Nebensatz der Woche: Gawker

Der Prinzessinnenreporter-Award für den Nebensatz der Woche geht an Gawker:

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Der (inzwischen anscheinend aufgrund neuester Verwandtschaftsentwicklungen bei Löwens leider überholte) schönste Nebensatz der Woche findet sich hier.
Und hier ist der (vorläufige, bis wir einen richtigen haben) Nebensatz-Award: PR Orden

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (6)

Ein Filmkritiker, der schwarz sieht für den deutschen Film: Jürgen Kiontke

Ein Filmkritiker, der schwarz sieht für den deutschen Film: Jürgen Kiontke

Ausgefüllt von Jürgen Kiontke

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.

Jürgen Kiontke ist freier Journalist und Autor seit 1987. Er war u.a. Praktikant bei Verona Feldbusch, Klatschreporter, Satiriker, Internetredakteur, Chefredakteur des Magazins Soli aktuell und ist Lesebühnenprofi, Vortragsreisender und Filmkritiker für das Amnesty-Journal, Jungle World, Konkret und andere Medien.

 

1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann haben hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?
Ich bin Journalist – also: meinen eigenen.

 
2) Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?
a) Pandabärin immer noch nicht schwanger, aber Schumi zweites Baby

b) Haben uns die Chinesen eine unfruchtbare Bärin angedreht? (Beide B.Z. unter Franz Josef Wagner)

 

3) Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?
Ich war per Flugzeug für eine Tageszeitung zum Buddy Holly Musical in Hamburg. Auf dem Rückflug stellte sich heraus, dass das von der Plattenfirma gebuchte Ticket auf einen Monat später datiert war. Eine teure Umbuchung vor Ort war notwendig. Der Artikel wurde jedoch gedruckt, und ich musste die Plattenfirma bitten, mir den Aufpreis zu erstatten. So geht unabhängige Berichterstattung.

 

4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?
Mit dem deutschen Film.

 

5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?
Brigitte Mira

 

6) Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?
Niemandem. Worüber sollte man sich sonst aufregen?

 

7) Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?
Fernseharzt. Musiker. Professor für Neuere Deutsche Literatur.

8) Deine Wunschinterviewpartner/in?
Brigitte Mira. Die ist eine Woche vor unserem Gesprächstermin gestorben.

 

9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleiniger Chefredakteurkönig wärst? Und wie würde sie heißen?
Die gibt es schon: Der kleine Tierfreund

 

 

10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?
Der kleine Tierfreund

Das Globulijournalismus-Dekret

Globuli sind klein, fein, süß und ohne jede Wirkung.

Das journalistische Pendant sind die sogenannten Ratgebertexte. Diese findet man im  Service-Teil der diversen Lokal-Zeitungen. Das sind die Seiten, die man auch gleich ungelesen als Grundlage fürs Katzenklo nutzen kann (und Nein liebe Tierrechtler! Wir schalten keine Kommentare frei, in denen Ihr Eurer Sorge Ausdruck verleihen möchtet, dass die Druckerschwärze der Zeitungen für den Katzenarsch gesundheitlich bedenklich sein könnte!). Denn diese Seiten sind im Grunde genau dafür gemacht. Die sogenannten Tipps sind nämlich allgemein bekannt. Und da sie nicht mal sonderlich orginell formuliert sind, kann man sie sich auch gleich ganz sparen. Denn Hinweise wie:

„Wenn es Ihnen abends zu kühl wird, ziehen Sie sich einfach eine Weste über!“

oder

„Mann muss die Sommerferien nicht nur im Freibad verbringen, auch ein Kinonachmittag kann für Abwechslung sorgen“

oder

„Für einen Ausflug im Park solten sie unbedingt einen Ball, ein Spiel oder ein Federball-Set mitnehmen!“

oder last: die Binsen:

„Bewegung an der frischen Luft tut gut!“

sind quasi homöo-journalistische Zeitverschwendung. Buchstaben ohne jede Wirkung werden in Sätzen potenziert und verpuffen völlig wirkungslos im Nirwana der Leserhirns.
Globulijournalismus eben.

Das muss anders werden. Wir Prinzessinnen fordern daher: entweder den Serviceteil weglassen, oder aber echte Ratgebertexte mit orginellem Inhalt schreiben. Und zwar so, dass sie eine antibiotische Wirkung haben = effektiv sind! Und wenn schon nicht wirkungsstark, dann bitte wenigstens unterhaltsam!

Das Dekret gilt ab sofort und wird in einer Potenz von 17 und 42 verordnet.

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (5)

 "Eigentlich keine Journalistin (Aber das sagen sie alle)": Isolde Charim  Foto: Daniel Novotny


„Eigentlich keine Journalistin (aber das sagen sie alle)“: Isolde Charim
Foto: Daniel Novotny

Ausgefüllt von Isolde Charim

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten. Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.

Isolde Charim ist freie Publizistin („taz“,“Falter“, Standard“) und Lehrbeauftragte an der Universität Wien und hat u.a. die Bücher „Lebensmodell Diaspora. Über moderne Nomaden“ und „Der Althusser-Effekt. Entwurf einer Ideologietheorie“ veröffentlicht.

 

Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?

Bei meinem ersten veröffentlichten Beitrag. Da habe ich zum ersten Mal bemerkt, dass da überhaupt ein Namen drunter steht

Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?

Zu Pressekonferenzen gehe ich nicht. Mein peinlichstes Erlebnis hatte ich bei meinem ersten Interview. Das war mit dem Regisseur Robert Wilson. Ich hatte mir ein paar Fragen vorbereitet, von denen ich dachte, sie seinen unglaublich klug und Wilson wäre platt. Tatsächlich war er total gelangweilt von meinem Sermon und sagte nur knapp ja oder nein.

Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?

Indem er sich selber durchstreicht.

Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?

Das stelle ich mir als Hölle vor.

Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?

Der Firma Jolly. Einen Schulstift Nr. 2.

Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?

Ich bin ja eigentlich keine Journalistin. (Aber das sagen sie alle.)

 
Dein/e Wunschinterviewpartner/in?

Alle TheoretikerInnen.

 
Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleinige Chefredakteurkönigin wärst? Und wie würde sie heißen?

Kann ich mir nicht vorstellen.

 
Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät er schreiben?

Zeitung egal. Hauptsache Kolumne.

Solidarische Grüße an Netzpolitik

Landesverrat-Ermittlungen gegen Netzpolitik sind nicht dazu geeignet, den Journalismus zu retten, wir als letzte Bastion gegen die Horden der Finsternis lehnen sie daher ab. Lasst das!
Mit solidarischen Grüßen, #Prinzessinnenreporter

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (4)

Foto: © Bernhard Torsch

Foto: © Bernhard Torsch

Ausgefüllt von Bernhard Torsch

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.

 

Bernhard Torsch ist freier Journalist aus Klagenfurt und Betreiber des Blogs „Der Lindwurm“

 

1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann haben Sie sich/hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?

Wolfgang Pohrt, weil er mir in den frühen 90ern vorkam wie ein Besucher vom Planeten „Klug & Stil“.

2) Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?

„Germany Surrenders“, wahlweise auch „Woman, 63, becomes pregnant in the mouth after eating calamari“ (Daily Mail)

 
3) Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?

Mir ist kaum eine unpeinliche PK bekannt, aber gefragt wird wohl nach persönlich verbrochenen Peinlichkeiten? Also: Eine Pressekonferenz der mitteleuropäischen Verkehrsminister in Triest. Ich tauchte mit Jeans und gestreiftem russischen Marineleibchen auf und merkte an den einem Modemagazin entsprungen zu sein scheinenden italienischen Kolleginnen und Kollegen, dass ich doch ein wenig underdressed war. Die Italiener waren aber super nett und ließen sich nichts anmerken. Vermutlich hielten sie mich für einen verirrten Dorftrottel oder für einen exzentrischen Millionär. Den Text zu schreiben, den ich an die Redaktion faxen sollte (ja, das fand in der Steinzeit statt), erwies sich als schwieriger als gedacht, denn kurz nachdem das Fax durch war, kam ein Anruf des zuständigen Redakteurs, welcher mich fragte, was der sinnlose Buchstabensalat zu bedeuten habe. Erst dann realisierte ich, dass italienische Schreibmaschinen ein anderes Layout hatten als die österreichischen. Okay, man sieht wohl, dass ich nicht viele peinliche Erlebnisse auf Pressekonferenzen hatte oder, falls doch, diese gut verdrängen konnte.

 
4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?

Ohne Erdbeertörtchen, dafür mit Honoraren, für die Leute, die einen richtigen Beruf erlernt haben (Klempner, Nuklearphysikerin, Gigolo) nicht einmal „Guten Morgen“ sagen würden.

 
5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?

Egon Erwin Kisch, denn ollen Hemingway, Orwell, Hunter S. Thompson, Nellie Bly …

 
6) Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?

Udo Ulfkotte, Filipp Piatov und all den anderen einem Neoliberalen-Klonlabor entwichenen Young Conservatives, der gesamten „Bild“- Redaktion …

7) Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?

Ich erkannte früh, dass ich zu nichts anderem tauge, da ich zu faul zum Arbeiten, aber zu feig zum Stehlen bin.

 
8) Dein/e Wunschinterviewpartner/in?

Josef Stalin. Ich hätte zu gerne gewusst, ob er das alles ernst meinte oder ob da ein Satireprojekt furchtbar aus dem Ruder gelaufen war.

 
9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleiniger Chefredakteurkönig wären/wärst? Und wie würde sie heißen?

Ich würde alle lieben Kolleginnen und Kollegen anwerben und ihnen 6.000 Euro netto pro Monat dafür bezahlen, das zu machen, was immer sie machen wollen, schließlich sind es ja liebe Menschen. Der Name? „Zionistische Illuminatenspatzenpost.“

10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?

Für keine. Gott ist bekanntlich Analphabetin und hat nach etlichen Missverständnissen keinen Bock mehr auf weitere Kommunikation mit der Menschheit.

Wie ich einmal Prinz William war

– Eine investigative Nachfühlreportage

von Benjamin Weissinger

Ganz groß in Mode ist ja mal wieder der journalistische Selbstversuch und anschließende Erfahrungsbericht. Hilfreich oder spannend ist das allerdings so gut wie nie. Wenn zum Beis
piel jemand herausfindet (und dann auch noch wortreich beschreibt), dass man von Junkfood fett, von Obst und Gemüse krank (ich sage nur Steve Jobs) und vom Marathon müde und dopingabhängig wird, kann man sich nurnoch fremdschämen. Notruf an Kapitän Offensichtlich, sagt man da wohl in der Jugendsprache. Oder auch sowas wie „eine Woche kein Internet.“ Und dann steht da so „nach zwei Tagen: uiii jetzt vermisse ich es aber wirklich sehr.“ Da denk ich nur so: Ja dann geh doch über Smartphone ins Netz und hör auf zu jammern. Aber da mir die Rettung des Journalismus immernoch sehr am Herzen liegt und das Genre nunmal vom Leser geschätzt und gefordert wird, habe ich mich breitschlagen lassen, nun auch sowas zu machen. Aber sinnvoll und wirklich neu sollte es sein. Nichts allzu Selbstdarstellerisches! Und trotzdem etwas, durch das meine journalistische Tadellosigkeit und charakterliche Einwandfreiheit zumindest durchscheint. Was mit Herz. Und sozialer Verantwortung in Gleichheit (auch als Demokratiebeauftragter). Und dann war mir klar, was ich machen muss: Prinz William sein.

Tag 1: Da ich von Natur aus Prinz William recht ähnlich sehe und noch dazu eine gute Freundin habe, die zu den führenden Maskenbildnerinnen der Szene gehört, setze ich diese verwegene Idee sogleich in die Tat um. Vernünftige Anzüge und eine gut gefüllte Börse sind nicht das Problem. Es zieht sich ziemlich hin im Schminkstudio. Geht das nicht schneller? Es ist ja fast schon Abend. Endlich strahlt mich im Spiegel der beinahe leibhaftige Duke of Cambridge an. Meine Maskenfreundin ist sehr zufrieden, gibt allerdings zu bedenken, dass dem Prinzen die Gesichtszüge üblicherweise etwas weniger affig entgleisen als mir. Dafür erntet sie einen strengen Blick und kühlen Abschied, doch leider hat sie recht. Ich muss mich jetzt auf meine Rolle konzentrieren, damit ich später auch authentisch berichten kann, wie es war.

Tag 2: Über Nacht wollte ich mir noch etwas über den Prinzen anlesen, aber ich habe lieber das Hollywood-Biopic „Die Queen“ gesehen. Ein wunderbarer Film. Die Königin von England ist ohnehin eine unheimlich unterschätzte Person, die ich sehr mag. Wer würde meinen, was für einen heißen Reifen sie fährt in ihrem überdimensionierten Land Rover. Außerdem beherrscht sie die Tierwelt mithilfe von hypnotischen Blicken, wie in der Szene mit dem gewaltigen Hirsch deutlich wird. Das wird sie wohl in ihrer Zeit in Indien gelernt haben. In Deutschland wäre es undenkbar, dass die Königin in einem Kinofilm sich selbst spielt, und dann auch noch so gut. Aber wer will auch schon einen Film darüber sehen, was die Merkel in ihrer Freizeit macht. Kartoffeln kochen und Wagner hören. Nein, danke.

Jedenfalls gehe ich nicht sonderlich gut vorbereitet auf die Straße, doch schon bald werde ich angesprochen, vor allem von Frauen. „I’t cant be you“, sagt eine Frau in gebrochenem Englisch. „But, it is me, Prinz William. I make holiday here in Germany while meine Frau is watching for the kids in the Buckingham Palace.“ Alle um mich herum lachen, manche wollen Autogramme. Ich hätte nie gedacht, wie schnell und glaubwürdig ich in diese Rolle schlüpfen kann. Begleitet von einer immer größer werdenden Menschenmenge flaniere ich in angemessener Langsamkeit durch einen Park, parliere mit einigen vorlauten jungen Männern, die das meiste wegen ihres schwachen Schulenglischs wohl garnicht verstehen und als Antwort immer nur johlen können, und habe schließlich ein Mikrophon vor der Nase. Ein Radiosender. Peinlich, wie kaputt der Journalismus ist. Ich flüstere meiner jungen Kollegin zu, dass ich nicht der echte Prinz William bin und setze mich dann nicht ohne Mühen in mein Hotel ab, in dem alle eingeweiht sind. Diese allseitige Aufmerksamkeit, ich will es garnicht verleugnen, ist berauschend. Es ist wie eine Droge. Irgendetwas tief in mir drin sagt „hör auf“, doch ich kann garnicht damit aufhören, wie ein Ritter von der Tafelrunde durch meine Junior Suite zu schreiten. Schließlich muss ich doch ins Bett und stelle mir vor, wie die Queen noch nach mir sieht und das Licht ausmacht.

Tag 3: Heimgesucht von wüsten Albträumen wache ich früh morgens auf. Schweißgebadet, versteht sich. Man lachte vergangenen Tags doch wohl aus einer allgemein freudigen Heiterkeit heraus, also mit mir und nicht etwa über mich? Meine Maskenfreundin hat mir eine Nachricht geschickt. In den sozialen Netzwerken meiner Stadt sei von einem Verrückten die Rede, der sich als Prinz William verkleidet habe. Ein typisches Sommerlochthema, so sei das in den lokalen Medien kommentiert worden. Das Smartphone fällt auf den Teppichboden des Hotelzimmers. Meine Klamotten habe ich mir vom Leib gerissen, die Perücke hängt schief an meinem Gesicht herunter. So starre ich stundenlang in den Badezimmerspiegel. Es ist eine starke Szene, doch sie ist kaum gespielt. Wie konnte ich nur auf diese saudumme Idee kommen. Es wird getratscht werden und ich bin das Gelächter der ganzen Stadt. Viele Gedanken strömen durch meinen Kopf. Du musst es durchleiden, jetzt den Schmerz zulassen, und dann die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Ich spüre instinktiv, wieviel auch die Leser daraus lernen können. Ja, jetzt lichtet sich der Nebel und vieles wird mir klar. Es war nicht ich, der verspottet wurde, sondern wirklich Prinz William. Jedenfalls der Prinz William, der abgehoben ist und ein Spiel spielt, und nicht ehrlich auf die Menschen zugeht. Darum geht es nämlich in einer Demokratie. Und der Schmerz, den ich empfinde, ist der Schmerz derer, die garnicht wissen können, wer sie gerne wären, weil sie wurden, was sie nie waren. Das eitle Lachen der Jungen im Park – bemitleidenswert. Denn ist es nicht gerade das, und habe ich das nicht durch selbstlosen Einsatz gezeigt, dass es das ist, worum es für jeden einzelnen, gerade auch alle zusammen in einer Demokratie gehen muss: Dass man gemeinsam „ist“. Das Sein im Eigenen und auch im Gesamten. Ein Gefühl tiefer Befriedigung durchströmt mich. Es werden nicht gleich alle verstehen und der eine oder andere wird sich trotzdem sein Schandmaul über mich zerreissen. Aber das ist das Schicksal aller großen Menschen, schon gar Journalisten. Jeder, der Barrieren durchbricht, holt sich eine blutige Nase. Ich werde sie mit Stolz tragen. Mein Name ist Benjamin Weissinger.

Der royale Journalistenfragebogen der Prinzessinnenreporter (3)

GärtnerDiesmal ausgefüllt von Stefan Gärtner

Der Journalist – das unbekannte Wesen. Wir wissen zumindest: Journalisten sind vielbeschäftigte Leute. Dennoch baten wir ausgewählte Exemplare, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und unsere Fragen zu beantworten. Es ist schließlich zu ihrem Besten. Denn um den Online-Journalismus zu retten, brauchen die Prinzessinnenreporter ein paar Daten zur Evaluation. Und im Sommer lassen wir nun mal auch gern andere für uns arbeiten.
Die Prinzessinnenreporter bedanken sich huldvoll bei allen Teilnehmer/innen und veröffentlichen die Antworten in loser Folge.


Stefan Gärtner ist „Titanic“-Kolumnist und Buchautor („Putins Weiber“, Rowohlt; „Angéla – Lehrjahre einer Liebeshungrigen“, Knaus)

1) Gerüchteweise achten eigentlich nur Journalisten auf die Autorennamen über oder unter einem Text – wann hast Du Dir zum ersten Mal einen Autorennamen gemerkt und warum?


Mit 17 oder 18 im Urlaub, an einem spanischen oder türkischen Zeitungsständer: Klaus Natorp (FAZ). Wegen eines sprachkritischen Leitartikels.

2) Wie lautet Deine Lieblingsschlagzeile?

„Impulse für hohe Ziele im Glühlampenwerk“ (Neues Deutschland, DDR).

3) Dein peinlichstes Erlebnis auf einer Pressekonferenz?

War nie auf einer.

4) Wie kann der Journalismus auf keinen Fall gerettet werden?

Mit Alkohol.

5) Wenn es einen speziellen Himmel für Journalisten gäbe – auf wen da oben würdest Du Dich freuen?

Joseph Roth (wg. Alkohol).

6) Und wem auf Erden würdest Du am liebsten den Stift klauen?

Wohin mit den vielen Stiften?

7) Welchen anderen Beruf hättest Du Dir noch vorstellen können?

Erfolgsschriftsteller.

8) Dein/e Wunschinterviewpartner/in?

A. Hitler. Oder vielleicht doch lieber Gunnar Homann.

9) Wie würde eine Zeitung aussehen, bei der Du ganz alleiniger Chefredakteurkönig wärst? Und wie würde sie heißen?

„Titanic“. Und auch so aussehen.

10) Wenn Gott Journalist wäre, für welche Zeitung tät sie schreiben?


Siehe 9). (Bzw. tut „sie“ das nicht schon? Allmonatlich so um die S. 20 herum?)

kress: Markenjournalisten suchen heißt Knalltüten finden

Eine Umfrage zum Thema „Welche Journalisten sind starke Marken“ kann eigentlich nur schlimm enden – das lernt kress gerade auf die harte Tour.
von Ich bin keine Marke, ich bin eine Journalistin-Prinzessin Elke Wittich.

Ob es in der Geschichte der Online-Leserumfrage jemals ein Voting gab, das nicht von Knalltüten gekapert wurde, die einander in ihren Knalltütenforen und Knalltüten-Facebookgruppen aufforderten, massenhaft loszulaufen und auf die dusseligste Antwortmöglichkeit zu klicken, man weiß es nicht.
Und so hätte sich der Branchendienst „kress“ vielleicht auch denken können, was passieren würde, wenn er nach – im Prinzip – Lieblingsjournalisten beziehungsweise im kress-Sprech nach „starken Marken“ fragen würde.
Und so wurde die prima Gelegenheit, unter anderem Verschwörungstheoretiker, die gern verkünden, dass die Lügenpresse „die Wahrheit“ unterdrückt (und zwar im Auftrag von, genau: den USA und Israel), zu Supermarken hochzuvoten, natürlich dankbar ausgenutzt.
Tjo, kress, super gelaufen.
Wir Prinzessinnenreporter, die letzte Bastion vor den Horden der Finsternis, werden den Online-Journalismus trotzdem weiter retten – der Journalismus, in dem Journalisten starke Marken sind, ist allerdings unrettbar verloren. Egal, ob auch Prinzessinnen in der kress´schen Markenjournalistenliste vorkommen.

Dieser Eintrag wurde am 27. Juli 2015 veröffentlicht. 2 Kommentare

Recherchiert gefälligst selbaaa!

oder wie ein kaputter Stuhl die Misere des Journalismus veranschaulichen kann…

von Immer-mit-der-Ruhe-Prinzessin Ramona Ambs

Während wir Prinzessinnenreporter noch immer fleißig dabei sind, den Journalismus zu retten, flog gestern eine Meldung durch die Online-Medien: Merkel sei kollabiert! Das twitterten fleißig diverse Reporter durch die virtuelle Gegend. Wörtlich klang das dann so:
„Der Vorfall soll sich in einem Lokal während der ersten Pause von „Tristan und Isolde“ zugetragen haben. Während einer Kaffeepause sei die Bundeskanzlerin ohnmächtig geworden und von ihrem Stuhl gerutscht, heißt es. Nach zwei Minuten hätte sich die 61-Jährige wieder aufgerappelt.“ oder

„Eine irre Belastung, die Angela Merkel (61) nun offenbar an ihre Grenzen bringt“ oder „Merkel erleidet Schwächeanfall“.

Nun war es aber der Stuhl, der den Schwächeanfall erlitt,- und nicht  Angela Merkel.

Liebe Journalisten, das ist peinlich.

Vielleicht recherchiert Ihr das nächste Mal einfach selbst, anstatt immer nur bei der BILD abzuschreiben. Das könnte hilfreich sein.

Wir Prinzessinnen erwägen nun einen Grundkurs Recherche anzubieten, in dem wir auch die Themen verantwortungsvolles timing, soziale Interaktion und wenn-keine-ahnung-dann-erstmal-die-klappe-halten als Lernmodule anbieten werden. Wir hoffen, dass damit dann fürderhin solche Pannen vermieden werden können.

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