Ein kaiserlicher Blick auf die CDU

Unser Reporter war exklusiv für die Prinzessinnen im Hotel Atlantic

Unser Starreporter Harald Nicolas Stazol war da, wo die Mächtigen nächtigen. Ein Stimmungsbild zum CDU-Parteitag in Hamburg

Da blickt er hin, der letzte Kaiser, Wilhelm Zwo, über die Granden der CDU, hier im ehrwürdigen Hotel Atlantic, das überlebensgroße Bildnis des heroisch übers elegante Foyer blickenden Monarchen in Fayencekacheln, während draußen die Regierungslimousinen vorbeikacheln. „Natürlich ist die Bar geöffnet“, sagt die nette Dame am Telefon, auch wenn die Sicherheitsleute schon an der Eingangstreppe vor der Messingdrehtür neben den livrierten Portiers im Zylinder stehen (wer zahlt das übrigens alles?) und man die Kanzlerin erwartet, noch ist sie es ja noch …

Aber wer ihr in das schneeweiße Büro mit dem Blick über Berlin und dem Adenauer-Porträt hinter dem großen Schreibtisch folgen wird? Seiner Majestät hätten wohl die Homophobie von Friedrich Merz und seine geäußerten antiquierten Ansichten über die Vergewaltigung in der Ehe – Merz hatte den Gesetzesentwurf abgelehnt – gefallen und seine Vermögensverhältnisse, die sicher nicht auf einen Bierdeckel passen. Ein Self-Made-Man, sowas kommt gut an im Wahlvolk, wie Donald Trump beweist, von Schäuble empfohlen, wann gab es das zuletzt? Dem Kaiser wäre eine „Ehe für alle“ kaum glaublich gewesen, genau wie der Frau Kramp-Karrenbauer, die die Entscheidung für überstürzt hält.

Man wartet in Dreiergrüppchen neben den hohen Säulen, eifrig diskutierend – ein amerikanischer Gast fragt, was denn da eigentlich los sei, eine Spannung legt sich über das ganze Haus, die Kanzlerin soll inzwischen angekommen sein – um 15 Uhr sollen die ersten Beratungen der Delegierten stattfinden, in den Messehallen im Schatten des Fernsehturms auf der anderen Seite der Alster – und die hohen Gäste können ihn von ihren Fenstern aus sehen, den Ort der Entscheidung.

Was wohl hinter den schweren verschlossenen Türen sich zuträgt, gesprochen, diskutiert, entschieden wird? Vor dem Duell ohne Gnade? Kanzlerin Kramp-Karrenbauer? Die „Tagesschau“-Sprecher sind bei dem Zungenbrecher schon jetzt zu bedauern. Sollte es so kommen, die Wähler vielleicht auch?

„Teufel oder Beelzebub“, meint der taxifahrende Philosophie-Student, „wer ist das kleinere Übel? ´Faute de Mieux´ – in Ermangelung eines Besseren heißt das bei Voltaire. Und die Philosophie der CDU ist mir nicht verständlich“ – ob er Mindestlohn hat?

Fast tausend Delegierte (wer bezahlt das alles?). Dass die Parteizentrale die Delegiertenliste nicht herausgab, und ausgerechnet die „Bild“ fast alle mit Foto nachrecherchierte fällt da schon nicht weiter ins Gewicht.

Inzwischen soll die Kanzlerin das Haus wieder verlassen haben. Dem Kaiser hätte es gefallen – mit Abdankung kannte er sich aus.

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