Archiv | September 2015

Constructive News

w1Von Positivprinzessin Marit Hofmann

Laut einer Forsa-Umfrage wollen die Deutschen mehr positive Nachrichten – auch SPON und Die Zeit glauben so, den Journalismus retten zu können. Das ist natürlich nicht schön.

Wir Prinzessinnenreporter neigen bekanntlich zur Skepsis und werden den Onlinejournalismus auch vor den Horden der Glückseligkeit retten. Dennnoch haben wir heute lange im Prinzessinnenreporter-Headquarter (kurz: PR♕HQ) gegrübelt und diskutiert. Am Ende sind uns genau drei positive Nachrichten eingefallen, die wir der Untertanencrowd heute schenken wollen:

1) Die Sonne scheint.

2) Prinz Kasimir hat jetzt rosa Katzenstreu.

3) Noch kein einziges Flüchtlingskind ist im Meer aus Second-Hand-Stofftieren ertrunken.

Dieser Eintrag wurde am 10. September 2015 veröffentlicht. 9 Kommentare

Noch mehr Zwischenbilanz und Vorschau!

zusammengefasst von Prinzessin Ramona


Nachdem wir gestern unsere Grundsatzdebatte intensiviert haben, haben wir uns heute mehrere konkrete Recherche-Vorhaben zusammengestellt, die von den Medien hierzulande vernachlässigt oder sogar negiert werden, obwohl ein Großte
il der Leser an genau diesen Fragen interessiert ist.

1. Wir werden nun wirkich und endgültig herausfinden, wieviel die Freunde von Bettina Schausten bezahlen, wenn sie bei ihr übernachten und ob an den Gerüchten, Schausten wolle Bundespräsidentin werden, etwas dran ist.

2. Wir werden nun wirklich und endgültig herausfinden, ob der Pizzabäcker, bei dem das Fax von Michel Friedmans Anwalt einging, wirklich nur Bio-Mehl für seinen Hefeteig benutzt und woher er dieses bezieht.

3.Wir werden nun wirklich und endgültig herausfinden, ob Karl-Theodor zu Guttenberg gemeinsam mit Annette Schavan unter falschen Namen eine Coaching-Agentur für honest-requiring softskills-development betreibt.

4. Wir werden nun wirklich und endgültig herausfinden, ob Dirk Niebel seine außerparlamentarische Tätigkeit als Schlepper mit seinem fliegendem Orientteppich nun voll fett korrekt versteuert.

5. Wir werden nun wirklich und endgültig herausfinden, was aus dem Bobby-Car wurde, dass der Autohändler dem Sohn von Christian Wulff schenkte,- und ob es überhaupt ein Bobby-Car war.

6.Wir werden nun wirklich und endgültig herausfinden, ob Roland Koch seine jüdischen Vermächtnisse nicht vielleicht in Schäubles Koffer versteckt hat.

und

7. Wir werden nun wirklich und endgültig herausfinden, wie der Journalismus zu retten und die Krone zu halten ist!

w5

Gewichtiges

w6

Eine Zwischenbilanz von Prinzessin Ramona

Seit Tagen haben wir im Prinzessinnenreporter-Headquarter (kurz: PR♕HQ) eine Grundsatzdebatte. Wir finden alles sehr wichtig und diskutieren noch, was am wichtigsten ist. Das Wichtigste wird dann künftig mehr gewichtet werden als das nur Wichtige. Es ist sehr wichtig, dass man das Wichtige vom Wichtigsten unterscheiden kann. Genauere Äußerungen zu den Details können aber erst ein andermal getätigt werden. Schließlich ist es wichtig, dass wir uns der Sache sicher sind.

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (20)

Screen Shot 2015-09-07 at 3.43.54 PMAusgefüllt von Christian Y. Schmidt

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.


Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?

Günter Gerke. Das war der Lokalchef der Bielefelder „Neuen Westfälischen“ in den Siebziger und Achtziger Jahren. Ein rechter Sozialdemokrat, der in seinen Kommentaren gegen die Linksradikalen und später gegen die aufkommenden Alternativen anschrieb. Die linke Szene in Bielefeld war ihm in Hassliebe verbunden. Sein Name wurde auf Flugblättern und in der Alternativpresse verballhornt – einmal kann man raten, wie – und man las natürlich alles von ihm. Wahrscheinlich schrieb er gar nicht so schlecht; die einzige Formulierung, an die ich mich heute noch erinnern kann, war die Charakterisierung eines korpulenten führenden Kopfes der Bielefelder Alternativszene als „lila Latzhosen-Teddy“. Grosser Lacher und auch ein bisschen Neid.

Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?

„Präsident Eierle“ als fette Überschrift zu einer Walter Boehlich-Kolumne in einer Titanic-Ausgabe des Jahres 1994.

Komplizierte Entstehungsgeschichte: Boehlichs Kolumnen kamen immer auf den letzten Drücker. Deshalb nahmen wir regelmässig irgendeinen Blindtext als Platzhalter für die Überschriften. In diesem Fall stammte der Blindtext vom Titanic-Titel 5/1994, auf dem der damals erstmals zum Bundespräsidenten kandidierende Johannes Rau als Schnabeltier gezeichnet worden war, und zwar mit der Bildunterschrift „Muss das wirklich sein? Ein Präsident der Eier legt!“

Lustigerweise überlebte „Präsident Eierle“ dann die tausend Korrekturvorgänge, der ein Titanic-Heft unterliegt. Grosses Entsetzen dann auch zunächst, als das fertig gedruckte Heft vorlag. Fünf Minuten später dann aber grosse Begeisterung. An Boehlichs Reaktion kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Die Leser haben den Fehler aber gar nicht bemerkt. Wahrscheinlich glaubte man, man hätte die unglaublich subtile Überschrift nicht verstanden.

Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?


Man lädt mich nicht zu Pressekonferenzen ein, und das ist wahrscheinlich auch ganz gut so.

Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?

Durch ein Nacktschreibegebot. Oder vielleicht doch? Man weiss so wenig über die Zukunft.

Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?

Benjamin von Stuckrad-Barre. Der frühe und mittlere Stuckrad-Barre war wirklich ein guter, lustiger Journalist. Aber folgende Geschichte gibt den Ausschlag: Anfang der Nuller Jahre versteckte Stucki zu vorgerückter Stunde ein paar grössere Geldscheine in meinem Bücherregal, um mir diese anlässlich meines bevorstehenden Geburtstags überraschend zukommen lassen. Darüber habe ich mich sehr gefreut, weil ich Geld eigentlich immer gut gebrauchen kann. Kurze Zeit später brach der Kontakt dann leider ab.

Ach, Stuckrad-Barre ist noch gar nicht tot? Okay, kommt aber noch. Das ist sicher.

Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?

Dem ehemaligen Korrespondenten des „New Yorker“ in Peking, Peter Hessler. Der Mann schreibt leider immer noch ein bisschen besser über China und die Chinesen als ich. Ausserdem spricht er unverschämt gut Chinesisch. Zum Glück ist er seit 2011 Korrespondent in Kairo.

Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?

Wirtschaftsflüchtling. Ach so, bin ich ja.

Dein/e Wunschinterviewpartner/in?

Chinas Präsident Xi Jinping. Wahlweise die amerikanische Schauspielerin Tippi Hedren, kurz nachdem sie „Birds“ mit Hitchcock gedreht hatte. Heutzutage aber nicht, denn sie ist ja leider auch Tierrechtsaktivistin geworden (Brigitte Bardot-Krankheit). Dann halt Sherilyn Fenn alias Audrey Horne aus „Twin Peaks“. Oder doch lieber Aubrey Plaza aus „Parks and Recreation“? Mein Gott, ich weiss es nicht.

Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleiniger Chefredakteurkönig wärst? Und wie würde sie heißen?

Hm, vielleicht so wie der „New Yorker“, aber ohne den Service-Teil, und mit etwas aggressiveren Karikaturen? Und natürlich Fotos. Heissen würde die Zeitschrift „C.Y.S – Christian Y. Schmidts interessantes Magazin“, nach „P.M. – Peter Moosleitners interessantes Magazin“. Bester Zeitschriftentitel ever.

Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?

Gott wäre niemals Journalist. Gott ist Komponist und Musiker.

Monsters of Chinese Dissidence: Ai Weiwei vs. Liao Yiwu in der Berliner Philharmonie.

Von Gastprinzessin Christian Y. Schmidt

Vor dem Fight

Vor dem Fight

Am 2. September traf in der nahezu ausverkauften Philharmonie der Berliner Lokaldissident Liao Yiwu auf den amtierenden chinesischen Dissidenzweltmeister im Schwergewicht, Ai Weiwei. Ein Kampf, auf den sich viele Fans der chinesischen Dissidenz schon jahrelang gefreut hatten, und in dem, um es vorweg zu nehmen, sich Liao Yiwu am Ende dem Meister geschlagen geben musste. Vielen der über 1.000 Schlachtenbummlern waren die Details des Kampfes allerdings entgangen, denn die meisten hatten wohl zum ersten Mal einen echten chinesischen Schlagabtausch gesehen, und waren deshalb mit den Feinheiten und Fallstricken dieses Sports nicht recht vertraut. Deshalb sollen hier die wichtigsten Stationen des Fights kurz nachgezeichnet werden.

Die beiden Dissidenz-Profis hatten auf den eigentlich eingeplanten Schiedsrichter der Veranstaltung, Wolfgang Herles, verzichtet. Dass kein völlig Ahnungsloser mässigend auf sie einwirken konnte, erwies sich als weise Entscheidung, und tat dem Kampf gut. Statt Herles stellte der Direktor des Internationalen Literaturfestivals Berlin, Ulrich Schreiber, die Dissi-Champions vor. Von Liao wusste er, dass er eine „Eigentumswohnung in Berlin-Charlottenburg“ besitze. „Ich bin ganz neidisch auf ihn, weil ich nur in Wilmersdorf wohne,“ über Ai las er interessante Sachen aus der Wikipedia vor.

Dann begann der Fight, auf den die Welt gewartet hatte. In der ersten Runde blieb es bei einem Geplänkel, in dessen Verlauf Liao mehrmals den Namen der Schutzgöttin der Dissidenten, Herta Müller, ausrief. Doch schon in Runde zwei ging der glatzköpfige Herausforderer zum Angriff über. Liao befragte Ai zu seinem Vater Ai Qing. Der war zwar zwanzig Jahre in der Verbannung gewesen, aber bis zum Ende seines Lebens überzeugter Kommunist, Parteimitglied und ab 1979 Vizepräsident des chinesischen Schriftstellerverbands. Ai duckte sich zunächst weg („Meine Erinnerungen [an meinen Vater] sind nicht verlässlich“), landete dann aber überraschend den ersten mittelharten Treffer: „Liao ist ein hervorragender Schriftsteller. Aber heute hat er wirklich Antipathien, und kommt deshalb nicht richtig zum Zug.“

Liao liess nicht locker. Er deutete zunächst eine kleine Unterwerfungfinte an, indem er seinen Gegner wiederholt mit „Lao Ai“ anredete („Ehrwürdiger Ai“), holte dann aber kräftig mit der Rechten aus. Offenbar entgegen vorheriger Absprache („Eigentlich wollten wir darüber gar nicht sprechen, aber die Leute wollen es gerne wissen“), wiederholte er die Frage zu den in China verhafteten Rechtsanwälten, die Ai bereits bei einem ersten Sparrings-Kampf gegen Mitarbeiterinnen des Magazins „Die Zeit“ in die Bredouille gebracht hatte.

Dieses Mal aber stand Ais Deckung besser. Stoisch wiederholte er die Antworten, die auch schon so in der „Zeit“ abgedruckt worden waren (Kurzfassung: Im Kontext der chinesischen Geschichte ist die Festnahme der Anwälte keine grosse Sache, aber natürlich bin ich mit ihnen nicht einverstanden), allerdings ohne dass er – wie beim „Zeit“-Interview – seinen Gegner am Ende zum Verlassen des Rings aufforderte. Dieser Einsatz brachte ihm den ersten grösseren Szenenapplaus der Schlachtenbummler ein, und auch der Kampfbeobachter der dpa kommentierte – offenbar in Unkenntnis des Vorkampfes – sofort begeistert, Ai habe die Aussagen, die er in der „Zeit“ gemacht habe, relativiert.

Anschliessend ging Ai dann richtig zur Sache. Er holte weit aus, und erklärte, dass er auch in China „nicht das Gefühl gehabt habe, dass ich komplett meine Freiheit verloren hätte“. Von dieser Auskunft leicht angeschlagen nahm Liao eine Auszeit, und trug ein Gedicht des inhaftierten Dichters Li Bifeng vor, das er selbst mit einem seltsamen Plingplong-Instrument begleitete. Das konnte Ai nicht, und brachte Liao beim Publikum immerhin ein paar Punkte ein.

In der zweiten Hälfte des Fights setzte Liao unverdrossen auf die bereits zuvor eingeschlagene Taktik: Anhand verschiedener Themen (Freiheit, Widerstand, 4. Juni 1989) versuchte er Ai radikalere Äusserungen zu entlocken und ihn so in diverse offene Messer laufen zu lassen, was aber Ai aufgrund seiner glänzend stehenden Metaphorik immer wieder souverän parierte. Als Liao schliesslich bei einem eher hilflos wirkenden Geplänkel von Ai das Bild eines notorischen Exhibitionisten zeichnen wollte – tatsächlich ist der gutgebaute Schwergewichtler ein grosser Freund der nackten Selbstabbildung –, holte jener zu einem gezielten Leberhaken aus: „Das, was Du mir unterstellst, das liegt daran, dass Du, bevor wir hierher kamen, zu viel Alkohol getrunken hast.“

In diesem Moment hielt das Publikum den Atem an. Wie würde Liao auf den Tiefschlag reagieren? Der setzte alles auf eine Karte und zu einer letzten Attacke an: „Ich bin ein politischer Flüchtling“ eröffnete er, und versuchte mit diesem Argument Ai dann auf offener Bühne das Riesenatelier am Pfefferberg abzuluchsen. „Wenn du nach China zurückkehrst, und dann nicht wieder rausdarfst: Soll ich dann dein Atelier managen? Vielleicht sollte man das in ein Flüchtlingszentrum verwandeln? ‚Ai Weiwei‘ Flüchtlingszentrum‘?“

Ai antwortete mit einer herrlichen Dublette. Schlag 1: „Du hast behauptet, dass du ein politischer Flüchtling bist. Ich sehe das nicht unbedingt so: Weil es Dir hier sehr gut geht, und Du dich von den Tantiemen Deiner Bücher gut alkoholisieren kannst.“ Schlag 2: „Angesichts der Flüchtlinge kann sich kein Mensch von seiner Verantwortung lossagen. Mein Atelier soll aber mein Atelier bleiben.“

Mit einem Riesenbeifall für Ai entschied das Publikum: Technischer K.O.-Sieg für Ai. Der amtierende Schwergewichtsweltmeister in chinesischer Dissidenz hatte seinen Titel eindrucksvoll verteidigt. Dem Herausforderer Liao Yiwu blieb nur eine linkische Umarmung des Meisters und der Schlusssatz: „Ehrwürdiger Ai. Ich mag dich, weil du ein so aufrichtiger Mensch bist.“

Dann rief er in einem jammervollen Schlussgesang noch einmal Herta Müller an. Möge die Göttin der Dissidenz dem Mann bei seinem nächsten Kampf gnädiger sein.

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (19)

Salonpessimist: Kay Sokolowsky - Foto: Martina Sokolowsky

Salonpessimist: Kay Sokolowsky – Foto: Martina Sokolowsky

Ausgefüllt von Kay Sokolowsky

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.

Kay Sokolowsky, 52, ist Lohnorthograph, Salonpessimist, Blogger sowie ein Gralshüter der Science Fiction mit Zukunft.


1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann haben Sie sich zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?
Autor: Otfried Preußler. Text: Die kleine Hexe. Grund: der Rabe Abraxas. (Ich: acht Jahre alt.)

2) Wie lautet Ihre Lieblingsschlagzeile?
„Hitlers Tagebücher entdeckt“


3) Welche Schlagzeile möchten Sie vor Ihrem Abtritt noch einmal lesen?
„Sensationeller Mangel an Neuigkeiten!“

4) Ihr peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?

Meine Anwesenheit.

5) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?
Mit meinem Segen.

6) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würden Sie sich freuen?
Ben Hecht. Um ihm für „Extrablatt“ zu danken. Und Billy Wilder, für „Reporter des Satans“.


7) Und wem auf Erden würden Sie am liebsten den Stift klauen?
Hellmuth Karasek. (Der verewigte Horst Tomayer erzählte mir gelegentlich, daß Karamalz sein Zeugs mit einem dicken Edding korrigiert. So was kann man im Haushalt immer brauchen!)

8) Welchen anderen Beruf hätten Sie sich noch vorstellen können?

Nicht „hätte“ – habe: Astronaut. Dann lange gar nix. Dann Kriminalpsychologe. Dann erneut lange gar nix. Astronaut wär mal wieder eine Option.

9) Ihre Wunschinterviewpartnerin?
Scarlett Johannson. (Platz zwei: Isabella Rossellini.)

10) Ihre Alptrauminterviewpartnerin?
Maria Furtwängler. (Platz zwei: Iris Berben.)

11) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Sie ganz alleiniger Chefredakteurkönig wären? Und wie würde sie heißen?
Die Zeitung wäre komplett aus Papier, hätte mehr Buchstaben als Bilder, beschäftigte Redakteure, die nie eine Journalistenschule von innen gesehen haben, Graphiker, die aus Artikeln ihre Layouts entwickeln, sowie eine erbarmungslose Schlußredaktion. Es gäbe dort so wenig Konferenzen wie nötig und so viele Partys wie möglich. Das Rauchverbot würde lässig gehandhabt. – Hoppla, die Zeitung gibt‘s ja schon – sie heißt Titanic. (Schönen Gruß an Prinz Leo!)

12) Und jetzt mal im Ernst?
Nennen Sie mich bitte nicht Ernst.

13) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?
Wenn Göttin Journalistin wäre, tut er nur für Zeitungen zu schreiben, in deren Grammatik noch hochgehalten würde.

14) Wie bzw. auf wessen Anraten haben Sie Prinzessinnenreporter entdeckt?
a) Social networks b) Echte Freunde c) Intuition d) Google-Suche „Prinzessinnenreporter“ e) Spam-Mail –?
Irgendwie von allem ein bißchen. Darf ich jetzt gehen?

15) Wir bitten darum. Frag Er den Mundschenk nach Braten und Bier, Er hat es sich erdient.

Dieser Eintrag wurde am 4. September 2015 veröffentlicht. 1 Kommentar

Angst, die nicht vergehen wird…

Heute vor 70 Jahren wurde das chinesische Getto Hongkew befreit. Gastprinzessin Peter Finkelgruen darüber, wie er Verfolgung und Flucht überlebte und die aktuellen Ereignisse erlebt.

Heute, am 3. September, sind es genau 70 Jahre her, seit da Getto Hongkew in China von amerikanischen Streitkräften befreit wurde. Ich sitze in Köln an meinem Schreibtisch, blicke in den Fernseher und Bilder ziehen in immer rascherer Folge an meinen Augen vorbei. Bilder von der Küste in der Türkei. Angeschwemmte Leichen von Flüchtlingen, die sich auf die nächste lebensgefährliche Etappe ihrer Flucht vor Verfolgung und Tod gemacht haben.
Dabei kann ich nicht anders, als an den sogenannten „Meisinger-Plan“ zu denken. Der SS-Standartenführer aus dem Reichssicherheitshauptamt in Berlin, der sich bereits als Massenmörder in Polen betätigt hatte, war vom 1. April 1941 bis Mai 1945 als Polizeiverbindungsführer und Sonderbeauftragter des SD an der deutschen Botschaft in Tokio tätig. In dieser Eigenschaft reiste er in das von den Japanern besetzte Shanghai und versuchte in Verhandlungen mit japanischen hohen Offizieren, einen Endlösungsplan für die aus Europa geflohenen in Shanghai lebenden Juden durchzusetzen. Einer seiner Vorschläge war die in Shanghai lebenden Juden zusammenzutreiben und auf alten Schiffen ins Meer abzuschieben, wo sie ohne Nahrung und Wasser dann von alleine sterben würden.
Ich sehe die Bilder der Flüchtlinge auf dem Bahnhof in Budapest, ich sehe die Bilder von weinenden verängstigten Kindern. Ich erinnere mich an das Gedränge im Hafen von Shanghai kurz vor der Abfahrt zurück nach Europa. Fremde Laute, fremde Gesichter, existentielle Unsicherheit, endlose Angst. Eine Angst, die ein ganzes Leben zum Begleiter dieser Kinder und ihrer Eltern werden wird. Angst die nicht vergehen wird, Angst, die ihr Verhalten auf Dauer in den verschiedensten Bereichen und ihrem künftigen Alltag prägen wird.
Ich habe Glück gehabt. Ich habe im Gegensatz zu meinen Eltern Flucht und Verfolgung überlebt. Ich habe viele Jahre in dem trügerischen Gefühl gelebt, die Vergangenheit, Verfolgungen und Gefahren seien überwunden. Ich lebe auf einer Insel der Seeligen, die in dem Glauben Wohlstand und Frieden genießen, sie seien geschützt vor Verfolgung und Gefahren. Jetzt erleben wir alle zusammen, dass die Folgen der Kriege und Verfolgungen zu uns kommen.
Vor einigen Wochen habe ich eine Ausstellung besucht, die vom ITS (International Tracing Service des Roten Kreuzes) in Arolsen entwickelt und organsiert wurde. Die Ausstellung behandelt das Thema des DP s ( Displaced Persons ), die nach der Befreiung zu Millionen Europa durchzogen. Teils auf der Suche nach der verlorenen Heimat, teils auf der Suche nach einer neuen Heimat. Ich wanderte von Tafel zu Tafel. Bilder und Dokumente belegen die Zeit, als Europa von Flüchtlingen und Überlebenden des 2. Weltkrieges bevölkert wurde. Das ist nun 60 – 70 Jahre her. Auf einer der Tafeln stockte mein Herzschlag. Ich sah ein Schwarzweisphoto, auf dem 5 junge männliche Menschen vor dem Bug eines Schiffes abgebildet waren. Unter dem Photo ein erklärender Text, es handele sich um Jugendliche aus Shanghai, die in einem europäischen Hafen auf ihre Überfahrt nach Israel warten.Das Schiff ist mit Tauen am Kai festgebunden, der Name des Schiffes ist leserlich. NEGBA steht dort in lateinischer und hebräischer Schrift. Ich sehe auf dem Photo, dass es sich um ein altes und kleines Schiff handelt, das da auf die Überfahrt übers Mittelmeer wartet. Die NEGBA war das Schiff, auf dem ich als Überlebender jugendlicher Mensch nach Israel gekommen bin., Weder die Erinnerung an die Ängste in Shanghai, noch die Hoffnungen, die sich mit der NEGBA verbanden, haben mich verlassen.
All das wird lebendig wenn ich die Hunderttausende von Flüchtlingen auf den Bildschirmen sehe. Hoffnung und Freude überkommen mich, wenn ich die Hilfsbereitschaft in Deutschland wahrnehme, den Flüchtlingen zu helfen.
Gleichzeitig habe ich Angst, dass Europa, wie in den 30er Jahren zum zweiten Mal innerhalb eines Jahrhunderts versagen wird bei der Handhabung von Flüchtlingsprobleme. Dass sich Tragödien wiederholen. Das DARF nicht sein.

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (18)

stein_webAusgefüllt von Hannes Stein

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.
Hannes Stein wurde 1965 in München geboren und ist in Salzburg aufgewachsen. Er arbeitet u.a. für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, den Spiegel und Die Literarische Welt. Im Sommer 2007 ist er nach New York ausgewandert, wo er als Journalist und Autor lebt. Zuletzt erschien sein Roman Der Komet im Galiani Verlag Berlin.


1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann haben Sie sich zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?

Der erste Autorenname, den ich mir gemer
kt habe, war Alexander Smoltzyk. Er hatte in einem Artikel in der “taz” geschrieben, die Rue Sowienoch in Paris habe die Form einer verkochten Nudel, die schlaff von der Gabel hängt – ich fand die Metapher so schön. Außerdem ist der Name eben sehr auffällig, wer hat denn schon ein x, ein y und ein z in der Autorenzeile? Alexander Smoltzyk. Großartiger Autor. Was ist eigentlich aus dem geworden? Ich habe es gerade gegoogelt, er ist Reporter für den „Spiegel“. Hoffentlich wissen die, was sie an ihm haben und bezahlen ihn gut.
2) Wie lautet Ihre Lieblingsschlagzeile?
„Schulz und Bühne“. Diese Schlagzeile wollte ich, als ich noch Redakteur war, immer über die Kritik einer Theaterfassung von „Sein oder Nichtsein“ setzen. Im Film von Lubitsch gibt es doch diesen Gestapomann, „Konzentrationslager-Ehrhardt“, der ständig – wegen allem, was schiefgeht – seinem Untergebenen Schulz die Schuld gibt; als der Gestapomann sich am Ende eine Kugel in die Schläfe schießt, brüllt er noch im Sterben: „Schulz!!!“ Infolge nie stattgehabter Aufführung eines derartigen Stückes fand meine geniale Schlagzeile bisher leider keine Verwendung.
3) Ihr peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?
Ich habe keine peinlichen Erlebnisse. Nie. Nächste Frage.
4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?
Der Journalismus kann auf gar keinen Fall gerettet werden, indem man die „FAZ“ mit der „New York Times“ zusammenlegt und das so entstandene Produkt dann der „Neuen Zürcher Zeitung“ beilegt.
5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würden Sie sich freuen?
Alfred Polgar. Wenn dem auch nur ein Text – ach, was rede ich: ein Absätzlein! – von mir gefallen hätte: das wäre die ewige Seligkeit, und ich würde Kyrie und eleison singen.
6) Und wem auf Erden würden Sie am liebsten den Stift klauen?
Yossi Klein Halevi. Der macht alles besser als ich.
7) Welchen anderen Beruf hätten Sie sich noch vorstellen können?
Ich habe immer Ärzte beneidet – weil ihr Beruf so unverkennbar nützlich ist. Außerdem arbeiten Ärzte gleichzeitig mit dem Kopf und den Händen, was mir gut gefällt. Der Beruf ist übrigens von jenem des Journalisten gar nicht so verschieden: Was ist eine Anamnese denn anderes als ein Interview? Und eine Diagnose ist detektivische Knobelarbeit – siehe „House“ –, also mit anderen Worten: Recherche. Nur rettet man mit dieser Recherche unmittelbar Leben, während es relativ wurscht ist, ob meine Artikel veröffentlicht werden (und am Morgen danach wird bekanntlich sowieso Fisch darin eingewickelt). Allerdings hatte ich viele Jahre lang eine gute Freundin, die Ärztin war, und weiß also, dass dieser Beruf auch seine dunklen Seiten hat. Die langen Nächte ohne Schlaf! Und dann gibt es natürlich die Fälle, wo man nichts mehr tun kann; wo man hilflos daneben steht, während ein Patient stirbt. Wie kommen eigentlich Onkologen, die in Kinderspitälern arbeiten, seelisch mit ihrem Alltag zurecht? Vielleicht möchte ich also lieber ein harmloser Schnupfenarzt sein, der nichts Härteres als Kamillentee verschreibt und hin und wieder ein Aspirin. Aber das ist dann wieder nicht so nützlich. Also bleibe ich lieber gleich Journalist.
8) Ihr/e Wunschinterviewpartner/in?
Julia Roberts. Eine großartige Schauspielerin, die mit den Jahren immer schöner geworden ist. Außerdem habe ich den Verdacht, dass die vielen Millionen, die sie verdient hat, ihr nicht zu Kopf gestiegen sind; dass sie also sympathisch ist.
9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Sie ganz alleiniger Chefredakteurkönig wären? Und wie würde sie heißen?
Das möchte ich mir lieber nicht vorstellen. Ich wäre ein grauenhafter Chefredakteur. Bitte, bitte, hievt mich nie in eine Position, wo ich Kollegen herumkommandieren und mich gleichzeitig vor irgendwelchen Verlagsfuzzis verantworten muss, wo ich ständig gezwungen bin, zwischen Wichtigkeiten und Nichtigkeiten zu unterscheiden (als wenn es da objektive Maßstäbe gäbe, von Ausnahmen wie Kometeneinschlägen abgesehen), in eine Position, wo ich gefälligst an die Leser zu denken habe – Gott, wie ich Leser hasse! Mehr noch hasse ich eigentlich nur Leserbriefschreiber! – und vor allem: wo ich nur noch Leitartikel schreiben darf, diese ödeste Textgattung seit Erfindung der Keilschrift.
10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät er schreiben?
Blöde Frage – für „Jedioth Achronoth“ natürlich.