Jogginghosen – Everwear oder Neverwear?

Oops, he did it: Lord Harold Nicolas Stazol im Joggingdress

Unser royaler Stilberater Harald Nicolas Stazol revidiert seine Meinung zur Sportswear

Da kommt nun also zu meinem Geburtstagsempfang Henning H., der Musikwissenschaftler, der 22jährige studiert dazu BWL und macht verschwitzt das Licht in der Hamburger Staatsoper – nun, der schmale Schlacks von einem Jungen erscheint im Jogging-Look, einer engen, langen Jogginghose in Anthrazit, und ich fühle mich sofort, nun sagen wir, enthusiasmiert. Richtig illuminiert fläzt er auf meiner Chaiselongue, ganz hingestreckt, und ich glaube mich in einem Abercrombie-Shooting. Nächsten Tages überziehe ich mein Amazon-Konto und bestelle mir eine von Dior, Vintage von Hedi Slimane in grauem Kaschmir. Der Witz ist, dass diese Art von unstrukturierter Weichheit etwas formeller von Jil Sander entworfen wird, das weiche Fleece …

Zudem erinnert mich die Jogginghose an meine Zeit in Greenwich Village oder Soho, als Graydon Carter seinen Mustang in der Einfahrt wusch (nicht weit vom geparkten Rolls von Ismael Merchant) – in Graydons Speisezimmer entwarf sein Team beim Dinner und seinem geliebten Chardonnay die Vanity Fair. Wenn also der junge Kennedy am Sonntag für sein jeweiliges Mädchen ein paar Bagels holte, trug er Nike Air zu einer Adidas-Hose, ein Sweatshirt und darüber eine Collegejacke. Matt Damon kauft mit einer blauen Variation, der glänzenden Bomberjacke, Milch, und Jonathan Rhys Meyers ging so Whisky holen, in Kensington, London, noch United Kingdom. Solche Bomberjacken empfehlen sich für den Herrn erst ab einer Größe von mindestens 1,85 Meter – sonst stimmen die Proportionen nicht.

Henning Hoffman und mir kommt die Gertenschlankheit entgegen, und so sei dem Herren der Erschöpfung nach dem Marathon vielleicht ebenfalls empfohlen, bei größerem Leibesumfang von der Jogginghose abzusehen. Ich empfehle Flanell, als Bundfalte, aber von der “Hose an sich“ wird ein weiterer Essay bald handeln.

Versuchen, essayer, dies ist überhaupt das Geheimnis. In meiner Jugend sprach man vom Trainingsanzug, und ich strebte mit kaum zehn Jahren im bayrischen Örtchen Gaimersheim in einem dunkelblauen Adidas mit den drei Streifen, von meinen Eltern spendiert, in die Schulturnhalle. Irgendwann hatte ich einen grauen mit BOSS-Schriftzug, nicht weniger stolz darauf. Erst mit meinen Fechtstunden war der Spuk vorbei. Aber als ich einen cremefarbenen Barcelona mir blauen Streifen in Noah´s Hot-Dogs-Laden in der Marktstraße sah, war es um mich geschehen. Jene Trainingsjacke mit dem ganz schmalen Reißverschluss zu den Yamamoto-Turnschuhen (so hießen Sneaker einmal) und eben der weichen Nylonhose mit den dunkelblauen Streifen, das war schon ein Statement.

Jogginghosen – Everwear oder Neverwear? You decide, Gentlemen.

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