Dekret zur Verwendung des Zahlzeichens „1“

Screen Shot 2016-04-07 at 02.07.34der Definitiv-Prinzessinnen Svenna Triebler und Elke Wittich

1. Grundsätzlich ist gegen die Nutzung des Zahlzeichens „1“ nichts einzuwenden. Zum Beispiel kann man eine Aufzählung damit einleiten.

2. Auch in den Sozialen Medien läßt sich die „1“ angemessen anwenden, etwa in Form des Terms „!!111einsdrölf“, was auch hilft, die bereits erwähnte Ausrufezeicheninflation einzudämmen.

3. Äußerst schwer verboten ist es, eine 1 in Worte einzubauen.
3.1 Vor allem dann, wenn darin nur „ein“ und nicht „eins“ vorkommt. Es gib kein Einsrichten, Einserlei, hereins. Wirklich nicht.

4. Die Welt ist schon ein schlimm genuger Platz, sie sollte keinesfalls durch unschön verwendete Zahlen noch unschöner gemacht werden, als sie ohnehin schon ist.

5. Ganz besonders schwer verboten ist die Ersetzung von Indefinitivpronomina durch die Zahl 1.
5.1 Auch das Zahlwort „eins“ sieht in dieser Funktion übrigens überunhübsch aus. Wir können zwar niemandem verbieten, von sich als Zahlwort zu sprechen, aber auch nicht verhindern, daß man dann eben wirkt wie aus der Kita „Kleine Waldwichtel“ entlaufen.

Dieser Eintrag wurde am 7. April 2016 veröffentlicht. 1 Kommentar

Ruf! Mich! Aus!

Design by Boris Mayer

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Fortsetzung unseres Satzzeichen-Lehrgangs. Heute: Das Ausrufezeichen

Von Gastprinzessin Bernhard Torsch

Das Ausrufezeichen heißt in Österreich Rufzeichen, in der Schweiz Ausrufzeichen oder Ausrufungszeichen, sieht ein bisschen so aus wie ein Zauberstab und hat tatsächlich eine sprachmagische Wirkung. „Signum exclamationis“, ruft Harry Potter, und schon wirkt sein an die Wände von Hogwarts gesprayter Satz „Voldemort ist ein Schwein!“ viel lauter als ohne dieses Satzzeichen.

Das Ausrufezeichen ist der aufgedrehte Lautstärkeregler der Sprache. Oder wie Onkel Duden sagt: Es „verleiht dem Vorangehenden einen besonderen Nachdruck“. Es hat auch einen Hauch von Drill Sergeant. „Private Paula, sie weinerlicher Schwabbel, legen sie das Gewehr weg!“, waren seine letzten Worte. Rumbrüllen und Befehle erteilen liegt dem signum exclamationis im Blut, daher begegnet es uns gerne auf Verbotsschildern („Kein Rassismus nach 22 Uhr!“) und in Erpresserbriefen („Kaine Bolizei!“).

So wie die meisten Menschen ist das Ausrufezeichen aber nicht zu 100 Prozent ein autoritäres Arschloch, sondern hat auch eine freundliche Seite. Wer anderen zu Silvester einen „Guten Rutsch!“ wünscht, möchte diese Person meistens nicht schriftlich anbrüllen oder ihr etwas befehlen, sondern nur verdeutlichen, wie sehr er ihr einen angenehmen Übergang ins neue Jahr gönnt. Ältere Untertanen verwenden das Zeichen auch nach Anreden, zum Beispiel in Briefen. „Mein lieber Sohn! Wie mir zugetragen wurde, willst Du die Apotheke nun doch nicht übernehmen und Dich lieber als Aktionskünstler versuchen. Ich wünsche Dir viel Glück!“

Seit sich die Menschen immer öfter virtuell begegnen, statt zusammen ein Bier trinken zu gehen, bekommt das Ausrufezeichen zunehmend eine Funktion als Gestik- und Mimikersatz. In den Sozialen Netzwerken ist es vor allem ein Emoticon unter anderen und wird auch entsprechend inflationär und achtlos benutzt. Was das signum exclamationis für Twitterer und Facebooker so attraktiv macht, ist seine ökonomische Funktionalität, die Titelseitengestalter seit Jahrzehnten zu schätzen wissen. „…!“ ist platzsparender als eine Erläuterung, warum das eben Geschriebene wichtig sei. Das Ausrufezeichen weist auch den weniger Informierten darauf hin, gerade etwas von Bedeutung gelesen zu haben. Schreit eine Zeitungsüberschrift „Krieg!“, so könnte sich selbst der völlig apolitische Mensch fragen, ob das nicht vielleicht doch eine ernste Sache sei. Freilich korrespondieren Inhalt und Rufzeichen im Zeitalter der Massenkommunikation immer seltener, weswegen auch völlig belanglose Gegebenheiten damit beschrien werden, deren Relevanz sich allenfalls den Eingeweihten erschließt. Liest man „Sonja geht Schuhe kaufen!“, so ist das unterstreichende Ausrufezeichen nur jenen verständlich, die wissen, dass die gemeinte Sonja ein Problem mit Schuhkauf-Sucht hat und vermutlich gerade ihre Kreditkarte ausbrennen lässt. Wer diese spezielle Sonja nicht kennt, wird das Rufzeichen in diesem Fall so sehen, wie Adorno es 1956 in der deutschsprachigen Lyrik wahrnahm, nämlich als „Gebärde der Autorität, mit der der Schriftsteller von außen her einen Nachdruck zu setzen versucht, den die Sprache nicht selbst ausübt“.

Davon ableitend und den Gehalt der meisten Kommunikation in Sozialen Medien kennend könnte man sogar sagen, dass ein Ausrufezeichen ein Warnhinweis für die Nichtigkeit dessen ist, was es betonen soll. Ganz sicher trifft das zu, wenn ein Satz nicht mit einem, sondern gleich mit mehreren dieser Zeichen endet. „Odin ist endlich stubenrein!!!“ mag zwar ein verständlicher Ausdruck der Erleichterung eines Nazis darüber sein, dass er seinem Köter nach einem Jahr endlich beigebracht hat, nicht ins Wohnzimmer zu scheißen. Schön oder grammatikalisch korrekt ist das aber nicht. Die deutsche Sprache ist geduldiger, als viele befürchten, aber Satzzeichen-Kumulationen mag sie nicht. Kombinationen hingegen können durchaus sinnvoll sein. Mit einem Fragezeichen lässt sich das Ausrufezeichen beispielsweise gut verbinden, um einer Frage eine betonte Verwunderung beizumengen. So hätte Josef von Nazaret, wäre er deutschsprachig gewesen und hätte es schon die technischen Mittel dazu gegeben, telegrafieren können: „Maria ist schwanger?!“

Eine weitere erlaubte Kombi ist die von Ausrufezeichen und Klammer. Diese drückt aus, dass ein Sachverhalt besonders bemerkenswert, überraschend oder kritikwürdig ist. „Nachdem er 35 (!) Tequila-Shots getrunken hatte, zitierte er fehlerfrei (!) aus Adornos Noten zur Literatur“. Von allzu intensiver Nutzung rät die royale Sprachpolizei jedoch ab, da dergleichen das Schriftbild nicht zwingend schöner macht.

Tltr: Das Ausrufezeichen hat einen berechtigten Platz in der deutschen Sprache, aber von dessen inflationärem Gebrauch ist dringend abzuraten. Merkt euch das endlich!!

Dieser Eintrag wurde am 6. April 2016 veröffentlicht. 2 Kommentare

Briefkastenschloss in Panama

unser rosa Briefkasten in Panama

unser rosa Briefkasten in Panama

Ja, es stimmt.
Wir haben ein Briefkastenschloss in Panama.

Aber nur, weil man uns in dieser Dependance immer die Verehrerpost aus dem Postkasten gefischt hat.
Und das ist doch nunmal sehr unschön.
Deshalb haben wir das Schloss anbringen lassen.

Nur damit da keine falschen Gerüchte entstehen. #PanamaPapers

Dieser Eintrag wurde am 5. April 2016 veröffentlicht. 1 Kommentar

Ihr wollt #PanamaLeaks? Dann zahlt.

Recherchen kosten Geld – von Flattr-Klicks und Crowdfunding ist ein Coup wie die Panamapapers nicht zu finanzieren. Von Gastprinzessin Sebastian Bartoschek

Kaum jemand kann zum derzeitigen Zeitpunkt abschätzen, welches Ausmaß und welche Konsequenzen die Enthüllungen der #PanamaLeaks haben werden.
Darum soll es hier auch nicht gehen. Sondern darum, dass, so liest man derzeit, knapp 400 Journalisten für 78 Medien die geleakten 2,6 Terrabyte Daten gesichtet haben. 11 Millionen Einzeldateien sollen sie gesichtet, bewertet, gegengecheckt und aufbereitet haben.

Und das alles in ihrer Freizeit, neben einem Vollzeitdayjob – und für 200 € Flattr-Kohle im Monat.
Natürlich nicht. Sicher nicht. Und auch kein Crowdfunding gab den Journalisten die nötige Unabhängigkeit, um zu arbeiten. Mit Hobby- und Nebenher-Journalismus, wie ihn der Verfasser dieser Zeilen betreibt, kann man das nicht leisten.
Das sollten wir uns vor Augen führen: Nur Journalisten, die nicht nach der Veröffentlichung der nächsten bezahlten Zeile lechzen müssen, die nicht neben dem Journalismus die meiste Zeit ihres Tages mit dem Gestalten von Werbe- und Werbehochglanzpseudomagazinen verbringen, können sowas wie #PanamaLeaks.

Das Problem in den Sozialen Medien ist aber, dass schwache Neidhammel Journalisten nicht gönnen wollen, was sie brauchen: unabhängige Stärke. Oft auch deswegen, weil jeder als suspekt erachtet wird, der stärker und unabhängiger ist als man selbst. Die Leistung des Journalisten wird dann systematisch gering geredet, verhöhnt, und – natürlich nur ironisch – hihi – als ‚Lügenpresse‘ gelabelt. Auch von denen, die anderen den Gebrauch des Label wiederum vorwerfen.
Und klar, alle finden es total doof und unhipp, wenn Journalisten nur dem nächsten Klick auf ihren Artikel hinterherhecheln – und klicken dann trotzdem – und beschweren sich – und wollen aber auf keinen Fall für Content bezahlen.
Ich nenne das selbstgerechte und -betrügende Heuchelei. (Ich bleibe deswegen nur freundlich in meiner Wortwahl, weil es in einer Woche wahrscheinlich eh schon wieder egal ist. Wieso soll ich mich also dann echauffieren und ausfallend werden?)

In Deutschland wird nun das Geschrei wieder losgehen, dass das alles nur mit öffentlich-rechtlich finanzierten Journalismus zu schaffen ist, unter Verweis auf NDR und WDR. Dass in Dutzenden anderen Ländern das ganze auch ohne deutsch-gründliche Zwangsabgaben funktioniert hat, und dass auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kein öffentlich-rechtliches Medium ist, wird dabei ignoriert werden.

Was wir brauchen, ist zunächst einmal die Einsicht, dass der Kampf gerade gegen Vertuschungen, die mit Geld zu tun haben, mit verdammt-verschissen viel Geld, nicht mit einem Taschengeld zu führen ist.
Es ist eine klassische asymetrische Kampfsituation, bei der der Leser verstehen muss, dass er helfen kann, mit seinem finanziellen Einsatz, diese Asymetrie zu verkleinern. Und dann brauchen wir Verleger und Chefredakteure, die Geld in die Hand nehmen, um Recherche zu finanzieren. Auch wenn sie ins Leere läuft. Denn auch das ist eine der innere Wahrheit hinter #PanamaLeaks: sowas klappt nur dann eimal, wenn Du bereit bist, zehnmal bei der Recherche ins Leere zu laufen.

Aber wie ich in der Klammer schon ausführte: in einer Woche ist es eh wieder vergessen.

Dieser Eintrag wurde am 3. April 2016 veröffentlicht. 7 Kommentare

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (42)

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Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und wir lassen nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.
Heute: Antje Schrupp. Sie ist Journalistin, Bloggerin, Buchautorin und Übersetzerin.

1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?
Ich glaube, das war Claudia Michels, Lokalreporterin bei der Frankfurter Rundschau. Sie hatte so ein schönes Kürzel: clau. Und war gefühlt überall.

2) Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?
„Es ist ein Mädchen“, in der taz, als Angela Merkel Bundeskanzlerin wurde.

3) Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?
Ich habe auf Pressekonferenzen nie etwas Erwähnenswertes erlebt.

4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?
Mit Meinungsstärke und Leitwolfgetue.


5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?
Carolin Emcke.

6) Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?
Allen. Meine sind schließlich auch immer weg.

7) Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?
Jeden. Ich bin aus reinem Zufall Journalistin geworden (Eine Freundin zeigte mir eine Volontariats-Anzeige und sagte: Das wäre doch was für dich. Ich so: Was ist denn ein Volontariat? Sie so: Geh da ruhig mal hin.)

8) Dein/e Wunschinterviewpartner/in?
Hannah Arendt. An sie hätte ich noch ein paar offene Fragen.

9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleiniger Chefredakteurkönig wärst? Und wie würde sie heißen?

Simone Weil sagt, man soll über Probleme erst nachdenken, wenn man sie tatsächlich hat. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie aus Papier wäre.

10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?
Heutzutage würde sie bloggen.

Dieser Eintrag wurde am 3. April 2016 veröffentlicht. 1 Kommentar

Der royale Modetipp: Badekleidung

Rosa ist hier nur die Krone!

Rosa ist hier nur die Krone!

Drei wichtige Tipps für die anstehende Badesaison.

1. Meiden Sie konsequent Zeitschriften und Online-Publikationen, in denen Worte wie „Bikini-Diät“, „Frühjahrs-Diät“ und „Speck weg“ vorkommen. Alle. Immer.

2. Kaufen Sie sich alsdann vom gesparten Geld hübsche Badekleidung, die Ihnen passt. Und ziehen Sie sie an, wann immer Ihnen danach ist.

3. Wenn noch etwas Geld übrig bleibt, spenden Sie es an Prinzessinnenreporter, die letzte Bastion vor den Horden der Finsternis.

Aprilscherzfreie Zone

Liebe Qualitätsleser, aus gegebenem Anlass haben wir hier eine aprilscherzfreie Zone eingerichtet, in der Sie sich bei einem sehr entspannenden neunstündigen Eisenbahnvideo vom heutigen allseitigen Lustigsein erholen können. Wir wünschen einen angenehmen Aufenthalt,
Ihre Prinzessinnenreporter, die letzte Bastion vor den Horden der Finsternis.

 

Update: Da wir von aufmerksamen Qualitätslesern darauf hingewiesen wurden, daß neun Stunden keinen kompletten 1. April ausfüllen, dürfen Sie den Tag hier fortsetzen.

Und hier:

Und hier:

Zéro tolérance pour Marine Le Pen!

Prinz Kasimir

Von Prinz Kasimir

Lassen Sie sich eigentlich gern auslachen?  Oder beim Schlafen beobachten?  Es ist doch so: Selbst Katzen sind, obwohl sie stets unverschämt gut aussehen, nicht immer in Catwalkform. Auch wir wollen nicht ständig gefilmt oder fotografiert werden, auch wir haben mal einen Bad-Fur-Day,  Grießbreireste am Maul oder einfach nur miese Laune, weil das Rotkehlchen entwischt ist oder uns der dummdreiste junge Kater von gegenüber eine reingehauen hat.

Wenn man mal kurz nicht aufpasst, schlägt schon wieder ein Paparazzi zu

Wenn man mal kurz nicht aufpasst, schlägt schon wieder ein Paparazzo zu

Was wir Katzen aber man meisten hassen: wenn uns ein Exemplar der von der Natur nicht gerade vorteilhaft ausgestatteten Gattung Mensch, nur weil es größer und stärker ist, gegen unseren Willen auf den Arm zerrt und uns festhält, um sich mit uns ablichten zu lassen und so ein wenig von dem würdevollen Glanz der Felidae auf sich abstrahlen zu lassen  (und uns dabei womöglich noch mit albernen Acessoires wie einer Krone oder Weihnachtsmütze versehen!).

So richtig STINKSAUER werde ich, wenn man meine Artgenossen dazu missbraucht, für eine verabscheungswürdige Politik zu werben, so wie es derzeit Marine Le Pen in ihrem neuen Blog tut. Um ihr Image in Richtung sanft und fürsorglich aufzupolieren, zeigt sie sich dort mit niedlichen Kätzchen, denen man allerdings ansieht, wie unangenehm ihnen die Zwangslage in dieser nichtstandesgemäßen Gesellschaft ist. Dass die Frontfrau National, die die Unverfrorenheit besitzt, sich „mère à chats“ zu nennen, ihren Vater nur abserviert hat, weil dessen Dobermann eine „ihrer“ Katzen auf dem Gewissen hat, macht das Ganze nicht besser. Kleiner Tipp an den Dobermann: Das nächste Mal wende dich doch bitte direkt an die „mére à chats“.

Hiermit erlasse ich folgendes Dekret: Das Recht am eigenen Bild gilt fortan selbstverständlich auch für Katzen.

Dieser Eintrag wurde am 31. März 2016 veröffentlicht. 2 Kommentare

Das Semikolon – einige notwendige Anmerkungen.

Design by Boris Mayer

Design by Boris Mayer

Das Semikolon, von manchen wilden Bergstämmen auch „Strichpunkt“ genannnt, ist die Hummerzange im Besteckkasten der Satzzeichen. Nur wenige haben eine, und von diesen wenigen wissen nur wenige, wie man sie korrekt benutzt. Wie die Hummerzange ist das Semikolon ein Luxusprodukt; man könnte Hummer auch mit gewöhnlicherem Werkzeug verputzen.
Von Gastprinzessin Bernhard Torsch

Sympathisch: Der Strichpunkt ist eine sehr liberale Interpunktion in dem Sinne, als die deutsche Sprache die Verwendung meist nicht vorschreibt, sondern nur nahelegt, oftmals sogar ganz dem Geschmack der Schreiberin überlässt. In fast allen Fällen ist das Semikolon mehr Stilmittel als Notwendigkeit, was aber nicht bedeutet, dass man ganz darauf verzichten sollte.

Will man dem Leser eine Pause zwischen zwei Hauptsätzen nahelegen, aber keine so lange, wie sie ein Punkt darstellen würde, kann das Semikolon diesen Job elegant erledigen. „Sie sank ermattet auf die Chaiselongue; das Opium begann zu wirken“.

Besteht eine inhaltliche Verbindung zwischen den Sätzen, ist das Semikolon sinnvoller als dort, wo diese Verbindung nicht besteht. Sinnvoll: „Er hielt es keinen Tag ohne Eiscreme aus; der Arzt diagnostizierte eine schwere Zuckersucht“. Nicht sinnvoll: „Sie hasste Katzenbabys und Hundwelpen; ihr Flug ging in einer Stunde“.

Zwingender ist der Strichpunkt bei der Aneinanderreihung von Wortgruppen gleicher Wertigkeit, die bereits in sich Kommata haben. „Sie liebte Zigaretten; Schokolade, Torten und Valium; verregnete Frühlingstage, Katzenschnurren und Barschecks“. Sind die Begriffsgruppen beistrichslos, schaltet das Semikolon aber sofort wieder in den antiautoritären Kann-man-muss-man-aber-nicht-unbedingt-Modus. „Seine Hobbys waren: Antiquarische Bücher und Japanologie; Astronomie und Kochen; Dentalhygiene und Softsexfilme“.

Verboten und wenigstens in katholischen Schulen auch körperlich bestraft wird der Gebrauch des Semikolons in Konjunktionen. „Ich würde ihr gerne die Hand küssen; aber das erschiene ihr wohl allzu affig“. Da schüttelt es Prinzen und Prinzessinnen.

Dieser Eintrag wurde am 29. März 2016 veröffentlicht. 2 Kommentare

Das Wort zum Ostermontag

Glaubt dem Erzbischof gar nichts: Unser Zeremoniemeister Fritz Tietz

Glaubt dem Erzbischof gar nichts: Unser Zeremonienmeister Fritz Tietz

Vom PR-Zeremonienmeister und Autobahnpfarrer i. R. Fritz Tietz

Am Samstag machte ich drei Kreuze! Und pries und dankte Gott! Dass dieser penetrante Frömmler mit seiner redundanten Glaubensinitative endlich durch war. Heiner Koch sein Name. Erzbischof sein Beruf. Von Montag an hatte der Führungskleriker die täglichen Morgenandachten des Deutschlandfunks (DLF) unter dem Obertitel „Mehr als man glaubt – Von der Unmöglichkeit des Menschen ungläubig zu sein“ bestritten. Und ich, der deutschlandfunksüchtig bin, musste sie alle mit anhören. So wie ich mir auch sonst immer die jeden Morgen ab 6.35 Uhr das Frühprogramm durchkreuzenden, knapp fünfminütigen Ansprachen der mal evangelisch, mal katholisch konfessionierten Prediger und Predigerinnen mit anhören muss. Wie gesagt: Ich kann nicht anders. Oder bin einfach nur zu bequem, das Radio in der Andachtzeit auszustellen?

Ich will aber gerne zugeben, dass es, weißgott, nicht nur so religiös aufgepeitschter und im Glaubenstaumel ausgedünsteter Kokolores ist, den die Radiochristen da überwiegend verzapfen. Mitunter erweisen sich die andachtenschiebenden Brüder und Schwestern als recht aufgeweckte Autoren und Autorinnen, die mir schon mit manch geistreichem und seelenerhellendem Beitrag in den Tag halfen. Nie jedoch wirkte sich eine Predigtwoche so abtörnend auf mich aus wie die jenes erzenen Bischofs. Nie zuvor auch schien mir ein Kirchenmann so verbiestert und verbittert rüberzukommen. Als meinte sich hier einer auf dem Zenit seiner klerikalen Karriere noch einmal mit Gewalt einbleuen zu müssen, sein Leben im katholischen Kinderglauben nicht an einen Riesenirrtum vergeudet zu haben; aber hat er das nicht eigentlich?

Und dann noch dieser hanebüchene Vorwurf – ich glaube (sic!), in seiner Donnerstagpredigt -, Gott finde in zahlreichen Medien hierzulande nicht mal mehr an christlichen Feiertagen statt. Und das ausgerechnet von einem, der gerade an sechs Tagen hintereinander ungehindert seinen gläubischen Hokuspokus in einem mindestens deutschlandweit zu empfangenden Radiosender ausbreiten konnte! Ein Sender zumal, der – nicht nur an Sonn- und Feiertagen – in zahlreichen Sendungen das Christentum in Wort und Ritus verbreitet wie nichts Gutes.

Weniger davon!

Dieser Eintrag wurde am 27. März 2016 veröffentlicht. 2 Kommentare