Archiv | September 2015

Zertifizierungskurs für Qualitätstrittbrettfahrer, Folge 2

cv4-heute von unserer Expertin für Trittbretttreter
Prinzessin Ramona Ambs


Für Trittbrettfahrer ist es das allerwichtigste das Gleichgewicht zu halten, um nicht vom Trittbrett zu fallen, wenn sie mit
lesen, was sie nicht bezahlt haben. Daher ist es von größter Bedeutung, dass sie neben den bisher von Prinzessin Marit geleiteten Balanceübungen auch auf das richtige Schuhwerk achten. Sonst kann es leicht passieren, dass sie vom rosa Trittbrett fallen und auf Seiten landen, auf denen sie nicht erwünscht sind. Ganz oben ist rosa, also wir. Auf diesem Level sollten Sie sicher Trittbrettlesen können, ohne runter ins Kraut zu fallen. Denn -niemals vergessen!- dort mag man sie nicht. Selbstverständlich sollten deshalb auch Trittbrettleser-Schuhe eine hohe Standfestgkeit aufweisen und überdies schlicht großartig sein. Man sollte ihnen keineswegs ansehen, dass sie zu Subjekten gehören, die den Nutzen eines Gutes erlangen, ohne dafür zu zahlen. Da man auf dem Trittbrett ja genauso ans Ziel kommt wie der ordentliche Fahrgast, ist es wichtig, eine gewisse Eleganz an den Tag zu legen. Schließlich sind auch Sie ein Teil des großen Ganzen. Dokumentieren Sie also ihre Trittbretttreter – ein Tweet oder eine Meldung auf unserer Facebookseite reicht, bitte aber in jedem Fall aber das Hashtag #IchwerdeQualitätsTrittbrettfahrer benutzen… oder nutzen Sie den obigen Spendenbutton um Qualitätsleser zu werden. Was auch immer Sie tun: bleiben Sie rosa!

Zertifizierungskurs für Qualitätstrittbrettfahrer, Folge 1

Prinz Kasimir als junger Mann (oben; hier mit seiner Schwester Prinzessin im Bild) zeigt, wie man in der Balance bleibt

Prinz Kasimir als junger Mann (oben; hier mit seiner Schwester Prinzessin im Bild) zeigt, wie man in der Balance bleibt

Von unserer Gleichgewichtsbeauftragten Prinzessin Marit Hofmann und unserem Qualitätsvorturner Prinz Kasimir

Für Trittbrettfahrer ist es das allerwichtigste das Gleichgewicht zu halten, um nicht vom Trittbrett zu fallen, wenn sie mitlesen, was sie nicht bezahlt haben. Daher beginnen wir unseren Lehrgang mit einigen Balanceübungen. 
Bevor du den Computer einschaltest, um die rosa Prinzessinnenreporterseite zu öffnen, ohne uns dafür ein Entgelt via Paypal oder eine Erdbeertorte zuzuschustern, erde dich, stelle dich ganz gerade hin, die Füße hüftweit geöffnet und atme tief ein und aus. Hebe nun ein Bein waagerecht nach vorne. Halte die Position 2 Minuten. Wechsel die Seiten. Hebe nun beide Beine gleichzeitig. Erkenne deine Grenzen, nicht jeder kann nun mal Prinzessin sein; auch zertifizierter Qualitätsleser zu werden, ist eine Herausforderung, aber fast jeder hat das Zeug zum Qualitätstrittbrettfahrer, wenn er nur ein wenig trainiert und nicht nach dem ersten Misserfolg aufgibt.
Prinz Kasimir macht die nächste Übung vor (siehe Jugendbild oben): Klettere auf einen in die Höhe ragenden Ast und setze dich oben auf die Spitze. Rufe laut und deutlich: „Ich bin und bleibe Untertan!“ Schicke uns ein Beweisfoto oder -video, auch wenn du nicht ganz oben (bei den Prinzessinnen) angekommen bist, es zählt allein der Versuch.

Dieser Eintrag wurde am 18. September 2015 veröffentlicht. 1 Kommentar

Royaler Kochkurs

mmVon unserem Demokratie- und Gastrobeauftragten Benjamin Weissinger

Journalismus geht auch durch den Magen und wer ernst ist, muss auch mal genießen. Deshalb habe ich für die Prinzessinnenreporter mal ein standesgemäßes Gericht (nebst entsprechender Zubereitung) entworfen, das auch die Leser so nachkochen können:

Lammrücken mit Herzoginkartoffeln, Prinzessböhnchen und rosa Pfeffer

Zunächst betritt man die hervorragend ausgestattene Küche, in der man normalerweise keinen Finger rührt, und breitet die gerade eingekauften Zutaten (nur vom Besten) auf der Arbeitsfläche aus. Dann nimmt man ein großes scharfes Messer und schält damit eine Schalöttchen. Dabei fangen die Augen aber ganz furchtbar an zu tränen und tun weh. Wütend wirft man das Messer in die Spüle und trippelt ins Badezimmer ein paar Stockwerke höher, wo man sich die Augen unter dem Wasserhahn auswäscht. Dann wirft man sich frustriert aufs Bett, lässt seine Gedanken ein wenig schweifen und ruft dann jemanden an, der kochen kann und das für einen macht.
Während der- oder diejenige dann kocht, hält man unterhaltsame Monologe und trinkt nicht zu wenig Schaumwein. Das Essen ist hervorragend und die Gesellschaft sehr nett. Ein schöner Abend.

Dieser Eintrag wurde am 17. September 2015 veröffentlicht. 2 Kommentare

Zertifizierungskurs für Qualitäts-Trittbrettfahrer

Von Prinzessinnenreporterin (zertifiziert) Elke Wittich
Aus aktuellem Anlass bieten die Prinzessinnenreporter ab dem Wochenende einen speziellen Weiterbildungslehrgang für alle an, die einfach nicht genug Geld haben, unsere Arbeit (also die Rettung des Journalismus) finanziell zu unterstützen. Oder es schlicht nicht wollen. Die Teilnahme ist selbstverständlich kostenlos, erfolgreiche Absolventen erhalten eine geschmackvoll gestaltete Urkunde.
Da wir seit unserer Ankündigung auf Twitter mit Fragen fortbildungswilliger Trittbrettfahrer überhäuft werden, haben wir die wichtigsten Punkte in einem FAQ zusammengefasst:

Warum halten die Prinzessinnenreporter, die letzte Bastion vor den Horden der Finsternis, auch diejenigen für wichtige Mitglieder der Untertanen-Crowd, die sich nicht finanziell an den Journalismus-Rettungsarbeiten beteiligen?

Nun, darauf haben wir gleich mehrere Antworten: Zum einen halten wir das so genannte „free rider problem“ zwar auch für ein tolles, hipp und wichtig klingendes Wort, aber unsere royale Arroganz würde nie so weit gehen, ein Problem, das streng genommen nur den öffentlichen Sektor und kollektive Güter betrifft, hochtrabend für ein dem gegenüber winziges Problemchen zu benutzen, nämlich die Tatsache, dass manche Leute einfach ums Verrecken keine Lust haben, Betreibern einer Webseite Geld zu geben. Denn nein, wir finden nicht, dass das kostenlose Lesen von online frei verfügbaren Texten ähnlich verwerflich ist wie zum Beispiel die gedankenlose Überfischung der Weltmeere (ein tatsächliches free rider problem).
Zum anderen lieben wir alle unsere Leser und möchten, dass sich selbstverständlich auch alle als Teil unserer Untertanen-Crowd begreifen – dass der Qualitätsjournalismus natürlich auch Qualitäts-Trittbrettfahrer voraussetzt, versteht sich dabei von selbst.

Wie sieht der Lehrplan des Zertifizierungskurses aus?

Vorab wollen wir natürlich nicht zuviel verraten, aber neben allgemeinen Anleitungen zu Punkten wie Texterfassung, Manieren und Stil werden wir uns auch damit beschäftigen, wie Qualitäts-Trittbrettfahrer mit nur wenig Aufwand ihre Dankbarkeit zeigen können.

Dürfen auch Trittbrettfahrer der Krautreporter teilnehmen?

Natürlich.

Ich möchte zertifizierter Qualitäts-Trittbrettfahrer werden, aber Euch trotzdem auch beschenken, geht das?

Selbstverständlich, ein Klick auf die Buttons unter dem irrtümlich mit „Spenden“ beschrifteten Dingens ganz oben rechts in der Ecke, genau, da, reicht.

Okay, und wie melde ich mich an?

Ein Tweet oder eine Meldung auf unserer Facebookseite reicht, bitte aber in jedem Fall aber das Hashtag #IchwerdeQualitätsTrittbrettfahrer benutzen.

Militärputsch in Deutschland!- Prinzessinnen vor Ort!

Militärputsch! In Deutschland!

Oder so beinah jedenfalls… aber von vorne: Ein Blogger  namens Jürgen Elsässer forderte gestern die deutschen Soldaten auf, die deutschen Grenzen gegen den undeutschen Flüchtlingszustrom zu schützen. Wörtlich klang das so:  Die Entscheidung der Bundeskanzlerin zur Grenzöffnung ist Hochverrat. Eine Regierungschefin hat nicht das Recht, Volk und Staat zu zerstören. Soldaten der Bundeswehr! (…) In der aktuellen Situation droht jedoch akute Gefahr für das Volk und den Staat, denen Ihr Treue geschworen hat. Mit der kürzlichen Entscheidung der Bundeskanzlerin zur bedingungslosen Öffnung unserer Grenzen wird die Existenz beider aufs Spiel gesetzt (…) Das heißt: Wir befinden uns bereits im Notstand. (…) In dieser Situation kommt es auf Euch an, Soldaten der Bundeswehr: Erfüllt Euren Schwur und schützt das deutsche Volk und die freiheitliche Ordnung! Besetzt die Grenzstationen, vor allem die Grenzbahnhöfe, und schließt alle möglichen Übergänge vor allem von Süden. Wartet nicht auf Befehle von oben! Diskutiert die Lage mit Euren Kameraden und werdet selbst aktiv! Nur Ihr habt jetzt noch die Machtmittel, die von der Kanzlerin befohlene Selbstzerstörung zu stoppen. Euer Motto sei (…) “Deutschland muss Deutschland bleiben”!

Da wir Prinzessinnenreporter ja an aktuellen Entwicklungen und brenzligen Geschichten immer sehr interessiert sind und auch unsere Qualitäts-Leser und Qualitäts-Trittbrettfahrer auf dem Laufenden halten wollen, machte sich  Prinzessin Ramona Ambs umgehend auf den Weg zu einer Nachspürreportage von den Grenzstationen der Republik,  um zu sehen, wie viele tapfere Soldaten dem Befehl des großen Militärputschaufrufers gefolgt sind und was sie über die derzeitige Lage denken. Außerdem kann es nicht schaden, den Zustand der Bundeswehr zu inspizieren, schließlich weiß  man ja nie …-und falls sich der Journalismus eines Tages als nur mit Waffengewalt zu retten erweist, will man ja vorbereitet sein!
Aber dann…:

Die meisten Grenzbahnhöfe waren bundeswehrtechnisch verwaist. Ein paar einzelne Polizisten waren zu sehen, ein paar Helfer, ein paar Flüchtlinge und ein paar Touristen. Niemand von ihnen hatte einen Soldaten gesehen. Mit meinen neuen Schuhen, wundervollen rosafarbenen Pumps mit leichter Glitzerapplikation,  schritt ich jedoch unverdrossen die weiten Wege ab. Es musste doch irgendwo ein getreuer Soldat zu finden sein, dem sein Gelöbnis wichtig war. Doch wohin ich auch kam: gähnende Leere.

Erst gegen Abend gelange ich zum letzten Punkt auf meiner Grenzstationenliste: nämlich nach Wegscheid in Niederbayern. Am dortigen ehemaligen Grenzposten erblicke ich endlich einen Soldaten, der auf dem Boden sitzt, am Grenzzaun lehnend und auf sein Handy starrt.

“Hallo. Sind Sie wegen des Aufrufs von diesem Blogger hier?“

„Ja, also isch bin wege dem Staatsstreich do, der Jürschä hot mir gemailt, isch soll do hi kumme, aber sunsch isch kenner kumme. Isch hab misch do hie gesetzt, weil der jo gschribbe hot, mir solle die Grenzstation besetzte, aber isch weeß aaa nit… Und mein Scheiß-Akku isch alle.“

Anklagend hält er mir sein Handy entgegen.

Ich nicke verständnisvoll. Leere Handyakkus sind ein Grundübel und werden nach der Revolution verboten sein. Ich setze mich neben ihn, und frage, woher er kommt.

„Isch bin aus Hesse. Isch bin hait morsche losgfahre und will hier mein Vaterland verteidischä!“

„Sie halten den Aufruf von Jürgen Elsässer also für gerechtfertigt?“

„Ey, sischer!“

„Aber Sie sind ganz alleine hier. Was machen Sie denn, wenn keiner mehr kommt?“

„Ausharre!“

„Wie lange?“

„haaa, bis eener kummt!“

Ich bin beeindruckt. Das ist echte soldatische Treue. An einem einsamen Grenzpfosten ausharren ohne Handyakku und ohne Möglichkeit weiter Befehle zu empfangen. Ein bisschen erinnert er mich an Leutnant Onoda Hiro,  den letzten japanischen Soldaten, für den der zweite Weltkrieg noch bis 1974 ging…

Ich stehe auf, verneige mich huldvoll und verabschiede mich höflich.
Die Sache mit dem Militärputsch ist damit wohl vorerst vom Tisch.
Aber wir bleiben dran und informieren weiter, falls sich die militärische Lage doch noch verschärfen sollte…

Dieser Eintrag wurde am 15. September 2015 veröffentlicht. 1 Kommentar

Royale ziga Retten

rette-1Eine Zigarette als Rettung!
Entgegen anders lautender Berichte wurden nicht wir Prinzessinnen durch den König, sondern allenfalls umgekehrt, der König durch uns Prinzessinnen inspiriert. Wir sind nämlich grundsätzlich die Ersten, wenn es um gute Ideen geht. In diesem Fall um ZigaRetten. Im konkreten Fall war es unsere Gastprinzessin Bernhard Torsch, der diesen Vorschlag publizierte. Und da es noch immer aktuell ist – und aktuell bleiben wird- wiederholen wir hier nochmal das Wichtigste:
„Es kommen Menschen, die tausende Kilometer weit vor Krieg, Klerikalfaschismus und Zerstörung geflohen sind, und kaum jemand kommt auf die Idee, diesen Leuten, unter denen sich viele Raucher befinden, ein paar Kippen anzubieten. Wie es menschlich und zivilisiert wäre. Aber Genuss, der notwendigerweise irrational sein muss im armseligen Bezugsrahmen der Gesundheitspolitik, oder gar Sucht gesteht man Refugees nicht zu. Da wird selbst die netteste freiwillige Helferin zur gar strengen Erzieherin und hält lieber Predigten über die Schädlichkeit des Tabakkonsums, als ein paar Stangen Rauchware rauszurücken. Das Rauchen verschwindet zusammen mit einer Kultur, der trotz allem immer noch so viel vernünftige Unvernunft und Widerstandsgeist innewohnte, dass man dem Chef halt täglich einige Rauchpausen abringen konnte und der Chef das auch zuließ weil er wusste, es mit Menschen zu tun zu haben.“
Es ist also das royale Gebot der Stunde: Spendet doch endlich auch mal ein paar Kippen!

 

Wirre suchen ein Zuhause

Die Prinzessinnenreporter vermitteln wieder herrenlose Medienkritiker

Liebe Untertanencrowd, wir bei Prinzessinnenreporter haben uns nicht nur der Journalismusrettung verschrieben, sondern auch der Rettung der Journalismuskritik. Denn leider sind auch die tüchtigsten Presseschimpfer, Fernsehmäkler und Radioraufer nicht davor gefeit, den Horden der Finsternis anheimzufallen. Sie brauchen Pflege, Fürsorge und vor allem das richtige Futter, damit sie nicht an Morbus Naidoo erkranken. Daß wir das nicht allein schaffen, ist wohl klar – dafür haben wir schließlich Untertanen.

Derzeit vermitteln wir Didi, einen schon etwas rüstigen Kritikersenior. Früher war er sehr verspielt und fröhlich, doch dann geriet er leider an Til, ein vielbeschäftigtes Herrchen mit wenig Zeit. Der arme Didi wurde leider über lange Zeit vernachlässigt – und vor allem nicht gegen die gefürchtete Krankheit Naidoo geimpft! Mit den Spätfolgen der Infektion hadert er immer noch; unter anderem leidet er an der Wahnvorstellung, ein beliebter Schauspieler zu sein, der eine wichtige Botschaft zu verkünden hat.

Didi braucht ein liebevolles Zuhause, das aber auch ganz klare Grenzen setzt. Zu seinen Ticks gehört unter anderem nämlich auch das Verbrennen von Zeitungen, wenn die nicht genug Artikel über finstere jüdische Machenschaften bringen. Hier ist das zukünfitge Herrchen oder Frauchen aufgerufen, auch mal eine harte Hand walten zu lassen. Wir bitten Euch, liebe Untertanencrowd: Holt Didi bald zu Euch nach Hause! Sonst wird der drollige Kamerad wohl auf immer hinter einer Paywall verschwinden. Und irgendwann eingeschläfert. Von seinen eigenen Filmen.

Wahlkampftagebuch: Das große Finale

Der Wahlkampf ist vorbei – und der Kandidat der Herzen hat so gut wie gewonnen. Altenbochum wählt Wendland

Liebes Tagebuch,

es ist an der Zeit, Abschied zu nehmen. Gestern war die Oberbürgermeisterwahl in Bochum. Wolfgang hat 7,91 Prozent geholt und kam auf den vierten Platz. Fast wäre er noch an der Grünen-Kandidatin vorbeigezogen. Als die Zahlen feststanden sind wir schnell aus dem Rathaus weg zur Trinkhalle, denn es ist wirklich das Schlimmste eingetreten: Das Bier war alle. Sekt gab es noch, es war etwas peinlich. Haben wir mit 7,9 Prozent gerechnet? Nie im Leben. Wolfgang tippte gestern um 18.00 Uhr auf sechs Prozent. Wir haben uns alle geirrt.
Ab jetzt ist alles wie immer: Thomas Eiskirch von der SPD wird in zwei Wochen die Stichwahl gegen Franz von der CDU gewinnen. Eiskirch ist 43 – er wird jetzt mindestens 20 Jahre lange Oberbürgermeister in Bochum bleiben. Mit der Stadt wird es einfach weiter bergab gehen, nichts wird sich ändern, aber das haben wir alle geahnt, als wir im Februar das „Team-Wendland“ gegründet. Eigentlich ging es auch um einen Platz in den Geschichtsbüchern.
Irgendwann werden Historiker die Prinzessinnenreporter lesen und sich an den Kopf fassen: „Das hätte ja auch alles ganz anders werden können. Die Stadt hatte doch eine Chance und sie hat es versemmelt.“
Die Historiker werden dann ein paar Stücke von den Kassierern hören und sich denken: „Der Mann war später Bundeskanzler. Wie gut, dass er nicht als OB in Bochum versauert ist.“
Stefan Laurin

Der Autor war Vorsitzender und einziges Mitglied der Initiative „Bürger für Wolfgang Wendland“

Liebe Prinzessinnenreporter-Crowd

am 3. November beginnt das dritte Prinzessinnenreporter-Quartal.
Das bedeutet neun Monate voller Journalismus-Rettung liegen dann bereits hinter uns, der letzten Bastion vor den Horden der Finsternis. Schon heute wollen wir Euch aber darauf aufmerksam machen, dass auch weiterhin jeder, der uns Geld spendet und/oder von uns zertifizierter Qualitätsleser ist, unsere Beiträge in Mails, bei Facebook, Twitter, Diaspora, G+ oder auf andere Weise verlinken darf. Wir lieben nämlich unsere Trittbrettfahrer und wissen sie zu schätzen. Und da Prinzessinnenreporter-Texte für die Ewigkeit geschrieben wurden, werden sie entsprechend auch ihre Gültigkeit nicht verlieren.
Herzliche Grüße,

die Prinzessinnen

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Dieser Eintrag wurde am 13. September 2015 veröffentlicht. 2 Kommentare

Journalismusrettung international

In der „Versorgerin“ aus Linz schreibt Wissenschaftsprinzessin Svenna Triebler über die Automatisierung des Schreibens. „Gerne unterstützen wir die Prinzessinnenreporter im Kampf gegen unnützen Journalismus“, teilt uns die Redaktion der „Versorgerin“ mit und erlaubt es uns daher freundlichst, den Text zu übernehmen. 

Die elektrische Kanzlerin

Ich versichere hiermit an Eides statt, dass ich diesen Text persönlich und ohne Zuhilfenahme elektronischer Hilfsmittel erstelle. Abgesehen natürlich von jenem Textverarbeitungsprogramm, das mir als virtuelle Schreibmaschine dient, mich darüber hinaus dezent auf Tippfehler hinweist und mir mit seinem Thesaurus über Wortfindungsschwierigkeiten hinweghilft. Und dem Betriebssystem, auf dem dieses Programm wiederum läuft. Und selbstverständlich dem Browser, den Suchma-schinen und allem, was sonst noch so für die Onlinerecherche nötig ist. Ansonsten aber handelt es sich bei diesem Artikel um reine Handarbeit.
Man sieht: Computer nehmen der schreibenden Zunft schon lange eine Menge Arbeit ab. Der nächste Schritt, also Programme, die auch den anstrengendsten Teil übernehmen, will heißen: dieses lästige Formulieren, war also nur folgerichtig. Eine entsprechende Software zu programmieren, ist mittlerweile auch für informatikaffine Amateure nicht mehr allzu schwer: Unter Twitterern ist es vor einiger Zeit in Mode gekommen, sich automatisierte Zweitaccounts (sogenannte Bots) zuzulegen, die sich Satzbausteine aus den Posts der Originale aus Fleisch und Blut zusammensuchen und daraus neue Tweets basteln. Das Ganze erinnert ein wenig an jene dreigeteilten Bilderbücher im Kindergarten, in denen Kopf, Rumpf und Hinterteile verschiedener Tiere zu merkwürdigen Fabelwesen zusammengesetzt werden können, funktioniert aber noch ein Stückchen raffinierter: Das Programm würfelt die Versatzstücke nicht einfach zufällig durcheinander, sondern versucht anhand eines Algorithmus zu erraten, welche Kombinationen am wahrscheinlichsten sind.
Genaueres über die Funktionsweise solcher Bots lässt sich im »Merkel-Blog« der Netzautorin und Schöpferin des Twitter-Accounts »Merkel eBooks« (@merkel_ebooks), Julia Schramm, nachlesen. Da Angela Merkel nicht twittert (jedenfalls nicht offiziell; dass sie inkognito unter irgendeinem phantasievollen Pseudonym auf der Zwitscherplattform aktiv ist, lässt sich ja nicht vollständig ausschließen), dienen in diesem Fall über 400 Reden der deutschen Bundeskanzlerin als Grundlage; das Programm erstellt daraus automatisch alle 15 Minuten eine neue Kurzmitteilung.
Mit durchwachsenen Resultaten. Von Grammatik weiß so ein Bot nichts, und so erwecken die Mitteilungen der elektrischen Kanzlerin oft eher den Eindruck, als stammten sie von einem gewissen Edmund Stoiber: »Gewerkschaftstag in Paris, die Gewalt, Flucht in Los Angeles – manchmal muss jetzt klare, transparente«, heißt es dort etwa. Manches hingegen klingt sogar menschlicher als das Original: »Du, lieber Herr Sommer des temporären Rettungsschirm, die unvollendete Doha-Runde«, und anderes geradezu visionär: »Klonen, sei es bei Frauen und das gilt nicht aufgegeben.«

Derartige Software-Basteleien taugen nicht allein als Spielerei. So startete die Berliner Künstlergruppe »Peng Collective« im April dieses Jahres die Aktion »Zero Trollerance«, um in sozialen Netzwerken gegen sexistische Hasskommentare anzugehen. Deren Inhalt und Duktus sind ziemlich vorhersehbar; das vereinfachte es, mit Hilfe eines Sprachanalysetools entsprechende Trollaccounts zu identifizieren. Wer beim Herumpöbeln ertappt wurde, erhielt freundliche Nachrichten von einem von 160 eigens programmierten Twitter-Bots: zuerst einen Hinweis auf die sexistische Natur des Posts, dann Schritt für Schritt Links auf sechs Videos mit einem satirischen »Selbsthilfeprogramm«, das »auf dem Weg zu Selbstreflexion und feministischer Resozialisierung« helfen solle. Die Aktion lief eine Woche lang; ob dadurch auch nur ein einziger Troll von seinem Verhalten »kuriert« wurde, ist für die Macherinnen und Macher allerdings zweitrangig. Viel wichtiger sei ihnen das Signal an die Betroffenen, den Anfeindungen nicht hilflos ausgeliefert zu sein, erklärt »Peng«-Aktivistin Lia Rea.
Noch größeren praktischen Nutzen bieten Fake-Accounts, die als Turing-Maschine programmiert sind, also mehr oder weniger überzeugend eine Kommunikation mit einer realen Person simulieren: Von Kommentarrhoe befallenen Zeitgenossen fällt in ihrer Rage oftmals nicht auf, dass sie sich stundenlang an einem Computerprogramm abarbeiten – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass die Trollmöpse in dieser Zeit nicht dazu kommen, echte Menschen zu belästigen.
Ein Programm zur Sprachanalyse bildete nicht nur die Grundlage für »Zero Trollerance«, sondern auch für die »Trolldrossel«, einem Experiment des Chaos-Computer-Club-Sprechers Linus Neumann und des Datenaktivisten Michael Kreil. Diese beiden nutzten eine Kopie des sich in Nerdkreisen zweifelhafter Beliebtheit erfreuenden Blogs »Fefes Blog«. Im Unterschied zum Original besaß das Duplikat »re:Fefe« eine Kommentarfunktion, welche auch eifrig genutzt wurde. Diese Datengrundlage erlaubte es, Wörtern und Sätzen eine Trollwahrscheinlichkeit zuzuordnen.
Anstatt nun mutmaßlichen Knalltüten-Content einfach auszusperren, bewirkte die eigentliche »Trolldrossel« etwas weitaus Fieseres: Je höher der Trollquotient eines Kommentars, um so größer die Wahrscheinlichkeit, dass das Programm dem mutmaßlichen Kommunikationsquerulanten ein falsches Captcha für die Freischaltung des Beitrags zuwies. Wer schon einmal mühsam einen dieser verzerrten Zahlen- oder Buchstabencodes entziffert hat, weiß, wie leicht man sich da vertippen kann, so dass die Zielgruppe offenbar keinen Verdacht schöpfte; manch einer gab selbst nach zehn vergeblichen Anläufen nicht auf, bis er endlich ein gültiges Captcha erwischte. Die Erfinder des Konzepts beschreiben die Vorteile so: »Kein Moderationsaufwand, keine Zensurvorwürfe, und ich habe die Leute maximal beschäftigt.«[1]

Sprachverarbeitende Software kann aber nicht nur dazu dienen, Inhalte aus dem Internet fernzuhalten, sondern generiert auch längst selbst welche. Während es dem Merkel-Bot und seinen Anverwandten noch an Sinn und Syntax gebricht, sind kommerzielle Schreibprogramme längst viel weiter und kommen vor allem dort zur Anwendung, wo es um die Aufarbeitung von Zahlen und Statistiken geht.
Ich muss gestehen, dass ich es sträflich versäumt habe, mir die Werke von Philip M. Parker zu Gemüte zu führen – die Auswahl fiel zu schwer: Im Angebot von Amazon finden sich über 100.000 per print on demand bestellbare Bücher des US-Wirtschaftswissenschaftlers. Wie man sich denken kann, hat Parker die nicht alle selbst geschrieben, sondern ebenfalls eine Software, an der er das Patent hält. Die geneigte Leserschaft möge mir verzeihen, dass ich aufgrund meiner Lesefaulheit nichts über die literarische Qualität der Werke aussagen kann, die so klanghafte Titel tragen wie »Webster‘s Italian to English Crossword Puzzles« oder The World Market for Coated, Impregnated, or Bleached Kraft Paper and Paperboard with over 95% by Weight of Wood Fiber Obtained by Chemical Process and over 150 G/M2 in Rolls or Sheets: A 2007 Global Trade Perspective«.
Die potentielle Kundschaft für diese Schmöker dürfte überschaubar sein, aber automatisch generierte Texte erreichen in Form von Börsen- oder Sportberichten längst ein breiteres Publikum. So nutzt beispielsweise »FussiFreunde«, das Fußballportal von Radio Hamburg, seit vier Monaten eine Anwendung, die aus den Mannschaftsaufstellungen und Ergebnissen der Kreisklasse eigenständig Artikel produziert. Wie Radio Hamburg der »Versorgerin« gegenüber erklärte, kommen diese Texte ohne Nachbearbeitung aus, dies sei zeitlich ohnehin nicht zu machen. Bei Berichten aus höheren Spielklassen sitzen allerdings noch immer Menschen an der Tastatur, die den Schreibroboter lediglich zur Unterstützung heranziehen. Wer die Probe aufs Exempel machen will, möge versuchen, herauszufinden, welche Artikel auf »FussiFreunde« menschen- oder aber maschinengemacht sind – ich für meinen Teil bin an dieser Aufgabe gescheitert.
Die journalistischen Ambitionen der Softwarebranche machen an diesem Punkt nicht halt, und Zeitungsverleger dürften die Entwicklung der kostensparenden Technologie aufmerksam beobachten. 50 Prozent der Inhalte von Tageszeitungen könnte auch der Computer schreiben, meint etwa Saim Alkan, Geschäftsführer der Berliner Firma Aexea, die ein entsprechendes Programm vertreibt. Er dürfte berufsbedingt optimistisch sein, aber vielleicht ist seine Schätzung trotzdem noch zu niedrig. Ob nun, wie heute üblich, unter Zeitdruck stehende Redakteure oder aber die elektronischen Heinzelmännchen Agenturmeldungen und Pressemitteilungen zusammenkopieren, dürfte ohnehin kaum einen Unterschied machen. Was aber ist mit den bewertenden Textformen, die werden doch sicherlich weiter Menschensache bleiben?
Garantiert ist das nicht. Noch gilt der Stil der Schreibprogramme als hölzern, aber man könnte ja beispielsweise mal testen, was herauskommt, wenn man die Software mit den Datenbanken zur Troll-Identifizierung füttert: vermutlich eine überzeugende Simulation des Stammtischgestammels von Franz-Josef Wagner, dem Obertroll der »Bildzeitung«. Und betrachtet man etwa die deutsche Kommentarlandschaft zum Thema Griechenland, wird man feststellen, dass dazu auch nicht mehr als das Aneinanderreihen vorhersehbarer Phrasen (»Fass ohne Boden«, »Hausaufgaben machen«, etc.) nötig zu sein scheint. Mit einem Kommentar-Bot, dem man verschiedene politische Stoßrichtungen vorgeben kann, ließe sich sogar eine weitaus größere inhaltliche Bandbreite erzielen.
Und es muss ja nicht mal der Anbieter sein, der diese Richtung vorgibt. Opinion on demand könnte die Zukunft des Onlinejournalismus sein, in der die Leser selbst die gewünschte Meinung beim Textprogramm bestellen. Die so entstandenen Artikel könnte man dann wiederum durch die automatisierten Social-Media-Zweitaccounts verbreiten lassen. Wenn diese dann auch gleich die sich anschließenden Schlammschlachten übernehmen, darf die Automatisierung des Journalismus als abgeschlossen gelten.

[1] Ausführlich haben Neumann und Kreil ihre Versuchsanordnung auf der Web-2.0-Konferenz Re:publica 2013 beschrieben. Der Vortrag ist auf Youtube unter dem Titel »Die Trolldrossel [re:Fefe: Erkenntnisse der empirischen Trollforschung]« zu finden.