Küss die Hand!

Lonely Glove einer Nachwuchsprinzessin Foto: Prinzessin Marit

Unser royaler Stilberater Harald Nicolas Stazol wirft allerlei Handschuhe in den Ring

Knallrote Handschuhe trägt die unvergleichliche Isabelle Huppert als Untersuchungsrichterin in einem meiner Lieblingsfilme in einer Großaufnahme, als sie auf den Balkon eines korrupten Managers steht und die Orangenbäumchen in der Parklandschaft des gerade Durchsuchten zählt, ein jedes zu 1500 Euro. Also ging ich los, und suchte ebensolche (rote Handschuhe, nicht Orangenbäumchen oder Steuersünder). Ich fahndete in ganz Berlin, und fand sie tatsächlich bei H&M: schwarz, aber mit blutroter Naht. Ich kaufte gleich zwei Paar zum Spottpreis. Das Problem seit letztem Winter war allerdings, dass ich nur noch zwei linke Handschuhe fand, und da ich entgegen landläufiger Meinung nicht zwei linke Hände habe, legte ich sie beiseite, in der vagen Hoffnung, wenigstens einen rechten wiederzufinden, und Heureka! Tatsächlich heute morgen fand ich zumindest einen passenden, dankte dem Herrn – und habe nun einen übrig, den ich dem Hamburger „Fotografen“, der mich für eine Rede nicht bezahlte, demnächst mit ordentlich Schmackes ins feiste Gesicht schleudern kann, wobei ich mich fühlen werde wie ein französischer Untersuchungsrichter, nur Macron unterstellt. Zumindest aber werde ich ihn vor dem Mann, den wir Peter Hunnimann nennen wollen (es ging um 200 Euro), verächtlich zu Boden werfen, als Fehdehandschuh gewissermaßen. Natürlich parfümiert, so wie sie in Patrick Süskinds „Parfum“ der besseren Gesellschaft des Louis Seize feilgeboten werden, unter leichtem Bedauern, das mir nicht ein Eiserner von einer Ritterrüstung zu Gebote steht, damit Hannemann zumindest ein blaues Auge davonträgt. Was uns zu den Geboten des Handschuhs führt:

Blaue Handschuhe finden sich in der umfänglichen Sammlung des Vaters meines Ziehsohnes Vincent, eine Farbe mithin, die schlankerhand jede Handbewegung des Trägers akzentuiert, und etwa beim Bezahlen mit allen Nuancen kleinerer wie größerer Geldscheine aller möglichen Währungen harmoniert – schon immer beneidete ich die Modell-Auswahl, die der Damenwelt zur Verfügung steht, aber da ich schlanke, manchmal auch lange Finger mein eigen nenne, kann ich auch die einer älteren Pianistin tragen, in Braun und Rosé gehalten, bis über den halben Unterarm reichend, hervorragend geeignet zum Halten eines kühlen Glases Rosé beim Après Ski etwa oder zum lässigen Halten in der Oper oder im 5er Bus – wenn ich sie dort nicht gleich anlasse, um von den Keimen in den öffentlichen Verkehrsmitteln geschützt zu sein, aufkeimenden Neid der anderen Fahrgäste billigend in Kauf nehmend.

Billige Handschuhe sind eigentlich ein No-Go, aber wer einmal kaschmirgefütterte aus Straußenleder verloren hat, und man verliert sie ja leider immer irgendwann (wie die Handschuhleichensammlung unseres Zeremonienmeisters Fritz Tietz brutal vorführt) , mag sich zweimal überlegen, ob er oder sie mehr als größere Summen ausgeben will, was uns im Sauseschritt zur Sorgfalt führt: Handschuhe bedürfen einer gewissen Umsicht, hat man einmal ein Lieblingspaar, achtet man auch darauf.

Sanft und eben vorsichtig berührt man jemanden, wenn man welche aus weichem Glacé anfasst – und schon allein das hochfeine Weiß oder Crème bedarf einiger Umsicht; sie sind auch Statussymbol, weil sie signalisieren, dass man keiner körperlichen Arbeit nachgeht – zum Frack sind sie unerlässlich; mein Großvater trug sie, wiederum lässig in der Hand gehalten, zu seiner Hochzeit in Offiziersuniform. Nun gut, sie mögen etwas aus der Mode gekommen sein, ebenso (zum Glück) die Uniform, die mein Oheim trug …

Spitzenhandschuhe mag man bei der Dame von Welt älteren Semesters noch manches Mal beobachten, und zuletzt bis in die goldenen Zwanziger wurden sie von der eleganten Gesellschaft zum Abendkleid bis über den Oberarm getragen. Oft mit Ringen darüber, wie man es eindrucksvoll in der ZDF-Doku „Kaisersturz“ sehen kann, an Dona, der letzten deutschen Kaiserin – zugegeben etwas zu feudal in der heutigen Gesellschaft, aber der Effekt ist unvergleichlich, und etwa zum Opernball auch unerlässlich.

Wirft man dagegen einen Handschuh in den Ring, möchte man sich einbringen, hinterlässt gewissermaßen einen Handabdruck – und selbstverständlich sind Handschuhe vor einem Händedruck abzustreifen, allerdings kann ein Handkuss der Holden gegenüber absolviert werden.

Autofahrerhandschuhe habe eine gewisse Sexyness, weil sie eben nur einen Teil der Hand verdecken – sie sind in den heißen Tagen der Côte d´Azure zu empfehlen, wenn das Lenkrad des Cabrios des „Schakals“ von der Sonne in Cannes aufgeheizt ist, und auch als Juwelendieb oder Mörder wird man gut beraten sein, Handschuhe zu tragen, viele Würger legen davon Zeugnis ab – wenn man nicht ohnehin einen mit Initialen bestickten als Markenzeichen am Tatort zurücklässt.

Gestrickte sollte man den Kindern überlassen, Thermo den Skipisten, Arbeitshandschuhe dem Bäumefällen, und eben einem Halbwüchsigen nie welche von Roeckl – dem m. E. besten Fabrikat – da freut sich nur der nächste Besucher der Disko. Verleihen von Handschuhen verbietet sich ohnehin.

Eine besondere Finesse dürften neuerdings jene sein, die das Bedienen eines Touchscreens im kalten Ostwinds der Hauptstadt erlauben – die chirurgischen des Zahnarztes lassen wir einmal außen vor. Was allerdings der „Goldene Handschuh“ zwischen Buchdeckeln, im Lichtspielhaus oder gar auf einer großen Bühne verloren hat, entzieht sich meinem Verständnis – man wünschte sich, jener wäre rechtzeitig, heimlich, still und leise verloren gegangen.

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