Tag-Archiv | Antisemitismus

Die wahren Opfer des Antisemitismus

von Ramona Ambs

„Immer nennen mich alle Antisemit, bloß weil ich was gegen Juden hab!“ empörte sich vor einigen Jahren mal ein Leser bei mir. Was erstmal lustig klingt, ist eigentlich tragisch. Denn dieser Leser fühlte sich tatsächlich völlig zu Unrecht als Antisemit gebrandmarkt. Er war emotional tief betroffen.

Antisemit will keiner genannt werden. Das Wort hat ein unfassbar schlechtes Image. Es riecht nach dem Typen mit dem österreichischen Schnauzbart und mit dem will man möglichst nix zu tun haben. Außer vielleicht man ist altmodischer Nazi. Aber wenn man ein altmodischer Nazi ist, rennt man durch die Straßen und schreit: „Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“… und ist dabei offenbar weder mit Jambus, Trachäus oder Daktylus vertraut, möchte man anmerken, aber man verkneift es sich. Wenns inhaltlich passt, dann reimt es sich auch irgendwie. Für arische Ohren jedenfalls.-

Aber ich schweife ab. Zurück zu den Antisemiten. Die gibt es hierzulande nicht. Bzw. Antisemiten sind immer nur die anderen. Die Linken deuten auf die Rechten und schreien Judenfeinde! Und die Konservativen deuten auf die Migranten und schreien Judenfeinde! Und dazwischen schlägt Otto Normalbürger die Hände überm Kopf zusammen, seufzt jovial und sagt sowas wie „Ach, die Juden… es gibt immer Ärger mit denen!“- aber das ist natürlich auch nicht antisemitisch gemeint! Gott behüte! Aber man wird doch mal sagen dürfen, dass das, was die mit den Palästinensern machen eine Riesensauerei ist! Und man wird doch noch sagen dürfen, dass Schächten grausam ist! Und dass diese Juden ihre Kinder verstümmeln! Wie barbarisch! –

Aber Antisemiten- sind wir nicht. Wir haben nix gegen Juden,- solange sie nicht so… so jüdisch sind. 

Der Antisemitismus, dem man heute begegnet, hat immer ein moralisches Mäntelchen an und die Schuhe sind tadellos geputzt. Die Vertreter sind stets wohlmeinend. Die kritischen Keinesfalls-Antisemiten betonen stets, wie total egal ihnen Religion, Kultur und Herkunft eines Menschen ist- (solange der eben genau so lebt und denkt wie sie selbst.)

Wer so edel ist, der kann gar kein Antisemit sein. Der ist sogar eigentlich das wahre Opfer vom Antisemitismus. Weil er dessen bezichtigt wird, obwohl er es doch nur gut meint. Und deswegen ist mir nachträglich der Leserbriefschreiber noch beinah sympathisch. Er war nämlich weiter als die meisten anderen, mit denen ich mich auseinander setzen muss. Er hat wenigstens offen gesagt, das er was gegen Juden hat. Damit kann man was anfangen. Mit den Verleugnern nicht. 

Mir ist so nach Trompete zumute…

Liebe Mitstaatsbürgers,

eine Wutrede von Prinzessin Ramona Ambs

Ich wollt Euch nur kurz sagen: Ich bin nicht müde.
Ich bin im Gegenteil hellwach und stinkwütend. – Liebe Deutsche,- Ihr geht mir auf den Wecker. Ja, alle. Ich hab nämlich grad Befindlichkeit. Sowas hat man manchmal, wenns zuviel wird. Ich weiß, ich weiß- so was ist echt doof und undifferenziert bei sachlichen Debatten und bei Juden hat man sowas ganz besonders nicht gerne. Juden, – das sind doch die Opfers, die stets weise, geduldig und stumm jede Demütigung ertragen und danach immer wieder die Hand zur Versöhnung reichen. Juden, das sind die, die Eure Kultur reicher und schöner machen. Und ein bisschen melancholischer, nicht wahr? Hört Ihr grade nicht auch den zärtlich-traurigen Klang einer Klarinette?
-Mir ist grad leider mehr nach Trompete zumute.
Ich bin es nämlich leid das ewige Geeiere um uns Juden. Ehrlich Leute, get over it. Wir können echt nix dafür, dass Eure Vorfahren die größten Judenmörder aller Zeiten waren. Wir nehmen es Euch nicht übel, Ihr könnt nix dafür- aber wir nunmal auch nicht. Wir leben hier und beteiligen uns am politischen und sozialen Leben- so wie wir sind. Wir haben große Geister, unerträgliche Knalltüten und kleinere Helden. Wir sind- Achtung, nicht erschrecken!- ganz normale Leute. Igor Levit ist ein normaler Mensch. Er engagiert sich für und gegen vieles. Unter anderem auch gegen Nazis. Das tut er mal mehr mal weniger gelungen. Man kann, wenn man sonst keine lustigen Hobbies hat, natürlich auch kritisieren, dass und wie er sich engagiert. Aber man sollte dabei die alten antisemitischen Ressentiments stecken lassen. Wenn man die nämlich auspackt, dann muss man mit Widerspruch rechnen. Zumindest von jüdischer Seite. Die anderen widersprechen bisweilen auch,- aber nie um ihretwillen, sondern immer mit Verweis auf uns Juden. Die deutschen Intellektuellen diskutieren jetzt ernsthaft seit Tagen, dass sich Levit- als Jude- doch auch mal gegen Nazis wehren darf. Oder dass er- als Jude- halt auch mal überreagieren darf. -Hackts Euch eigentlich? Wie wärs, wenn Ihr mal überreagieren würdet? Fänd ich ziemlich prima. Die antisemitischen Straftaten steigen hier seit Jahren und ich lese und höre die immer gleichen Betroffenheitsfloskeln. Salbungsvoll. Jovial. Und so mega wohlwollend gegenüber uns Juden. Aber nie emotional betroffen. Nie persönlich wütend. Und fucking nie überreagierend. Wenn Ihr auf dem Level weiterhin Nazis bekämpfen wollt, dann könnt Ihrs gleich lassen. Wenn Ihr den Antisemitismus nur wegen uns Juden ablehnt, dann habt Ihr nicht kapiert, was mit ihm einhergeht. Ihr sollt Judenhass nicht ablehnen wegen uns, sondern wegen Euch. Euch sollte es unangenehm sein mit solchen Leuten im gleichen Boot zu sitzen. Und zwar völlig unabhängig davon, ob auch ein Jude mit an Bord ist. .. Also fangt gefälligst mal an wütend zu sein. Nicht unseretwegen, sondern Euret- UND unseretwegen.

sincerely, your funky jewish princess

Anmerkungen zu George Soros

kroneGeorge Soros ist zum liebsten Hassobjekt von Verschwörungstheoretikern, neuer Rechter und Putins Agit-Medien geworden: Ein Jude, der sich für die Demokratie einsetzt, ist wohl einfach zu viel für die internationale der Aluhüte und ihre Einpeitscher. Anmerkungen von unserer Ruhrbarone-Gastprinzessin Stefan Laurin und Elke Wittich.

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Heimatlose Transatlantiker in der Finsternis

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So, und was machen wir jetzt? Eine Antwort von Gastprinzessin Richard Volkmann.
Vor ein paar Tagen hat David Harnasch an dieser Stelle dargelegt, wie er auf die Wahl Trumps zu reagieren gedenkt. Quintessenz: Abwarten und Tee trinken, vorzugsweise im wirtschaftlich und/oder klimatisch befreundeten Ausland (Schweiz, Portugal, Israel). Meine Einschätzung deckt sich in vielerlei Hinsicht mit seiner, außer dass ich aus einer Reihe von Gründen eher zu Australien neige. Doch zunächst ein paar Worte zu meiner Entscheidungsfindung.
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