von Leonhard Sebastian Fischer, Geschäftsführer der „Prinzessinnenreporter Genossenschafts-AG“
Auf uns Prinzessinnenreportern lastet derzeit ein enormer Druck. Die Presse ist mißgünstig, die Leser bocken, und in den Szene-Bars bekommen wir immer noch Gurkenreste in unsere Getränke gedrückt. Die Flattr-Finanzierung ist noch nicht vom Steuerberater abgenickt, Mutter will zurückgerufen werden, und Milch müßte auch mal wieder einer kaufen. Ich meine, ich bin schon die letzten beiden Wochen gegangen, hallo?! Gleichzeitig müssen wir Tag um Tag neue Erzählreportagen und Nachspürstücke raushauen. Da kann einem schon mal ganz schön die Muffe gehen.
Ich glaube, die wenigsten unserer Gegner wissen, wie anstrengend die Arbeit bei Prinzessinnenreporter ist. Unsere beiden Leitsätze, „kein Streß“ und „wird schon werden“, sind oft nur ein paar schöne Worte auf Papier bzw. auf dem Datenstick. Allein in den letzten Wochen mußten wir einen Vögelchenfeind in den eigenen Reihen abschießen, einen Spitzel aus dem Bundespresseamt kaltstellen, noch einmal viele aufregende Status-Updates durchgeben undundund oderoderoder. Außerdem habe ich schon seit einigen Tagen kein schnelles Internet, weil O2 irgendwo was falsch gebucht hat. Das ist das ärgerliche Kleinklein des Alltags, das die Rettung des Journalismus unnötig verzögert. Und Sie, die Untertanen-Crowd, müssen dann darunter leiden.
Unsere Gegner sagen, daß wir allmählich Taten sprechen lassen sollen, statt uns immer nur in Erklärungen und Selbstbestimmungsversuchen zu ergehen. Unsere Gegner meinen, daß wir zahlreiche Hoffnungen geschürt haben, die jetzt allmählich in Enttäuschung, sogar Haß umschlagen. Unsere Gegner meinen, daß wir letztlich Scharlatane sind, die mit vielen blumigen Worten von ihrem Scheitern ablenken wollen.
Diesen Gegnern möchte ich einmal ganz deutlich sagen: Wir wollen den Journalismus neu erfinden. Ernsthaft. Aber dazu müssen wir uns erst mal selber neu erfinden. Das dauert, dann ist manchmal schmerzhaft, dann wieder schön, dann wieder schmerzhaft. Wir sind in einem Prozeß. In einem Aktivierungsprozeß. Das Paßwort ist eingegeben, aber die Packstation muß den Auftrag erst noch freigeben. Und dann muß erst mal das Paket nach Hause gebracht werden, bis dann endlich der neue Journalismus ausgepackt und bestaunt werden kann. Wir lernen täglich neu dazu. So wie Einstein. Wir sammeln Synergien und richten sie dann als konzentrierten Protonenstrahl auf unsere Ziele. Und aber auch auf unsere Gegner. Bis diese völlig zerschmettert und verschmurgelt sind. „Dann wird alles Gesang sein“ (Jo. Ratzinger, Kleiner Katholischer Katechismus). Wenn Sie, liebe Untertanen, uns auf diesem Aktivierungsprozeßerfindungsweg ein Stück Kuchen weit begleiten, haben wir schon viel geschafft. Mit freundlichen Grüßen etc.