso harten Jungs, immer falsch verstanden, die eigentlich einen weichen Kern haben. Im vorliegenden Fall könnte allerdings auch die Birne weich sein oder werden. Aber dazu später mehr.
Jedenfalls musikalisch ist das noch alles so halbwegs im Rahmen. Es ist erwartbar, schon tausendmal gehört, und damit nicht „AntiWillkommen“ sondern höchstens „AntiModern“. Warum es trotzdem so viele Fans gibt? Einigermaßen geschickt sind die Songs so konstruiert, dass jeder Volldepp quasi beim ersten Mal mitsingen kann und man wird davon ausgehen, dass Volldeppen genau das auch machen. Die Hooklines haben eine gewisse Griffigkeit. Anders gesagt sind die Songs so konstruiert, dass der Refrain hängen bleibt.
Beliebtes Stilmittel der Südtiroler ist dann auch die stete Redundanz, die nicht nur muskalisch, sondern auch textlich angeboten wird. Und die Texte. Alter, die Texte. Wer hat das verzapft?
Textlich ist Freiwild auf unterstem Schlagerniveau, die Text wirken Poesiealbum-kompatibel. Beispiel gefällig?
Aus dem Song „Ganz egal wann du mich küsst“

„Ich sagte Mädchen
Ganz egal wann du mich küsst
Ganz egal wann du mich küsst
Ich weiß es kommt der Tag
An dem du zärtlich zu mir sprichst:
Ganz egal wann du mich küsst
Ganz egal wann du soweit bist
Es kommt die Nacht mit mir
Die du nie vergisst“

Das Anti-Sein der Band wird ebenfalls in den Texten glaubwürdig wiedergegeben: Man ist anscheinend auch gegen die deutsche Sprache, oder jedenfalls gegen schöne Sprache. Zum vorliegenden Text schreibt eine Seite allen Ernstes: „Kritisch, Kontrovers aber auch sehr liebevolle Songs sind zu finden. Die Hingabe ist deutlich zu spüren welche besonders bei „Ganz egal wann du mich küsst“ zum Vorschein kommt.
Ernsthaft Leute. Dagegen ist deutscher Battle Rap Poesie- und Literatur- Nobelpreis verdächtig.

Reicht nicht? Gut, ein Text kann ja mal Ausrutscher sein. Ein weiteres Beispiel aus dem Song „Fick Dich und Verpiss Dich.“:

„1. Du bist ein Arschloch
2. Warst immer ein Arschloch
3. Du bleibst ein Arschloch
4. 5. 6. keiner mag dich
1. Du bist ein Arschloch
2. Warst immer ein Arschloch
3. Du bleibst ein Arschloch
7. 8. 9. 10. Fick dich
Fick dich und verpiss dich
Keiner hier will dich
Mein Gott du bist so jämmerlich
Fick dich
Fick dich und verpiss dich
Checkst du es oder checkst du es nicht?
Dass du unser aller Arschloch bist“

Das hört man sich an und liest es sich durch und bekommt unweigerlich Mitleid mit der Band. Man kann diese häufigen Wiederholung allerdings auch positiv lesen. Aufgrund der Redundanz und der Zertrümmerung der deutschen Sprache könnte man unterstellen, dass die Band sich hier an einem expressionistischen Werk versucht hat und nebenbei nachweist, dass man bis 10 zählen kann – zwar nicht in der richtigen Reihenfolge, aber immerhin.

Durch alle Texte, die durch nicht sehr abwechslungsreichen Wortschatz auffallen, ziehen sich die klassischen Themen: Man ist gegen Alle, die Betonung der Männlichkeit und von Tugenden wie Ehre, Treue und so weiter und so weiter plus die Überbetonung von Heimat. Es wundert also nicht, dass die ganzen Identitären und neonazistischen Klappspaten die Musik auch toll finden, aber dazu später mehr.

Möglicherweise habe ich mich aber auch getäuscht und es handelt sich um ein subversives Projekt, um aller Welt vorzuführen, wie man mit einfachsten Reimen viel Geld verdienen kann. Fast schon zu offensichtlich daher die Textzeile in „Rivalen und Rebellen“:

„Die Evolution hat nach uns verlangt“

Das ist jedoch eher unwahrscheinlich, um es zurückhaltend auszudrücken.

Was die Band darüber hinaus noch so erfolgreich macht, ist die rebellische Attitüde, die man wie eine Monstranz vor sich herträgt und die bei jeder Gelegenheit immer wieder betont wird.
Das ist ungefähr die Rebellion von Pubertierenden, die ohne Einsicht in irgendwas, einfach mal dagegen sind. Diese Attitüde, die mit Rebellion ungefähr so viel zu tun hat wie gewisse Bands mit guter Musik, nämlich nichts, wird dann auch immer wieder verkauft.

Denn letztlich ist das ja noch die politische Ebene der Band. Man muss Mastermind Philipp Burger nicht auf seine Jugend als Naziskin bei den „Kaiserjägern“ reduzieren, die Band bietet auch so genügend Anlass zur Kritik: Die Überbetonung der Heimat, die hier immer auch die Abwertung des anderen ist und eine Betonung eines männlichen Machismo. Über die Musik werden klar nationalistische Inhalte verabreicht.
Aber, aber wir sind keine Nazis, werden Fans sicherlich einwenden. Die Band habe sich doch so oft schon klar positioniert. Genau und PEGIDA und AFD haben sich auch schon klar positioniert: Man ist nicht rechts, nicht links. Jou.
Und es ist so erwartbar, dass man auf Kritik damit reagiert, dass man Kritikern pauschal vorwirft, „Gutmenschen“ zu sein und mit der Nazikeule zu arbeiten. Das ist einfallslos, platt und falsch und genau deswegen wird es so gern genommen. Auch wenig überraschend, dass die Band schlechte Kritiken sammelt und sich dabei nah am „Lügenpresse“-Schema der besorgten Bürger entlang hangelt. Auch das ewige und ermüdende „Wir hier unten, gegen die da oben“ wird ständig wiederholt, bis es wirklich jeder mitgrölen kann: „Wir sind keine Nazis aber…:“
Oder anders gesagt, liebe Freiwild Fans, wenn man euch ächtet, dann in erster Linie nicht, weil eure Lieblinge so krasse Outlaws sind, sondern wegen allem oben Aufgezähltem.

Eine Sache wäre da ja noch. Eine Singleauskopplung der Band ist der Song „AntiWillkommen“ wo die Band sich und ihre Fans als, genau: krasse Outlaws beweihräuchern. Das Video spielt dazu auf einem Vorfall an, der sich in Leipzig zugetragen haben soll. Zwei Personen, eine davon in Freiwild-Shirt, sollen dabei am Connewitzer Kreuz geschlagen und ihrer Fanutensilien beraubt worden sein. Unschöne Geschichte das. Aber für Freiwild wieder der perfekte Aufhänger, um die eigene Outlaw-Attitüde zu betonen. Man sei schockiert über diesen unfassbaren Vorfall und so weiter.
Deswegen dürfen dann auch die beiden „Opfer“ im Video am Ende auftauchen- eine Familie und so. Und diese Familie wird ja auch von Freiwild immer wieder besungen, man sei ja „Freunde und Brüder“, Schwestern waren an der Stelle der Evolution noch nicht vorgesehen, weswegen die Frage erlaubt sein muss, ob der Stammbaum der Freiwild-Familie und ihrer Brüder nicht eigentlich ein Kreis ist, aber lassen wir das.

Denn das was Freiwild zu erwähnen vergessen hat, ist, dass die beiden vermeintlichen Opfer vorher Leute angepöbelt und „White Power“ gerufen hatten. Möglicherweise gab es also auf die Mütze, weil man sich wie ein „Arschloch“ (Sorry, ich zitiere nur), das sich besser „verpissen“ sollte (ich zitiere wirklich nur), verhalten hat. Und ich finde ja, dass Leute die White Power gröhlen, andere Menschen anpöbeln und den Hitlergruß zeigen, nicht ganz zu Unrecht auch mal ein nonverbales Stoppschild vors Gesicht gehalten bekommen und das nicht nur in Leipzig.

Fazit: Tja.

Dieser Beitrag wurde am 18. April 2018 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 12 Kommentare

12 Gedanken zu „Freiwild. Sandalen und Frikadellen – eine Kritik

  1. Pingback: Passend zum #Echo… | Konter&Revolution

  2. Man kann jede Band objektiv sehen , oder es lassen. Das der Verfasser offensichtlich kein Fan von Frei.Wild ist , braucht nicht erwähnt zu werden. Ich dachte immer , ein Reporter sollte ein wenig neutral sein.Hier wohl nicht. Frei.Wild sind eigendlich dafür da , das man auf Ihnen „rumhackt“.
    Mir eigendlich egal, dieser Artikel… Ich lache nur gerne, und das habe ich hier getan.Danke dafür !
    Ein bitterer Beigeschmack: die Fans als Vollidioten zu beschreiben !

  3. Aber irgendwie höre ich bei Freiwild nichts antisemitisches oder fremdenfeindliches. Nur weil die Texte 08/15 sind, erfordert es keinerlei Exteamut mit einer ebenso 08/15 Kritik in die gleiche Kerbe zu hauen wie alle anderen die sich mit sehr wenig Aufwand profilieren wollen. Die Band ist 08/15…..die Kritik erbärmlich Profillos…..

    • Sorry das ich dir wieder sprechen muss aber in einem Song kommt der Satz vor Neger Neger Schornsteinfeger du beklopter Türken jager das ist meiner Meinung nach etwas extreme und ich höre die Bände auch gerne

  4. Ich denke jeder hat seinen eigenen Musikgeschmack, allerdings hat Frei,wild eine große Fan Gemeinde. Ihr kritisiert die Texte, wobei (wenn man sich informiert) Der Frontmann Burger auch Texte für bekannte Schlager Gruppen schreibt. Kommen wir auf den Punkt. Es Information sammeln und dann Kritik ausüben. Anscheinend machen sie keine Schlechte Musik, wenn sie die größten Hallen Deutschlands gefüllt bekommen. Nicht kritisieren, wenn man selbst nicht annähernd so ein Erfolg hat.

  5. Schön das mal wieder alles Negativ dargestellt wird. Das stärkt nur meine Meinung. Das ganze normal Menschen die das selbe Denken als Rassisten hingestellt werden ohne Verstand. EIN IRRTUM

  6. Dumm sowas Frei.Wild scheiße da zu stellen und ihr seit doch nur stinkich weil Rivalen und Rebellen zwei Wochen auf platz 1. War und eine woche auf platz 2. War

  7. Jedem die eigene Meinung! Jedoch ist das der letzte Dreck so nen Schwachsinn zu verbreiten! Einfallslosigkeit? Wo? Ist es nicht normal den Refrain zu wiederholen? Nur weil du mal (Nach eigener Aussage)
    EIN Album gehört hast kennst du uns (Die Frei Wild Familie) und die Band an sich , noch lange nicht! Daher verbitte ich mir als voll-Depp oder sonst was betitelt zu werden! Desweiteren scheinst du auch ne Falsche Auffassung in Richtung Rock-Musik zu haben. Bei vielen Bands sind immer mal wieder (ich nenne es gerne Schnulzenrock) geartete Lieder dabei. Solltest das Thema vllt mal ein bisschen verfolgen bevor du deine (in diesem Fall) Schwachsinnige Meinung Preis gibst!!! Aber hey nicht Falsch verstehen… Wir brauchen Leute (jetzt hätte ich fast Trottel gesagt…) wie dich! Immerhin soll das auch weiterhin kein Mainstream Dreck werden! Frei Wild wir lieben euch macht weiter so!!!!

  8. … aber du hast wirklich Glück, denn ich gehöre weder zu den Grünen noch zu den Linken! Somit FREUE ICH MICH und lasse jeden deiner Kommentare zu. Ohne deine Worte weder zu zensieren oder gar Weg zu lassen!!!! Denn, wie gesagt, laut dem DEUTSCHEN Grundgesetz hat JEDER Mensch das Recht seine Meinung Offen Kund zu tun!!!!!!! Und in DIESEM FALL!!!! Sogar egal wie unüberlegt er ist! Wenn du uns nicht magst dann hau dir lieber deine 187 Strassenbande oder all die Leuts (Jetzt hätte ich fast Vögel gesagt) die an „Deine Mutter ran wollen“ an und lass uns doch GENAUSO unser Leben leben…. Und im SchlimmstenFall… sag dir einfach:
    „Wer keine Ahnung hat…. einfach mal Fr…se Halten….“ Aber so wie ich euch kenne sind meine Kommis bis morgen eh raus weil ich nicht Links genug denke!!!!!!

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